Ein Bielefelder Krankenhaus erhält im großen Klinikvergleich der AOK Topnoten

Bielefeld. Fast für jede Bielefelderin und jeden Bielefelder werden sie im Laufe des Lebens wichtig: die Krankenhäuser der Stadt. Ob zur Geburt, für ambulante oder stationäre Behandlungen oder bei der Betreuung und Unterstützung von Angehörigen. Doch welche Bielefelder Klinik ist je nach Situation und Erkrankung die richtige? Im etablierten Klinik-Check der größten Krankenkasse in Westfalen-Lippe gibt es eine klare Gewinnerin. Derartige Orientierungshilfen haben jedoch ihre Grenzen und stehen in der Kritik. Ob Klinikum Mitte, Evangelisches Klinikum Bethel (EvKB), Franziskus-Hospital oder die private Fachklinik Dr. Hartog – alle Krankenhäuser der Stadt sind gesetzlich dazu verpflichtet, einen jährlichen Qualitätsbericht zu veröffentlichen. Darin müssen die Einrichtungen zu Fachabteilungen, Personalausstattung oder Therapieangeboten informieren. Es geht um Fragen wie: Ist bei Frühgeburten eine Kinderärztin oder ein Kinderarzt anwesend? Wie oft kommt es nach bestimmten Operationen zu Komplikationen? Der Haken: Die Qualitätsberichte sind für medizinische Laien kaum verständlich. Bielefelder Klinikum wird viermal herausragende Qualität bescheinigt Der für die Qualitätskontrolle an Kliniken zuständige &bdquo;Gemeinsame Bundesausschuss“ rät dazu, sich in Vergleichsportalen zu informieren, die unter anderem die Deutsche Krankenhausgesellschaft, die Krankenhaussuche Weiße Liste sowie viele Krankenkassen anbieten. Als größte Krankenkasse in Ostwestfalen-Lippe hat die AOK Nordwest jüngst die Behandlungsqualität bei 13 häufigen Eingriffen verglichen. Bielefelder Kliniken wird in ihrem AOK-Gesundheitsnavigator bei immerhin vier Eingriffen &bdquo;überdurchschnittliche Qualität“ bescheinigt. Ein Krankenhaus taucht dabei gleich viermal auf. Für die Einordnung in die Kategorien &bdquo;überdurchschnittlich“, &bdquo;durchschnittlich“, &bdquo;unterdurchschnittlich“ verarbeitet das wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) laut eigenen Angaben Millionen von Abrechnungsdaten von AOK-Patientinnen und -Patienten zu Komplikationen und Nachbehandlungen. &bdquo;Überdurchschnittliche Qualität“ bedeute, eine Klinik gehöre zu den 20 Prozent der Krankenhäuser mit einer geringen Wahrscheinlichkeit für unerwünschte Ereignisse. Zwei Topadressen für die Blinddarm-OP in Bielefeld Die Ergebnisse: Bei Blinddarmoperationen sind demnach Franziskus-Hospital und Klinikum Bielefeld (Standorte Mitte, Rosenhöhe, Halle) zum wiederholten Mal qualitativ top. Zur Gallenblasenentfernung bei Gallensteinen, zum Einsatz eines künstlichen Kniegelenks bei Arthrose sowie zur Operation nach Oberschenkelfraktur erhielt ebenfalls das Bielefelder Klinikum dreimal eine &bdquo;überdurchschnittliche“ Bewertung. Das EvKB dagegen, das 2022 noch ein &bdquo;überdurchschnittlich“ für die OP nach Oberschenkelfraktur erhalten hatte, taucht in dem Klinik-Check 2023 nicht mehr auf. Bei weiteren neun ausgewerteten Eingriffen erhält keine der Bielefelder Kliniken eine Top-Bewertung. Dies betrifft den Einsatz eines künstlichen Hüftgelenks, Leistenbruchoperationen, die Entfernung von Mandeln oder der Prostata bei gutartiger Vergrößerung und Prostatakrebs sowie den Wechsel von Prothesen an Knie- sowie Hüftgelenk, therapeutische Herzkatheter und Aortenklappen-Implantationen. Bielefelder Kliniken im OWL-Vergleich stark Bei den fünf letztgenannten Eingriffen erhält jedoch OWL-weit keine einzige Klinik ein &bdquo;überdurchschnittlich“ und kein anderes Krankenhaus erhält so viele Top-Noten wie das Klinikum Bielefeld. Wer nach anderen Behandlungen und Operationen sucht, erhält im AOK-Portal darüberhinaus Prozentwerte, die die Behandlungsqualität auf Grundlage der Qualitätsberichte bewerten sollen. Wie viele AOK-Patientinnen und -Patienten ein Krankenhaus für einen bestimmten Eingriff weiterempfehlen würden, führt das Portal ebenfalls auf. Hier schneidet das Franziskus-Hospital mit 80 Prozent Weiterempfehlungen am besten ab, gefolgt von EvKB und Bielefelder Klinikum mit 78 Prozent, bei einem bundesweiten Durchschnitt von 81 Prozent. Doch wie gut kann der Klinik-Check der AOK die Behandlungsqualität an Krankenhäusern abbilden? Mehrere Universitätskliniken kritisierten zuletzt, dass bestehende Gesundheitsrisiken der Patienten nicht ausreichend berücksichtigt würden. Zum Thema: Frauenpower im OP: Bielefelder Chirurgin mischt Männerdomäne auf Im EvKB werden viele schwere Fälle behandelt, das beeinflusst die Statistik Das gibt man auch beim EvKB zu bedenken, wo man objektive Bewertungsportale grundsätzlich begrüßt. &bdquo;Diese geben eine erste Orientierung, verlangen in diesem Fall aber von den Patientinnen und Patienten Vorwissen und eine Transferleistung“, sagt Thorsten Kaatze, Vorsitzender EvKB-Geschäftsführer. &bdquo;Im Falle des Evangelischen Klinikums Bethel (EvKB) müssen sie bei ihrer Beurteilung bedenken, dass wir als Haus der Maximalversorgung und als Universitätsklinikum oftmals schwere Fälle behandeln, bei denen eine Komplikation häufiger als bei Erkrankungen mit leichtem Schweregrad auftreten kann. So werden beispielsweise in unserem Level-1-Perinatalzentrum oder überregionalen Traumazentrum deutlich mehr komplexere Fälle und Erkrankungen versorgt. Das hat Einfluss auf die Ergebnisse, die so nicht in den Portalen gespiegelt werden.“ Laut dem für den AOK-Navigator zuständigen Institut WiDO fließen Daten zu Patientenalter, Vorbehandlungen und Begleiterkrankungen in die Beurteilungen ein. Bei der sogenannten Risikoadjustierung kämen &bdquo;etablierte statistische Methoden zur Anwendung“, teilte die Geschäftsführung unlängst mit. Krankenhäuser empfehlen diese Hilfen bei der Klinikwahl &bdquo;Derartige Vergleichsportale könnten den Patientinnen und Patienten Orientierungshilfe bieten, sie sollten aber nicht die einzige sein“, sagt Jan Schlenker, Interims-Geschäftsführer der Katholischen Hospitalvereinigung Ostwestfalen (KHO) und zuständig fürs Franziskus-Hospital. &bdquo;Sinnvoll ist es, ergänzend die Empfehlung der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte zu berücksichtigen, die im Austausch mit den behandelnden Medizinern in den Kliniken stehen, oder sich an Zertifizierungen von medizinischen Fachgesellschaften zu orientieren“, lautet der Rat seines Stellvertreters Philipp Herzog vom &bdquo;Klösterchen“. Einer Empfehlung, der man am EvKB zustimmt. Auch der Klinikführer der Techniker-Krankenkasse gebe einen guten Gesamtüberblick. Der AOK-Navigator zeige nur einige wenige Behandlungsmöglichkeiten, kritisiert Kaatze dagegen. &bdquo;Unser medizinisches Spektrum ist wesentlich umfassender als dargestellt.“ So werde nur eine Teilrealität abgebildet. Eine Teilrealität, die die unter anderem die Bielefelder Fachklinik Dr. Hartog für Gynäkologie und Geburtshilfe bei den Weiterempfehlungen ausklammert: Laut Webseite fehlen schlicht genügend Bewertungen. Bielefelder Kliniken im Fokus: Einmalig: Neue Ambulanz in Bielefeld berät bei Konflikten ums eigene Geschlecht Bundesregierung plant ein eigenes Vergleichsportal ab Mai Dass derartige Vergleichsportale dennoch einen Nerv bei Patienten und Kliniken treffen und eine Lücke schließen, hat auch die Bundesregierung erkannt. Sie will im Rahmen ihres &bdquo;Krankenhaustransparenz-Gesetzes“ ab Mai 2024 ein eigenes Vergleichsportal zur Behandlungsqualität an Kliniken auf den Weg bringen – einen interaktiven Klinikatlas. Der Bundestag hatte das Gesetz 2023 verabschiedet, die abschließende Beratung im Bundesrat ist für März geplant.

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