Bilder vom Tag nach dem Großbrand in Bielefelds ältestem Unternehmen

Bielefeld. Der Schock nach dem Großbrand sitzt tief. Am Tag nach dem Feuer in einer Produktionshalle des Bielefelder Traditionsunternehmens Delcotex Delius zeigt sich das erste Ausmaß der entstandenen Schäden: Wo in der Nacht der Abrissbagger eine Brandschneise in die über 120 Jahre alte Backsteinwand reißen musste, um das Übergreifen der Flammen auf die benachbarte Halle zu verhindern, klafft eine Schneise der kontrollierten Zerstörung. Verbrannte Balken und Bretter ragen aus der offenen Sheddach-Konstruktion, von den Baggerketten zermalmte Ziegelsteine bereiten den Weg zu einem Berg aus Metallrohren am Ende der Flucht. Das Szenario aus Trümmern weckt Assoziationen zu den Verwüstungen eines Tornados. Doch versperrt Flatterband der Polizei den Weg zu den noch erhaltenen Teilen der Halle, die mutmaßlich von dem verheerenden Brand verschont blieben und unter deren Dach weitere kostbare Webmaschinen stehen. Die Polizei verwehrt den Zutritt für die kommende Spurensicherung – aber auch die noch ungewisse Stabilität verbiete noch das Betreten, erklärt Geschäftsführer Marc Schmidt am Freitagmittag zwischen Krisensitzung mit dem Management, Besprechungen mit Sachverständigen und Gutachtern von Versicherungen und dem Treffen mit der Belegschaft: &bdquo;Wir sind optimistisch, dass wir in der kommenden Woche die Produktion in den anderen Hallen sukzessive wieder hochfahren können.“ Feuer zwischen Metall und Teerpappe Was am Donnerstagmorgen um kurz vor 10 Uhr mutmaßlich als Feuer an einer Webmaschine begann, brachte im Verlauf des Vormittags einen 30 Meter hohen Stahl-Schornstein zum Glühen, der zwischenzeitlich sogar umzustürzen drohte. Kaum war es den stetig aus dem gesamten Stadtgebiet nachalarmierten Feuerwehren gelungen, den flammenspeienden Schlot wieder herunterzukühlen, da hatte sich das Feuer bereits tief ins Innere des Sheddachs gefressen. Das verborgene Brennen zwischen geschlossener Dachhaube aus Metall und dem mit Teerpappen und Bitumen versiegelten Holzböden bereitete den Einsatzkräften große Probleme – in der Spitze waren bis zu 150 Feuerwehrleute vor Ort, die unter anderem über vier Drehleitern das Feuer bekämpften. Eine Drohne lieferte fortwährend Bilder und Temperaturen vom Brandherd, bange Blicke verfolgten die temporär stagnierenden Lösch-Fortschritte. Den Durchbruch brachte ein Abrissbagger, der auf seinem Weg zum letzten der vier brennenden Dachelemente jedes Hindernis beiseite räumte. Darunter auch zwei Webmaschinen. Schmidt bezifferte deren rein materiellen Wert mit rund 300.000 Euro. Viel schlimmer als der Verlust von Standard-Technik sei jedoch der immaterielle Schaden, da es sich bei jeder der Maschinen aus diesem speziellen Trakt der Weberei um Unikate handle, modifiziert durch das große Know-how der Mitarbeiter. Zwei Maschinen seien definitiv hinüber, zehn solcher individuellen Modelle hätten in dem zerstörten Areal gestanden, die wahrscheinlich auch abgeschrieben werden müssten. Die Hoffnung ruhe derweil auf den Webmaschinen, die sich im hinteren Teil der Halle befanden, von den Flammen wahrscheinlich verschont, jedoch ramponiert durch Ruß und Löschwasser. Bis in der Frage Gewissheit herrscht, müssen am Montag erst die Brandermittler der Bielefelder Kriminalpolizei auf Spurensuche gehen und den Ort inspizieren. Wie Polizeisprecher Michael Kötter erklärte, gehe man gegenwärtig von einem technischen Defekt aus als Ursache für den Brand. Dann muss ein Gutachter die Standhaftigkeit und Sicherheit der Ruine prüfen, bevor die Maschinen geborgen werden könnten. Geballtes Know-how der Mitarbeiter Während sich das Unternehmen in der gegenwärtigen Situation noch mit vielen Unwägbarkeiten beschäftigen müsse, so gebe es doch die Gewissheit, dass der Standort Jöllenbeck erhalten bleibe: Ein Trost für die rund 200 Beschäftigten in dem mittlerweile 300 und 1 Jahr alten Unternehmen, das einst die maschinelle Seidenweberei etablierte und heute mit vielen seiner technischen Gewebe als Global Player zu den Marktführern gehört – auch dank des geballten Know-hows der Mitarbeiter – was die Belegschaft vieler Familienbetriebe auszeichnet. Jetzt werde für die Betroffenen eine Lösung gefunden, wie sie im laufenden Betrieb eingesetzt werden können, hieß es. &bdquo;In unserer langen Geschichte haben wir Revolutionen überstanden und Weltkriege – da werden wir das auch schaffen“, sagte ein Mitarbeiter, der anonym bleiben möchte.

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