Kommentar zu Klebe-Aktion in Bielefeld: "Klimaaktivisten sind keine Terroristen"

Es ist schon fast ein ikonisches Bild. Ein in Schwarz gekleideter junger Mann sitzt mit leerem Blick mitten auf der Kreuzstraße und hat sich mit seiner linken Hand auf dem Asphalt festgeklebt. Mit der anderen Hand hält er fest die Hand einer jungen Frau, die mit stoischem Blick in die Ferne starrt. Beide tragen orangefarbene Westen, denn sie wollen vor etwas warnen: dem Klimawandel. Mantraartig wiederholen die Aktivisten der "Letzten Generation vor den Kipppunkten" eine Art Untergangsszenario: &bdquo;Die Wälder brennen. Reißende Wassermassen vernichten ganze Ortschaften. Eskalierende Wetterextreme im Rahmen der Klimakatastrophe sind in diesem Sommer auch in Europa wieder deutlich sichtbar. Die Folgen des Klimawandels bedrohen bereits heute das Leben vieler Menschen.“ Die Klimaaktivisten hatten eine Art Großoffensive auf Bielefeld angekündigt. Sie endet mit zwei gelungenen Straßenblockaden (Kreuzstraße, Herforder Straße), drei weitere Klebeversuche auf dem Asphalt (Alfred-Bozi-Straße, Quelle und Zimmerstraße) konnten Polizeikräfte früh genug verhindern – bevor sich die Klimaaktivisten auf dem Asphalt festkleben können. Autofahrer schleifen Aktivisten beiseite Auf der Herforder Straße legen genervte Autofahrer kurzerhand selbst Hand an und schleifen Aktivisten beiseite, die sich noch nicht auf der Straße festgeklebt hatten. 13 weitere Aktivisten müssen von der Polizei mit reichlich Speiseöl abgelöst werden. An der Kreuzstraße hatten die sogenannten "Klimakleber" ein Gemisch aus Sand und Kleber verwendet, sodass von der Polizei zur Hilfe gerufene Feuerwehrleute mit Bohrhämmern die festgeklebten Hände mitsamt Asphalt lösen mussten. Die Stimmung der an der Weiterfahrt gehinderten Autofahrer ist überwiegend aggressiv. Wütend steigen viele aus dem Auto und beschimpfen die Aktivisten, einige werden sogar handgreiflich. &bdquo;Die Kleber sind unglaublich verzweifelt und wissen nicht, was sie tun sollen. Sie haben Angst und Sorgen. Es ist mutig, sich für eine Sache einzusetzen, doch mit ihren Aktionen machen sie die Menschen sauer und ärgerlich. Sie haben kein Verständnis dafür, in ihrer Freiheit beschränkt zu werden. Die sicherlich richtige Botschaft kommt nicht mehr bei den Menschen an“, kritisiert eine 40-jährige Fußgängerin. Genau das ist das Problem der Klimagruppe "Letzte Generation". Während 49 Prozent der Deutschen es befürworten würden, wenn der Klimaschutz im Grundgesetz verankert würde, finden die Klimakleber mit ihren Protestaktionen wenig Rückhalt. Drei Viertel der Teilnehmer einer aus dem Mai stammenden Umfrage des Meinungsforschungsinstituts "YouGov" im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur lehnen den Versuch, mit Aktionen wie Straßenblockaden mehr Klimaschutz durchzusetzen, ab – 60 Prozent gaben an, dies "voll und ganz" zu tun, 16 Prozent "eher". Bemerkenswertes Umfrage-Ergebnis Nur 13 Prozent der Befragten sagen, sie befürworten die Aktionen "eher", nur 5 Prozent tun dies "voll und ganz". Bemerkenswert ist das Ergebnis der Umfrage auch bei zwei Untergruppen: 53 Prozent der Grünen-Anhänger lehnen Straßenblockaden ab; und selbst in der Altersgruppe zwischen 18 und 29 Jahren haben nur 36 Prozent Verständnis für Straßenblockaden zum Wohle des Klimas. Nur, um es vorwegzunehmen: Gerichte müssen Strafen gegen Klimakleber verhängen. Und zwar immer dann, wenn sie die Grenzen des zivilen Protestes überschreiten. Symbolische, kurzzeitige Straßenblockaden sind sicherlich nicht verboten. Aber wenn Aktivisten mit Bohrhämmern von der Straße abgelöst werden müssen, dann ist das Nötigung und muss mit einer Geldstrafe geahndet werden. Aber die Aktivisten als "Klimaterroristen" zu bezeichnen und zu behandeln wie Mafiosi oder Drogenkartelle, wäre wie mit Kanonen auf Spatzen zu schießen. Die Protestler sind sicherlich keine kriminelle Vereinigung, wie es gerade Berlins Jutizsenatorin Felor Badenberg prüfen ließ. Sie handeln zwar gegen geltendes Recht, aber ihrer Auffassung nach rechtens. Und die Gefahr, die von ihnen ausgeht, ist überschaubar. Ihr grundsätzliches Anliegen ist nicht das Begehen von Straftaten, sondern wegen des dramatisch fortschreitenden Klimawandels eine Autofahrer-Gesellschaft aus der Komfortzone zu holen. Allerdings gewinnt man die Menschen nicht für eine gute Sache, indem man sie verprellt.

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