Warum die Deutschtürken auch in Bielefeld den türkischen Präsidenten Erdogan feiern

Bielefeld. Hupkonzerte, Türkeifahnen, Autokorso: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat die Stichwahl in seinem Land gewonnen und ein sehr großer Teil der Deutschtürken, es heißt zwei Drittel, auch in Bielefeld jubelt darüber, als ob das Land am Bosporus Fußballweltmeister geworden wäre. Woher kommt diese Begeisterung? Yasin Bas, Redakteur der in Bielefeld erscheinenden Zeitung &bdquo;Öztürk“ gibt Antwort auf diese und weitere Fragen. Herr Bas, was macht Erdogan so beliebt und erfolgreich bei Deutschtürken auch in Bielefeld? Yasin Bas: Dass so viele Deutschtürken auch aus Bielefeld und der Region für Erdogan gestimmt haben, zeigt, dass der türkische Präsident es immer wieder schafft, diese Menschen emotional anzusprechen. Die Deutschtürken sehen die rasante Entwicklung der Türkei in vielen Bereichen des Lebens, angefangen von der Infrastruktur, dem technologischen Fortschritt, der Digitalisierung, des Fortschritts im Gesundheits- und Sozialwesen, der Kultur- und Bildungspolitik, der Außen- und Sicherheitspolitik. Die Türkei entwickelt sich derzeit zu einer internationalen Drehscheibe im Energiebereich und der Finanzpolitik. Diese Erfolge bekommen auch die Deutschtürken mit. Und: Erdogan kümmert sich auch um die Anliegen und Belange der Deutschtürken, wie kein anderer Politiker vor ihm. Haben Sie das Ergebnis vorhergesehen? Nach 21 Jahren an der Macht so ein Ergebnis einzufahren verdient Anerkennung. Das ist damit auch eine Würdigung des Wählerwillens. Das Ergebnis war lange Zeit vorher abzusehen, auch wenn hiesige Medien teilweise ein anderes Bild suggeriert haben. Wir sollten das Ergebnis respektieren und draus das beste für die bilateralen Interessen zwischen Deutschland und der Türkei machen. Wir müssen aber auch lernen der Türkei auf Augenhöhe zu begegnen. Stört es die Bielefelder Deutschtürken denn nicht, dass Erdogan selbstherrlich, autoritär und oft undemokratisch handelt? &bdquo;Jede Demokratie, jeder Staat muss seine Sicherheit verteidigen. Die Maxime &bdquo;Keine Freiheit für die Feinde der Freiheit“ gilt nicht nur für Deutsche. Auch in der Türkei gibt es eine wehrhafte Demokratie. Und das ist auch gut so. Manche interpretieren die wehrhafte Demokratie in der Türkei als Autoritarismus. Das sehen viele Deutschtürken als Doppelmoral. Was bedeutet die Einstellung der Deutschtürken für die oft zitierte Integration? Ist sie als Absage zu bewerten? Die Menschen, die Erdogan gewählt haben sind gut integrierte Bürger. Da die AKP eine klassische Volkspartei ist, bekommt sie und ihr Parteivorsitzender Stimmen aus allen Bildungsschichten, aus allen sozialen Milieus, aus allen Landesteilen, dem Zentrum wie der Peripherie, aus allen ethnischen und konfessionellen Bevölkerungsteilen der Türkei. So auch bei den Deutschtürken. Von einer Absage an die Integration kann hier keine Rede sein. Für diese Menschen gibt es kein &bdquo;entweder oder“, sondern ein &bdquo;sowohl als auch“. Was ist aus Ihrer Sicht die passende Sichtweise auf dieses Phänomen? Diese Menschen zu verprellen und ihnen eine mangelnde Integration zuzusprechen, würde Deutschland nicht nützen. Diese Menschen setzen sich für eine Win-Win-Situation ein, wo Deutschland und die Türkei gemeinsam profitieren. Deutschland könnte, ja müsste, diese Deutschtürken viel besser für die bilateralen Beziehungen nutzen, anstatt wie seit Jahrzehnten türkeikritische Politiker zu fördern. Öztürk (Der wahre Türke) ist eine türkische Zeitung mit Sitz in Bielefeld, die in den Regionen Bielefeld, Herford, Bad Salzuflen, Bad Oeynhausen, Gütersloh, Ahlen und Hamm publiziert wird und sich an Deutschtürken in der Region wendet und von Werbeerlösen finanziert wird.

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