O Tannenbaum-Essay

Bielefelds Grüne wollen Dauer-Weihnachtsbäume in der City

Die Grünen möchten, dass Weihnachtsbäume auf zentralen Plätzen nicht  jedes Jahr neu aufgestellt, sondern dort Tannen dauerhaft angepflanzt werden. Die Idee stößt auf ein geteiltes Echo.

Ist in diesem Jahr weniger imposant als in den Vorjahren ausgefallen: der Weihnachtsbaum auf dem Jahnplatz Die Grünen schlagen jetzt eine Daueranpfalnzung vor. | © Jörg Dieckmann - www.dieckmann-fotodesign.de

Michael Schläger
13.12.2023 | 14.12.2023, 01:48

Bielefeld. Dauer-Weihnachtsbäume statt jedes Jahr neue abgeholzte Tannen auf Bielefelds zentralen Plätzen – das ist die jüngste Idee der Grünen. Ob sie allen gefällt? Und was passt besser zu diesem Vorschlag, als die drei Strophen eines echten Weihnachtslied-Klassikers?

„O Tannenbaum, o Tannenbaum, wie grün sind Deine Blätter!“

„Alljährlich werden auf den zentralen Flächen im Stadtgebiet große Weihnachtsbäume aufgestellt und geschmückt“, stellen die Grünen in einer Anfrage für die Ratssitzung an diesem Donnerstag fest.

„Du grünst nicht nur zur Sommerzeit, nein, auch im Winter, wenn es schneit.“

Im Stadtbezirk Mitte werden in der Adventszeit vier große Nadelbäume vor dem Rathaus, am Naturkundemuseum, auf dem Altem Markt und am Jahnplatz aufgestellt, in den Stadtbezirken vier weitere an der Stiftskirche in Schildesche, an der Amtsstraße in Jöllenbeck, an der Salzufler Straße in Heepen und außerdem an der Brackweder Kirche.

„O Tannenbaum, o Tannenbaum, wie grün sind Deine Blätter!“

„In Zeiten des Klimawandels ist es angezeigt, über nachhaltige Alternativen zu Baumfällungen nachzudenken“, finden die Grünen. Freistehende, große Nadelbäume seien in den Siedlungsbereichen eine Seltenheit geworden, die gerade in den Bebauungsplangebieten „zu Recht“ durch die Baumschutzsatzung geschützt seien.

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2. Strophe schon mit Baumschutzsatzung

„O Tannenbaum, o Tannenbaum, du kannst mir sehr gefallen!“

„Welche Möglichkeiten sieht die Verwaltung, auf den angesprochenen acht Plätzen dauerhaft große Nadelgehölze zu pflanzen, die jährlich zu Weihnachten geschmückt als nachhaltige Weihnachtsbäume dienen können?“, wollen die Grünen nun in Erfahrung bringen und hoffen auf eine Antwort in der Ratssitzung.

„Wie oft hat nicht zur Weihnachtszeit ein Baum von Dir mich hoch erfreut!“

Die neue Baumschutzsatzung ist am 1. Oktober 2022 in Kraft getreten. Danach dürfen Laubbäume ab einem Umfang im Siedlungsbereich von 60 Zentimetern und Nadelhölzer ab 100 Zentimeter Umfang nur noch auf Antrag gefällt werden.

„O Tannenbaum, o Tannenbaum, du kannst mir sehr gefallen!“

13.450 Euro musste die Stadt 2022 investieren, um die repräsentativen Weihnachtsbäume aus Porta Westfalica zu transportieren. So wie früher ging es nicht mehr. Denn wegen der Baumschutzsatzung waren „Baumspenden“ Bielefelder Gartenbesitzer auf einmal ausgeschlossen.

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3. Strophe besingt politische Tugenden

„O Tannenbaum, o Tannenbaum, Dein Kleid will mich was lehren.“

In diesem Jahr hat es wieder eine heimische Lösung sein sollen. Denn außerhalb des Siedlungsbereichs dürfen auch in Bielefeld noch größere Bäume gefällt werden. Das steht im „Kleingedruckten“ der Baumschutzsatzung. Nur: Das Ergebnis der Baumsuche gilt als ziemlich mickrig.

„Die Hoffnung und Beständigkeit gibt Trost und Kraft zu jeder Zeit!“

Hoffnung und Beständigkeit sind die richtigen Stichwörter. Fichten sind Flachwurzler. Vielleicht könnte sogar eine auf dem Jahnplatz angepflanzt werden, wo doch nur wenig Platz zwischen dem Platzbelag und dem Untergrund, dem Jahnplatzforum, sind. Aber nur ganz vielleicht. Fichten wachsen jedoch nur 30 Zentimeter pro Jahr. Es würde also rund 33 Jahre dauern, bis so ein Baum die stattliche Höhe von zehn Metern hätte und er samt Lichterkette dem Platz zur Weihnachtszeit festlichen Glanz verleihen könnte. Auf eine ähnliche Wachstumsgeschwindigkeit bringt es übrigens auch eine Nordmanntanne, die bis zu 25 Meter hoch werden kann.

„O Tannenbaum, o Tannenbaum, Dein Kleid will mich was lehren.“

Ist ein Thema auf dem Markt, hat die FDP meist schnell eine Meinung dazu. Der Vorstoß der Grünen, nun dauerhaft Nadelbäume auf zentralen Plätzen in der Stadt wachsen zu lassen, ist für die Liberalen ein „winterlicher Aprilscherz“. „Wer soll sich im Sommer an einem Nadelholz mitten auf dem Alten Markt erfreuen?“, fragt die Fraktionsvorsitzende Jasmin Wahl-Schwentker. Bei Veranstaltungen mit Bühne oder für Märkte und Events stünde der Dauer-Weihnachtsbaum zudem im Weg. „Die Grünen verabschieden sich offenbar in ihrer Blase zunehmend von der Wirklichkeit“, wird ihre Kritik noch harscher. Sogar die eigenen Koalitionspartner SPD und Linke würden mit solchen Traumtänzereien ganz offensichtlich nichts zu tun haben wollen.

Weihnachtslied mit langer Geschichte

Die Ursprünge des Liedes „O Tannenbaum“ gehen übrigens bis in das 17. Jahrhundert zurück. Erst 1824 wurde es zum Weihnachtslied. Das Aufstellen einer Tanne zum Weihnachtsfest war zu dieser Zeit bereits als Brauch bekannt. Der Lehrer Ernst Anschütz aus Leipzig veränderte den Text in die hier abgedruckte Form. Mit einer Ausnahme: Er dichtete „Wie treu sind Deine Blätter“. Heutzutage ist allerdings das „Wie grün sind Deine Blätter“ die am meisten gesungene Version.