Bielefelderin fühlt sich schlecht beraten und verklagt ihre Arztpraxis

Bielefeld. Es war ein nicht ganz alltäglicher Rechtsstreit, mit dem sich eine Zivilkammer des Landgerichts zu befassen hatte: Eine 34-jährige Frau aus Bielefeld hatte sich in einer Arztpraxis Eizellen entnehmen und diese einfrieren lassen. Als sie erfuhr, dass diese in ein anderes Lager gebracht werden sollen, machte sie Schmerzensgeld und Schadensersatz geltend. Die 4. Zivilkammer des Landgericht hat die Klage der Frau jedoch abgewiesen. Im Dezember 2020 suchte Olivia M. (Name geändert) eine gynäkologische Gemeinschaftspraxis auf, um sich über das so genannte Social Freezing zu informieren. Dabei werden den Patientinnen in möglichst jungen Jahren Eizellen entnommen, die sodann kryokonserviert werden. Das bedeutet, dass die Zellen in flüssigem Stickstoff bei einer Temperatur von rund minus 190 Grad Celsius tiefgefroren und eingelagert werden. Bei diesem Vorgehen stellen die Zellen lediglich ihre Stoffwechselaktivität ein und können bei einem späteren Kinderwunsch voll funktionsfähig wieder aufgetaut werden. Nach entsprechender Beratung und einer Hormonstimulation wurden Olivia M. im Februar 2021 25 Eizellen entnommen und kryokonserviert in dem der Praxis angeschlossenen Lager aufbewahrt. Doch wenige Monate später erhielt M. ein Schreiben der Praxis, in dem es hieß, dass die Eizellen nicht mehr in den Räumen der der Praxis angeschlossenen GmbH gelagert werden könnten. Die Begründung: Nach einem Gespräch mit dem Haftpflichtversicherer habe sich herausgestellt, so die Praxis, dass die Eizellen im hiesigen Lager langfristig nicht versichert seien, da keine medizinische Indikation für deren Entnahme vorgelegen habe. Die Patientin fühlte sich schlecht beraten Olivia M. stimmte der dauerhaften Lagerung in einer auswärtigen Kryobank zu. Doch kamen der Bielefelderin in der Folgezeit Bedenken – bestehe doch die Möglichkeit, so ihre Sorge, dass die Eizellen beim Transport beschädigt würden. Und dies wiederum stelle sich erst deutlich später bei einer künstlichen Befruchtung heraus. Die Patientin fühlte sich von der Praxis schlecht beraten – und klagte. Wären ihr der fehlende Versicherungsschutz sowie der damit verbundene Transport in ein anderes Lager bewusst gewesen, hätte sie sich gegen den Eingriff entschieden, so die Begründung. Die Bielefelderin machte 4.717 Euro Schadensersatz für die ihr entstandenen Kosten geltend, hinzu komme ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000 Euro – nicht zuletzt, weil in der Arztpraxis ihr Personalausweis kopiert worden sei. Insbesondere treibe sie jedoch die Unsicherheit um, was mit ihren Eizellen sei, gab die Bielefelderin vor Gericht zu Protokoll. Dem hielt die Arztpraxis entgegen, dass in dem Beratungsgespräch im Dezember 2020 zu keinem Zeitpunkt über mögliche Gefahren während eines Transports der Eizellen gesprochen worden sei. Auch habe Olivia M. nicht zu erkennen gegeben, dass ihr eine langfristige Einlagerung der Zellen vor Ort wichtig gewesen sei. Eine Schädigung der Eizellen sei durch den Transport nicht eingetreten, diese stünden der Klägerin jederzeit wieder zur Verfügung. Darüber hinaus sei die Patientin in versicherungsrechtlicher Hinsicht nun sogar besser gestellt, da für die großgewerbliche Kryobank ein umfassender Versicherungsschutz greife. Die Praxis habe im Interesse der Patientin gehandelt, hieß es im Urteil Die 4. Zivilkammer unter dem Vorsitz von Richter Matthias Windmann mochte in der Verhandlung vor dem Landgericht keine Aufklärungsfehler seitens der Praxis sehen. So ergebe sich aus dem zwischen den Parteien geschlossenen und von der Klägerin unterzeichneten Vertrag ausdrücklich, dass die Möglichkeit der Auslagerung der Eizellen bestehe. Im vorliegenden Fall habe es, so das Urteil der Kammer, sogar einen nachvollziehbaren Grund für die Auslagerung gegeben – nämlich dass die Zellen von einem Versicherungsschutz erfasst würden: &bdquo;Insoweit hat die Beklagte gerade auch im Interesse der Klägerin gehandelt.“ Eine Pflichtverletzung und Täuschung von Olivia M. durch die Ärzte sei nicht festzustellen.

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