Scharf kritisiert: Hochschule Bielefeld gründet Tochter-Uni in China

Bielefeld. Als das &bdquo;Hawaii von China“ wird die Tropeninsel bezeichnet, auf der die Hochschule Bielefeld (HSBI) gerade eine Tochter-Hochschule gegründet hat. Die neue &bdquo;Hainan Bielefeld University of Applied Sciences“, kurz BiUH, ist weltweit eine Premiere – und umstritten. Scharfe Kritik kommt nun aus den Reihen der Liberalen Hochschulgruppe Bielefeld sowie der Jungen Liberalen, die einen Stopp des Projekts fordern. Diplomatischer urteilt die hiesige Industrie- und Handelskammer (IHK). HSBI-Präsidentin Ingeborg Schramm-Wölk sieht trotz kritischer Medienberichte keine Sicherheitsrisiken. Update: Auch im Bundesforschungsministerium (BMBF) selbst, stößt das Projekt inzwischen auf Skepsis. Zentral seien Wissenschaftsfreiheit, friedliche Nutzung gemeinsam erzielter Forschungsergebnisse und Rechtssicherheit bei Wissenschaftskooperationen. Das spiegele sich auch in der China-Strategie der Bundesregierung wider. "Vor diesem Hintergrund sieht das BMBF das Projekt der Hochschule Bielefeld kritisch." (6. August 2023) Die Bielefelder FDP-Jugend schließt sich der Kritik ihrer Bundesvorsitzenden Franziska Brandmann an und sieht in der Hochschulgründung in der Sonderwirtschaftszone im südchinesischen Meer eine &bdquo;potenzielle außenpolitische Gefährdung“. &bdquo;Es ist naiv, zu glauben, dass sich die chinesische Regierung nicht in die Abläufe und vermittelten Ausbildungsinhalte der BiUH einmischen würde“, erklärt Micha Kasper, Vorsitzender der Jungen Liberalen Bielefeld. Grundsätzlich unterstütze man den Wissenstransfer ins Ausland und den Export des deutschen Ausbildungsmodells. Im Falle des Systemrivalen China sei die Unabhängigkeit von Universitäten &bdquo;unabdingbar“. &bdquo;Da es schwer erscheint, diese Unabhängigkeit an der BiUH sicherzustellen, lehnen wir die Gründung ab und fordern einen sofortigen Stopp des Projekts.“ Ein Problem bei der Wissenschaftsfreiheit an der BiUH sieht auch Jannis Gebhardt, Liberale Hochschulgruppe Bielefeld. Die chinesische Insel Hainan war im Frühjahr 2023 offenbar Startort von Spionageballons, jetzt gibt es dort eine Hochschule made in Bielefeld Diverse deutsche Medien, darunter die Süddeutsche Zeitung, hatten zuvor kritisch über die chinesische Hochschule made in Bielefeld berichtet. Ein weiteres Detail: Die Insel Hainan war Anfang 2023 als Startort chinesischer Spionageballons in die Schlagzeilen geraten. HSBI-Präsidentin Ingeborg Schramm-Wölk teilt die Bedenken der Kritiker nicht: &bdquo;Die wissenschaftliche Freiheit ist mit den chinesischen Partnern fest vereinbart und in einem Memorandum of Understanding (Willenserklärung, Anm. d. Red.) schriftlich fixiert worden. Bei der Entwicklung der BiUH haben wir uns an Rahmenbedingungen in Deutschland und NRW orientiert. Um mögliche Konflikte transparent zu machen und zu lösen, ist die Einrichtung einer Clearingstelle geplant.“ Dass die BiUH im Wintersemester 2023/2024 mit Computerwissenschaften und Digitale Technologien als ersten Bachelorstudiengängen startet, wirft weitere Fragen auf. Die Hälfte ihrer Ausbildung sollen die Studierenden in Unternehmen absolvieren. Auch deutschen. Wie kann Wirtschaftsspionage vermieden, Datenschutz nach deutschen Maßstäben garantiert werden? Chinesischer Datenschutz trifft auf deutsches, duales Informatikstudium - auch die Finanzierung kommt aus China Dazu erklärt Schramm-Wölk: &bdquo;Die BiUH hat ihren Sitz in der Volksrepublik China und wird sich an die dortigen Bestimmungen zu halten haben. Angesichts der Tatsache, dass die BiUH grundständige Bachelor- und Masterstudiengänge nach deutschem Vorbild anbieten will, ist sie zunächst weder für Wirtschaftsspionage interessant noch stellen die Aktivitäten ein wie auch immer geartetes Sicherheitsrisiko dar.“ Die Finanzierung des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekts ruht zudem zukünftig auf chinesischen Schultern. Die Provinzregierung in Hainan unterstützt laut HSBI-Präsidentin beim Aufbau. Langfristig sollen Studiengebühren die Kosten decken. Die Liberale Hochschulgruppe befürchtet, &bdquo;dass die Gründung der BiUH primär darauf abzielt, die chinesische Wirtschaft durch das deutsche Ausbildungsmodell zu bereichern“. Schramm-Wölk widerspricht: Es würden Fachkräfte für deutsche, chinesische und internationale Unternehmen ausgebildet. &bdquo;Zahlreiche Unternehmen aus Ostwestfalen-Lippe sind in China engagiert und begrüßen deshalb unsere Initiative.“ Beckhoff und Weidmüller zählen zu den Unterstützern der umstrittenen "Bielefeld University of Hainan" Die Spezialisten für Automatisierung und Verbindungstechnik Beckhoff (Verl) und Weidmüller (Detmold) zählen ebenso wie das Netzwerk &bdquo;it’s OWL“ laut Schramm-Wölk zu den Unterstützern. Fachlich und interkulturell wertvoll sei zudem, dass es für Studierende und Lehrende der HSBI die Möglichkeit eines Auslandsaufenthaltes an der Hainan-Uni geben werde. Bei der IHK Ostwestfalen zu Bielefeld hält man sich mit offener Kritik an der Hochschulgründung zurück. &bdquo;Grundsätzlich begrüßen wir international bilaterale Hochschulkooperationen“, sagt der Hochschulbeauftragte Uwe Lück. Die an einer Kooperation mit der BiUH interessierten Unternehmen erhofften sich sicherlich Vorteile beim Eintritt oder Ausbau ihrer Wirtschaftsbeziehungen im und zum chinesischen Markt. &bdquo;Allerdings durchlaufen die deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen gerade schwere Zeiten. Speziell auch wegen der geopolitischen Spannungen baut sich derzeit Druck auf.“ Erst vor wenigen Wochen hatte die Bundesregierung deshalb eine neue &bdquo;China-Strategie“ ausgegeben, die das Verhältnis zum schwierigen Handelspartner neu definiert. Abhängigkeiten sollten verringert werden. Wie passt eine Hochschulgründung in China in diese Zeit? Schramm-Wölk: &bdquo;China ist und bleibt für Deutschland von großer Bedeutung – wirtschaftlich, politisch und kulturell.“ Sie sieht das Projekt BiUH durch die neue Strategie gedeckt, &bdquo;die eine enge Zusammenarbeit in der Wirtschaft, aber auch im Hochschulwesen befürwortet, solange dies mit Augenmaß geschieht“.

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