Ärger um Bielefelder Grundschulplätze: Erst eingeladen, dann abgelehnt

Bielefeld. In Kürze sollen alle Eltern Bescheid bekommen, wo ihre Kinder ab Sommer einen Grundschulplatz bekommen. Für viele ist der leider nicht die Wunschschule. Erst eingeladen, dann abgelehnt: Familien kritisieren, dass sie erst ein Schreiben von der Stadt zur Anmeldung an der wohnortnächsten Grundschule bekommen haben, dann dort aber "überhaupt keine Chance" haben. Weil, wie mehrfach berichtet, die Plätze einfach nicht ausreichen. &bdquo;Wir haben jetzt das Resultat des jahrelangen Versagens des Amtes für Schule“, sagt Mike Bartels, Bezirksbürgermeister in Jöllenbeck. Nicht nur in diese Stadtbezirk müssen viele Eltern ihre Kinder jetzt mit dem Auto an eine weiter entfernte Alternative bringen. In Theesen will die Ortspolitik jetzt mit einem unbürokratischen Vorschlag Abhilfe schaffen. Weil zehn Kinder an der Grundschule Theesen zurückgewiesen wurden, ist die Idee, Räume des Gemeindehauses, das direkt gegenüber der Schule liegt, für eine Klasse zu nutzen. In einem gemeinsamen Antrag setzen sich die Politiker dafür ein, das Gemeindehaus der Auferstehungskirche für eine vorübergehende Nutzung vorzubereiten, "um Platz für eine Mehrklasse im kommenden Schuljahr im ersten Jahrgang zu schaffen." Hausherr ist hier die evangelische Versöhnungskirchengemeinde. Pfarrer Marcus Brünger versichert, dass die Gemeinde ihre Gesprächsbereitschaft signalisiert hat. Zunächst müsse das Schulamt jedoch eine offizielle Anfrage an die Kirchengemeinde richten. "Dann beschäftigen wir uns mit den konkreten Details, ob und wie wir das Vorhaben realisieren können", versichert der Seelsorger. Bislang sei jedoch noch keine Anfrage eingegangen. Situation an Grundschulen verschlechtert sich weiter Die Situation an den Grundschulen verschlimmere sich noch in den kommenden Jahren, prognostizieren Jasmin Wahl-Schwentker, Fraktionschefin der FDP, und Jan Maik Schlifter, schulpolitischer Sprecher. Ihrer Rechnung nach fehlen im Jahr 2025 rund 1.050 Plätze. Schon jetzt mussten, wie berichtet, 25 Grundschulen in Bielefeld Erstklässler zum neuen Schuljahr ablehnen, weil es mehr Anmeldungen als Plätze gab. Und trotz Mehrklassenbildungen an neun Schulen sogar aus dem eigenen Einzugsbereich. Die &bdquo;Schulraumlücke“ werde sich, wie bereits vor sechs Jahren von der FDP angemerkt, in den kommenden Jahren verschärfen, weil Grundschul-Neubauten und Erweiterungen fehlen. Ihre Fertigstellung im großen, städtischen 900-Millionen-Bauprogramm ist teils erst für 2029 geplant ist. &bdquo;Viel zu spät“, so die FDP. Sie fordert "dringend", die Grundschulen vorzuziehen. Und will dazu einen entsprechenden Ratsantrag stellen. Der Mehrbedarf steige von Jahr zu Jahr. Bis 2025 würden 18 zusätzliche Züge für insgesamt noch rund 1.800 Schülerinnen und Schüler mehr benötigt. Weil die Stadt mit dem Bau der drei geplanten neuen Grundschulen und Erweiterungen hinterherhinkt, müssten viele Kinder ihre gesamte Grundschulzeit jetzt in Container- und Modulbauten verbringen, so die Kritik. &bdquo;Fachräume fallen weg, weil sie als Klassenräume herhalten müssen“, ergänzt Schlifter. Die pädagogische Qualität leide, alles sei mehr als knapp kalkuliert - zu Lasten der Familien. Weil die Schulbauplanung mit der Entwicklung der Schülerzahlen nicht schritthalte, müssten immer mehr Eltern mit dem Auto weitere Wege fahren. "Anstatt dass die Kinder entsprechend der angestrebten Verkehrswende mit dem Fahrrad oder zu Fuß zur wohnortnahen Grundschule kommen können", ergänzt Schlifter. Es werden über 1.000 Plätze fehlen Allein bis Mitte dieses Jahres fehlten schon 625 reguläre Plätze. Im Jahr 2025 habe die Lücke mit voraussichtlich 1.150 fehlenden Plätzen in den Schulgebäuden den Höchststand erreicht. Wenn es jetzt dringend um Schaffung von Grundschulplätzen geht, passe es nicht, dass Zugerweiterungen an den Grundschulen Buschkamp, Diesterweg, Heeperholz, Milse, Quelle, Sennestadt und Südschule sehr weit hinten stehen im Bauprogramm, die Gesamtschule in Schildesche hingegen Priorität hat. Dabei würden beim für rund 100 Millionen Euro geplanten Neubau sogar Plätze abgebaut, die Schule aufgrund der gesunkenen Nachfrage von acht auf vier Züge reduziert. Den Einwand der Grünen, die aktuellen Engpässe seien auf den unerwarteten Zuzug von Geflüchteten aus der Ukraine zurückzuführen, weist die FDP entschieden zurück. Das verschärfe die Lage zwar, sei aber weder ursächlich und maßgeblich für die seit Jahren vorhersehbare Problematik. Alle Eltern der Kinder, die jetzt keinen Platz an ihrer Wunschgrundschule bekommen haben, haben Anfang Februar Bescheid bekommen und müssen die neuen Erstklässler erneut anmelden. Erst danach - voraussichtlich Ende Februar, Anfang März - erhalten alle dann ihre Aufnahmebescheinigung, so die Info aus dem Amt für Schule.

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