Mit ostwestfälischer Sparsamkeit haben die Bielefelder in diesem Winter viel Gas eingespart

Bielefeld. Der Winter vorbei, die Gasspeicher gut gefüllt, den Verbrauch im Winter um 17,6 Prozent gesenkt, weder Gasmangellage noch Strom-Blackout erlebt - hurra, geschafft. Dem "Hurra" schließen sich Stadt und Stadtwerke an. Doch das Aber kommt schnell: Nächsten Winter müssen wir alle genauso sparen wie im zurückliegenden. Die Prognose der Bundesnetzagentur sehe 20 Prozent vor, so Nils Neusel-Lange, Netzchef der Stadtwerke. Doch erst einmal ist nun die Zeit der Komplimente, des Lobes. Oberbürgermeister Pit Clausen: "Wir sind ganz gut durch den Winter gekommen, wir Bielefelder haben gemeinsam was geschafft." Die Bürger hätten das Thema "zu ihrer Sache gemacht". Das spiegelt auch diese Zahl: Nur auf private Haushalte und Gewerbebetriebe geschaut, wurden 18,4 Prozent Gas eingespart, zusammen mit den 13 Prozent, die auch die Industrie weniger verbraucht hat, ergeben sich die 17,6 Prozent. Die Zahl entsteht beim Blick auf die zurückliegenden fünf Jahre - und hier die Monate August bis März. Bielefeld liege im Bundesschnitt, so Neusel-Lange. Am Anfang so ein Ergebnis kaum für möglich gehalten Blieben die Rahmenbedingungen so wie heute, wäre das Sparen weiterhin ein Muss, aber das Risiko von Gasmangellagen und auch Strom-Blackouts sei geringer, es gebe nun Erfahrungswerte und es sei auch technisch einiges verbessert worden. Stadtwerke-Chef Rainer Müller: "Wir sitzen hier relativ entspannt, aber die Energiekrise ist natürlich nicht vorbei." Am Anfang der Krise im Oktober habe er nicht für möglich gehalten, dass die Zahl am Ende des Winters bei 17,6 Prozent stehen könnte. Dass das nur dem milden Winter zu verdanken ist, weist Neusel-Lange zurück. Höchstens ein Fünftel der Einsparung habe mit dem im Schnitt um 0,6 Grad wärmeren Winter zu tun, der große Rest sei auf Verhaltensänderungen zurückzuführen. Kühlere Räume, weniger Duschen, niedrigere Wassertemperaturen, mehr Kamin-Tage, einzelne ungeheizte Räume, nachjustierte Heizungen - so die Bandbreite in privaten Haushalten. Start mit 27,3 Prozent Einsparungen Besonders zum Start des Winters im Oktober und November seien 27,3 Prozent weniger Gas verbraucht worden, danach wurde es kälter und war die Gaspreisbremse als sicherndes Element zu erkennen; die Einsparungen sanken etwas. Müller betont, dass es "einen extremen Anstieg der Beratungsgespräche" gegeben habe. Wie das Einsparen das Stadtwerke-Ergebnis beeinflusst hat, kann er noch nicht sagen. "Wir arbeiten gerade am Jahresabschluss 2022." Für die Stadt gilt übrigens ein ähnlicher Wert wie für die Bürger. Jürgen Bültmann, Chef des Immobilienservicebetriebes (ISB): "Wir haben etwa 18 Prozent eingespart." In den Rathäusern, Gymnasien und Berufskollegs - so die Gebäude-Auswahl für die Erhebung. In Verwaltungsgebäuden galt mit der Krise: Arbeiten bei 19 Grad. Clausen sagt schmunzelnd: "Ich saß immer mit Strickjacke in meinem Büro - und hatte das Gefühl, dass es ganz sicher das kälteste im ganzen Rathaus ist. Aber ich hörte von vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die das von ihrem Büro sagten." Dunkle Sparrenburg als Wahrzeichen hatte Symbolcharakter Es sei ihm um zwei Dinge gegangen: Das konkrete Energiesparen - und das eher symbolische. Zu letzterem gehörte die Sparrenburg: "Wenn das Wahrzeichen dunkel bleibt, gibt es emotionale Debatten - und wird vielen bewusst, dass das Thema wohl wirklich wichtig ist." Das hat funktioniert, denkt auch Müller: "Vielleicht noch nie ist so vielen Menschen klar geworden, dass wir uns von fossilen Energieträgern unabhängig machen müssen." Und wie sah es privat beim Oberbürgermeister aus? "Wir haben definitiv gespart: Die Raumtemperatur lag bei 20 Grad, nur wenn meine Mutter kam, wurde es über den Kamin wärmer." Und: Geduscht wurde kürzer, das Arbeitszimmer unterm Dach blieb kalt. "Ich habe einfach unten gearbeitet."

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