"Wir sind keine PS-Protzer": Bielefelder Auto-Tuner haben die Nase voll

Bielefeld. &bdquo;PS-Protzer“ auf der einen Seite, Auto-Tuner auf der anderen Seite. Beide fahren gerne ihre Autos spazieren und können dabei mächtig Krach machen, beide wollen auch gerne dabei gesehen werden und beide machen für &bdquo;Fachfremde“ irgendwie auf &bdquo;dicke Hose“. Das war es aber auch schon mit den Gemeinsamkeiten. Die Bielefelder Auto-Tuning-Szene regt sich immer wieder darüber auf, wenn sie über einen Kamm geschoren wird mit denen, die mit ihren AMG-Mercedes-Limousinen oder BMW-X6-SUV’s voll besetzte Eisdielen und Außengastro-Bereiche umkurven, einmal heftig und deutlich vernehmbar auf’s Gas drücken und dann eine neue Runde starten. So war und ist es nicht selten – und gerne freitags – an der Elsa-Brändström-Straße und rund um den Emil-Groß-Platz herum zu beobachten. &bdquo;Wir Tuner fahren nicht an Eisdielen vorbei, wir trauen uns ja kaum in die Innenstadt“, erklärt Erwin Laukert. Gehört etwa Mut dazu, in die City zu fahren? Laukert zeigt auf seinen tiefer gelegten Lexus LS. &bdquo;Bei den Verkehrsberuhigungsbodenwellen auf der Straße würde meine Verkleidung Risse bekommen, von Parkhäusern mal ganz zu schweigen“, erklärt der gelernte Kaufmann, der sich fast selbst zu einem Schrauber umgelernt hat. Laukert ist Chef einer Auto-Service-Werkstatt in Brake, spezialisiert auf Reifen, Felgen und Japan-Importe. Außerdem betreibt er einen kleinen Internet-Handel (jdmrgy.de). Erwin Laukert ist spezialisiert auf Japan-Importe Sein Lexus ist eine Augenweide für PS-affine Zeitgenossen. Haifisch-Kiemen zur Belüftung, Spoiler am Heck, Sonder-Lackierung, verbreiterte Karosserie und Alufelgen im Messing-Look. &bdquo;Die Felgen, eine Spezialanfertigung für 11.000 Euro“, verrät Laukert nicht ohne Stolz. Der Lexus ist einer der fünf Fahrzeuge auf seinem Gelände, den er und seine Frau selbst nutzt. Daneben parkt ein echtes Sammlerstück, ein Nissan Silvia S15 Cabriolet. Laukert hat das &bdquo;Schätzchen“ direkt aus Japan importiert. &bdquo;In Deutschland wurde der S15 offiziell gar nicht angeboten, schon gar nicht als Cabrio und das Auto wurde auch nur drei Jahre gebaut – etwa 1.500 Stück“, sagt er. So redet jemand, der sein Herz an schnellen Autos verloren hat und jemand, der mit Leidenschaft daran herumschraubt. Unter der Motorhaube versammeln sich geschmeidige 300 Pferdestärken, ein offener Luftfilter, Fächerkrümmer und carbonummantelte Rohre. Und aus dem Heck ragen natürlich faustdicke Doppelauspuffe. &bdquo;So wie er da steht, mit all den Arbeitsstunden für die Veredelung, kostet der Wagen, Baujahr 2001, 45.000 Euro“, verrät der 33-jährige Familienvater, der sein Herz natürlich und vornehmlich auch an seinen beiden kleinen Kindern (vier und ein Jahr alt) verloren hat. Erwin Laukert ist gewissermaßen mit Benzin im Blut groß geworden. Seine Eltern sammeln so lange er denken kann, Oldtimer. &bdquo;Wenn Du einmal angefangen hast, Autos zu veredeln, kommst Du da auch nicht wieder raus“ – Laukert ist der &bdquo;Faszination Auto-Tuning“ verfallen und das mit Herzblut und Leidenschaft. Er gesteht: &bdquo;Natürlich gehört auch eine gewisse Portion Eitelkeit dazu“ – und Sportsgeist: &bdquo;Wir hangeln uns gerne an den Grenzen des vom TÜV erlaubten entlang“. &bdquo;Natürlich gehört auch eine gewisse Portion Eitelkeit dazu“ Am Wochenende endete die Freiluft-Saison im Lenkwerk – &bdquo;Seasons closing“ – offen für alle Liebhaber außergewöhnlicher Fahrzeuge. Auch Laukert und ein paar Gleichgesinnte aus der Tuning-Szene trafen sich dort mit einigen ihrer Fahrzeuge und fachsimpelten. Auf dem Gelände parkten Oldtimer, Youngtimer, Vespa-Roller, Enten (Citroën 2 CV) und VW-Käfer. Sogar ein Jaguar E-Type aus den 1970ern fand den Weg zum Stadtholz. Die sogenannten &bdquo;PS-Protzer“ fuhren nur am Lenkwerk vorbei mit ihren fabrikneuen AMG 53 &bdquo;von der Stange“ und ließen den Motor aufheulen. Als die Tuner das Lenkwerk mit quitschenden &bdquo;Ultra High Performance“-Reifen verließen, taten sie das auch, sehr zum Vergnügen der fast 50, überwiegend jungen &bdquo;Car-Spotter“, die mit ihren Kameras auf diesen Moment warteten. Letzte Frage: Ist dieses Hobby nicht irgendwie aus der Zeit gefallen angesichts Abgas-Diskussionen, Erderwärmung und Klimawandel? &bdquo;Ganz im Gegenteil“, antwortet Laukert und erklärt: &bdquo;Wir Tuner veredeln ausschließlich Gebrauchtfahrzeuge, verlängern dadurch die Wertschöpfungskette und gehen sparsamer mit Rohstoffen und Energie um, die für die Produktion benötigt werden“. Auch wieder wahr!

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