Das war’s: Abenteuerliche Einkäufe am letzten Karstadt-Tag in Bielefeld

Bielefeld. Viele derjenigen, die am Dienstag noch durch das Erdgeschoss liefen – die übrigen Etagen waren bereits geschlossen – wollten nichts mehr kaufen. Für sie ging es um die Erinnerungen, die sie mit dem Kaufhaus verbinden. Es war die letzte Möglichkeit, Karstadt von innen zu sehen. Viel ist nicht mehr geblieben von dem Vollsortiment der vergangenen Jahre. Es gibt noch wenige ausgefallene Damenhosen und altmodische Herrenunterhosen. Der größte Teil des Angebots ist die Einrichtung des Kaufhauses. Vitrinen, Wühltische und unzählige Schaufensterpuppen stehen zum Verkauf. Um 18 Uhr ist dann endgültig Schluss. Zur Eröffnung gab es einst ein großes Fest mit Konzert der Feuerwehrkapelle. Das Ende ist nüchterner – zumindest von außen betrachtet. Kein Gedränge mehr an den Kassen und keine Artikel in den Regalen. &bdquo;Die Leute erwarten immer einen ’Big Bang’ zum Abschluss“, erklärt Geschäftsleiter Peter Erb, &bdquo;den gibt es aber nie.“ Nur ein Schild weißt die Bielefelderinnen und Bielefelder nun schlicht darauf hin, dass die Filiale ab sofort geschlossen bleibt. Geschäftsleiter: &bdquo;Mitarbeiterinnen sind die Helden“ Die Stimmung am letzten Tag ist ein Mix aus Trauer um den Verlust des Kaufhauses und Hoffnung, dass etwas Neues entstehen kann. Etwas mit Zukunft. Gisela Trierweiler hatte ihre Lehre bei Karstadt gemacht. Sie nutzt am Dienstag die Chance, einen Rattan-Korb und vier Tassen mit &bdquo;Galeria Horten“-Aufschrift zu kaufen. &bdquo;Ich habe ein wehmütiges Gefühl“, sagt sie, nachdem sie das Gebäude verlässt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, erklärt Erb, seien die Helden von Karstadt. &bdquo;Vor der Leistung muss man echt den Hut ziehen“, sagt er. Dadurch, dass ein Großteil des Abverkaufs in die Weihnachtszeit fiel, sei diese Zeit besonders anstrengend gewesen. Dagegen seien die letzten Tage entspannt gewesen. Lesen Sie auch: Das war Karstadt in Bielefeld - mit historischen Bildern Nachdem der Galeria-Konzern Anfang des Monats ein drittes Mal Insolvenz angemeldet hat, wird befürchtet, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neben der verbalen Wertschätzung nur wenig erwarten können. &bdquo;Jetzt sollen wir auch noch auf unsere Mini-Abfindung, zwei Monatsgehälter, verzichten“, schimpfte in der vergangenen Woche eine der 40 Beschäftigten, die bis Ende geblieben waren. Bielefelderinnen und Bielefelder machen letzte Schnäppchen Schon im Mai 2023 hatte Galeria Karstadt Kaufhof das Aus für den Standort in Bielefeld verkündet. Seitdem bereiteten sich Belegschaft und Kunden auf das Ende vor. Um die Belastung in der Weihnachtszeit zu stemmen, wurden Aushilfen eingestellt. &bdquo;Diese brauchen wir für das Aufräumen nach der Schließung jetzt nicht mehr“, sagt Erb. Sie seien schon sehr weit und würden vermutlich früher als geplant fertig werden. Nachdem in den vergangenen Wochen bereits Rabatte von 80 und 90 Prozent lockten, sind die meisten Artikel des regulären Sortiments am Dienstag bereits vergriffen. Doch auch am letzten Öffnungstag machen Bielefelderinnen und Bielefelder echte Schnäppchen. Stella Chidari kauft für fünf Euro noch eine Hose. Und Mareike Trautmann aus Schloß Holte-Stukenbrock ergattert zum gleichen Preis eine Büste für ihre Garderobe. Doch auch Tische, Stühle und Spiegel aus dem Karstadt-Inventar tragen die letzten Kunden aus dem Traditionskaufhaus heraus. Alte Karstadt Einrichtung jetzt am Oberntorwall Dabei kaufen die Kunden nicht nur für private Zwecke ein. Kojie Ali, Geschäftsführer von &bdquo;Uhrmacher Ali“, verlässt Karstadt mit einer Glasvitrine. Es ist die zehnte und letzte, die er am Dienstag mithilfe eines Rollbrettes von der Bahnhofstraße zu seinem Geschäft am Oberntorwall fährt. Er berichtet, die zehn Vitrinen für 800 Euro gekauft zu haben. &bdquo;Schnäppchen“, sagt er zufrieden. Er weiß, dass die Hersteller bis zu 2.000 Euro für nur eine dieser Vitrinen verlangen. Für alle Vitrinen habe er in seinen bisherigen Geschäftsräumen keinen Platz. &bdquo;Ich werde etwas umdekorieren müssen“, sagt er gelassen. Im kommenden Jahr stehe auch ein Umzug an, dann könne er alle Vitrinen gebrauchen. Bis zum 31. Januar läuft Karstadts Mietvertrag mit dem Eigentümer des Gebäudes, dem Frankfurter Immobilienentwickler Zamberk Real Estate Ventures. Die Übergabe ist für den 30. Januar geplant. Dann soll zügig die Umgestaltung des Komplexes beginnen. Schon in den kommenden Monaten soll Modehändler Sinn als einer der ersten Nachmieter einziehen.

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