Bielefelder Hintermann packt gegen Telefonbetrüger aus der Türkei aus

Bielefeld. Sie machen Hunderttausende Euro, in dem sie mit Lügengeschichten und psychischem Druck am Telefon Senioren um ihre Ersparnisse bringen. Die Maschen &bdquo;falscher Polizist“ und &bdquo;Falschgeldbetrüger“ sind weiterhin kriminelle Erfolgsmodelle. Der Knackpunkt ist der psychische Druck, den die geschulten Anrufer auf ihre Opfer ausüben. Sind die Senioren auf diese Weise weichgekocht, händigen sie oft wider besseren Wissens bereitwillig Geld und Schmuck an Kleinkriminelle aus. Aber wer sitzt eigentlich in der Türkei und managt diesen Bandenbetrug? Am Landgericht in Bielefeld wurde jetzt deutlich, dass es sich mitunter um alte Kumpels vom Jugendfußball in Brake handelt. Einer der deutschen Täter (24) aus Istanbul will nun auspacken. Der 24-jährige Bielefelder ist angeklagt, als Hintermann einer solchen Bande allein in zehn Fällen in Bielefeld (drei Fälle), Bad Lippspringe, Bad Salzuflen, Espelkamp, Fürstenau, Hille, Porta Westfalica und Verl knapp 300.000 Euro erbeutet zu haben. Dabei habe er weder die Telefonate mit den Opfern geführt noch Geld und Schmuck abgeholt. 1.000 Euro pro Abholung, 30.000 Euro fürs Management des Bielefelders Der Bielefelder hatte zuvor einen alten Fußballkumpel aus der Jugend wiedergetroffen und der hatte ihn relativ schnell für einen lukrativen Job begeistert. Dafür saß er – so erklärte es sein Verteidiger Björn Freitag – in einer Wohnung in Istanbul und habe lediglich Adressen an die Abholer weitergegeben: &bdquo;Ich hatte keinen Einfluss auf den Ort und die Uhrzeit, ich wusste auch nicht, wie viel Geld abzuholen war.“ Die Informationen soll er jeweils von drei Mittelsmännern bekommen, die offenbar die Ergebnisse der &bdquo;Keiler“ (Telefonisten im Callcenter) an ihn weitergegeben hatten. Der Angeklagte wiederum soll dann seine Abholer, die er in Bielefeld rekrutiert hatte, zu den Ablageorten der Beute gelotst haben. &bdquo;Mir hat man damals 1.000 Euro pro Abholung angeboten. So viel habe ich noch nie verdient. Aber das wollte ich nicht.“ Das sei ihm zu gefährlich gewesen. Also setzten ihn seine Mittelsmänner in eine Istanbuler Wohnung, von wo er dann als Banden-Manager agiert haben dürfte. Von der Beute von knapp 300.000 Euro sah er hin und wieder kleinere Summen. 30.000 Euro will er zwischen August 2022 und Januar 2023 verdient und gleich wieder fürs Leben in der türkischen Großstadt ausgegeben haben. Bielefelder bei der Landung in Holland festgenommen Doch die Begeisterung des 24-Jährigen hielt sich in Grenzen: Seinem deutschen Mittelsmann habe er irgendwann erzählt, dass er wieder zu seiner Familie nach Bielefeld zurückkehren wolle. Doch der winkte ab: &bdquo;Das geht auf keinen Fall.“ Und tatsächlich. Als einer seiner Arbeitgeber nach einem schweren Unfall im Gefängnis landete, setzte sich der Bielefelder in ein Flugzeug und flog in die Niederlande: &bdquo;Ich wusste, dass ich international gesucht wurde und dass ich bei der Landung festgenommen werden würde. Aber das war mir egal“, trägt Strafverteidiger Freitag die Erklärung des Angeklagten weiter vor. Der 24-Jährige wollte endlich da raus. Doch zur Familie kam er nicht. Ende September kam er zunächst in den Niederlanden in Auslieferungshaft, seit Oktober 2023 sitzt er in Bielefeld in U-Haft. Aufmerksame Bankmitarbeiterin aus Bielefeld stoppt die Bande Auf seine Schliche waren die Ermittler nach der Festnahme eines Abholers vor einer Bielefelder Sparkasse am 16. Januar 2023 gekommen. Eine 84-jährige Bielefelderin war in der Sparkasse am Siegfriedplatz von einer Bankmitarbeiterin daran gehindert worden, 40.000 Euro abzuheben. Als die Täter sie daraufhin zur Filiale an der Stresemannstraße schickten, war die Polizei direkt dabei. Die Handydaten des wenig später festgenommenen Abholers führten die Kripo zu dem Bielefelder in Istanbul. Bielefelder hofft auf die Freiheit für sein Geständnis - zunächst vergeblich Offenbar hatte der 24-Jährige vorgehabt vor Gericht umfassend auszupacken. &bdquo;Doch als er in den Gerichtssaal geführt wurde, stand er plötzlich im Rampenlicht von TV-Teams und Fotografen. Das hatte den Angeklagten so gehemmt, dass er zum Prozessauftakt jede Auskunft vor der 21. Großen Strafkammer des Landgerichts verweigerte. Der Vorsitzende Richter Bernd Bovenschulte machte dem Angeklagten wenig Hoffnung, dass er mit diesem Aussageverhalten sein Ziel erreichen könne, nach Abschluss des Verfahrens das Gefängnis verlassen zu dürfen. Offensichtlich hatten die Ermittlungsbehörden durchaus Beweglichkeit in der Urteilsfindung signalisiert, sollte er über die Hintermänner umfassend auspacken. &bdquo;Wir erwarten, dass sie hier die Hosen runterlassen“ Doch erste Geständnisse bei der Polizei seien dafür noch nicht ausreichend gewesen, betonte Bovenschulte: &bdquo;Da sind einige Fragen offen geblieben. Wir erwarten für ein Entgegenkommen schon, dass sie hier richtig die Hosen runterlassen.“ Der Prozess wird fortgesetzt.

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