Bielefelder Gastwirte warnen: Der Restaurantbesuch droht noch teurer zu werden

Bielefeld. Corona, Lohnerhöhungen für Köche, Kellner & Co., explodierende Energie- und Lebensmittelpreise: Die Kostenspirale für die Gastronomie dreht sich mittlerweile ohne Pause und immer nur nach oben. Nun droht das nächste drastische Ausgabenplus. Denn Ende des Jahres läuft der reduzierte Mehrwertsteuersatz für das Gastgewerbe aus. "Ich bin sonst immer ganz zuversichtlich, aber jetzt mache ich mir wirklich Sorgen", meint die Inhaberin des Brackweder Hofs, Beatrix Bartsch-Hoffmann. Sie ist keine Ausnahme. "Das ist für uns schlecht, und es ist für unsere Gäste schlecht", bringt der Geschäftsführer des beliebten Café-Restaurants Dreieck am Süsterplatz, Dimitrios Dalakas, die Auswirkungen der drohenden Steuererhöhung vom bisher reduzierten Steuersatz von 7 Prozent auf 19 Prozent Anfang 2024 auf einen kurzen Nenner: "Das sehen unsere Freunde aus der Gastronomie genauso". Bislang seien seine Speisen und Getränke noch vergleichsweise günstig, auch wenn er innerhalb von anderthalb Jahren schon dreimal habe erhöhen müssen. "Erst nur um 30, 40 Cent. Aber das Öl etwa ist um 100 Prozent teurer geworden, und deshalb mussten wir dann noch mal ein bisschen mehr erhöhen." Er könne sich nicht vorstellen, dass die Gastwirte jetzt schon wieder die Preise anheben könnten. "Wir haben ja nicht mal den Umsatz von vor zwei Jahren wieder" - trotz der Steigerungen. Beatrix Bartsch-Hoffmann, die seit langen Jahren das Hotel-Restaurant Brackweder Hof an der Gütersloher Straße führt, ist derzeit noch guter Dinge, auch wenn sie ebenfalls unter Umsatzeinbußen leidet: "Die Energie- und Lebensmittelkosten sind wahnsinnig gestiegen." Dazu kämen große Lohnerhöhungen bei den Mitarbeitern. "Aber das ist ja auch wirklich richtig." Ihr Team mache einen guten Job und verdiene es, entsprechend bezahlt zu werden. "Wir klagen auch nicht über Mitarbeitermangel." Aktuell sei das Hotel gut gebucht, ebenso wie die Feiern. Der Brackweder Hof richte zudem viele Tagungsveranstaltungen aus. "Aber wir haben auch Glück, dass es bei uns gerade so gut läuft. Das ist nicht bei jedem so." Wie sie die drohenden plus 12 Prozent bei der Mehrwertsteuer ausgleichen soll, ist der erfahrenen Gastronomin, die schon so manche Krise gemeistert hat, ein Rätsel. "Wir könnten sparen, indem wir die Portionen verkleinern, bei den Vorspeisen nicht mehr so viel Dip nehmen oder dem Hotelgast jetzt nur noch ein Handtuch geben. Aber das kann man doch nicht machen." Als Familienbetrieb habe der Brackweder Hof stets auf Nachhaltigkeit geachtet. Wo da noch was abgeknapst werden könne, wisse sie nicht. Die Mehrwertsteuer eins zu eins an den Gast weiterzugeben, das gehe auch nicht, und vor allem nicht sofort. Bartsch-Hoffmann erinnert zudem daran, dass Deutschland, anders als Italien oder Frankreich, nicht gerade bekannt sei für seine Gastlichkeit. Es sei auch im politischen Interesse, dieses Image zu verbessern. "Wenn wir dagegen alle unzufrieden sind und unsere Mitarbeiter auch, wird es immer schlechter. Und das ist auch ein Problem für unser Land." Bei der Qualität nicht zurückschrauben Pragmatisch nimmt es Hauke Schulz, Juniorchef im Seekrug am Obersee. &bdquo;Wir sehen das wie alles andere auch als Herausforderung“, meint er. &bdquo;Wir werden uns intern Gedanken machen, wie wir damit umgehen, wenn es wirklich soweit ist.“ Klar aber sei, &bdquo;dass wir bei der Qualität nicht zurückschrauben werden“. Ein bisschen wie Urlaub im Alltag Eine "schlagartige Steuererhöhung von 12 Prozent" hält Andrea Windmann, Assistentin der Hauptgeschäftsführung des Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) OWL, für "sehr bedenklich". Essengehen sei für die Menschen "ein bisschen wie Urlaub vom Alltag, eine kleine Freude, die man sich zwischendurch gönnt. Wenn ich das nicht mehr habe, dann wird's richtig eng." Und gerade die Gastwirte wollten, dass die Gäste sich wohlfühlten. Aber auch sie müssten über die Runden kommen. "Die Preise sind so kalkuliert, dass der Betrieb funktioniert. Das, was für den Unternehmer übrig bleibt, ist entgegen der allgemeinen Meinung nicht so viel." Windmann berichtet von einem "verhalteneren Bestellverhalten" der Gäste, auch im Veranstaltungsbereich. "Man kann bei einer Hochzeit pro Gast 112 Euro ansetzen, aber auch nur 100." Sie warnt: Wie immer das politische Hin und Her ausgehe - erste Entscheidungen solle es im November geben - , "am Ende trifft es den ganz normalen Bürger". Der Gastwirt müsse zudem das bange Warten auf das, was komme, auch mental aus- und durchhalten. "Da hängen ja Existenzen dran." Und: Insolvente Betriebe zahlten überhaupt keine Steuern mehr. Kunden möchte jetzt Bruttopreis für geplante Hochzeiten wissen Welche ganz praktischen Probleme die Gastronomen durch die unsichere Lage haben, verdeutlicht Silvio Eberlein vom historischen Gasthaus Buschkamp im Museumshof Senne. Die Steuererhöhung hänge "wie ein Damoklesschwert über uns", sagt er. "Es ist katastrophal, was die Politik mit uns macht." Die Kunden, die jetzt nach den Preisen für ihre geplanten Hochzeiten oder andere Veranstaltungen fragten, wollten natürlich Brutto- und nicht Nettopreise wissen. Die aber ließen sich fürs nächste Jahr gar nicht verlässlich kalkulieren. Für Imbisse nur 7 Prozent Eberlein verweist zudem auf die "Döner- und Pizzabuden, die keine Stoffservietten, keine Servicekraft und keine Toiletten brauchen": Für die gälten grundsätzlich nur 7 Prozent. "Jetzt haben wir endlich Gleichstand."

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