Außergewöhnliches Wohngebiet auf riesiger Bielefelder Industriebrache in Planung

Bielefeld. Noch ist alles ruhig auf der riesigen Industriebrache der ehemaligen Siebe-Metallwerke mitten im Stadtbezirk Senne. Seit über zehn Jahren tut sich dort wenig, nur das Wildkraut wächst zwischen den Zementplatten. Doch nun hat die Stadt die Initiative ergriffen: Rund 14,5 Hektar zwischen Bahntrasse, Karl-Oldewurtel-Straße und Am Metallwerk sollen überplant, das Areal soll neu geordnet werden. Bis dort wirklich etwas passiert, wird es dauern. Aber ein Anfang ist gemacht. Nun ist die Politik am Zug. In der Bezirksvertretung Senne am 9. Februar und dann im Stadtentwicklungsausschuss am 22. Februar geht es zunächst darum, einen Bebauungsplan für das Gebiet aufzustellen, zu dem nicht nur das alte Industriegelände, sondern auch die Wohnhäuser entlang der Hebbelstraße und des Hürdenwegs, ein Wohnhaus Am Metallwerk, eine Tennisanlage am Rodelweg sowie eine Physiotherapie-Praxis an der Karl-Oldewurtel-Straße gehören; außerdem ein Grünzug, zahlreiche Bäumereihen und ein ganzes Wäldchen. Auch der - übergeordnete - Flächennutzungsplan muss für den künftigen "Wohn- und Gewerbestandort Am Metallwerk" angepasst werden. Zunächst steht eine erste grobe Gliederung im Fokus. Beschlossen werden soll zugleich eine Veränderungssperre für das gesamte Gebiet. "Das ist ein planungssicherndes Instrument, damit dort keine Dinge entwickelt werden, die so von der Stadt nicht gewollt sind", erklärt Bauamtsleiter Lars Bielefeld. Eine "ungeordnete Gemengelage" soll vermieden werden. Denn in den vergangenen Monaten habe es vermehrt Anfragen bzw. Anträge gegeben, etwa zu Errichtung von zwei Lagerhallen, zwei Mehrfamilienhäusern oder eines Doppelhauses. Stadtverwaltung will mehr Wohnungsbau, aber auch Gewerbe Vorgesehen ist es, die Flächen, auf denen aktuell Wohnungsbau ausgewiesen ist (im Westen), zu erweitern, die gewerblichen Bauflächen im Osten zu verkleinern und den Grünzug dazwischen entsprechend Richtung Osten zu verschieben. Für das angrenzende Wohngebiet soll eine Nachverdichtung möglich werden. "Wir versuchen immer, mit der Bauleitplanung die bestehende Situation zu verbessern",bekräftigt Bielefeld. "Die Eigentümer dürfen darauf vertrauen, dass wir eine vernünftige Planung zu Papier bringen, von der alle profitieren. Und am Bestand wird nicht gerüttelt." Grundwasser ist mit Kohlenwasserstoffen verseucht Zu den Besitzern des überplanten Areals gehört auch der Konzern Schneider Electric, der den alten Metallwerke-Standort 2014 erwarb. Seit damals ist er mit der Stadt über potenzielle Käufer im Gespräch, doch Interessenten zu finden ist schwer. Einerseits wegen der engen Straßenverhältnisse, andererseits, weil auf der Brache seit Jahrzehnten ein Grundwasserschaden (eine Verunreinigung mit chlorierten Kohlenwasserstoffen) saniert wird, mit Brunnen und Aufbereitungsanlagen. Vorstellbar sei dort aber kleinteiliges Gewerbe, das nicht viel Verkehr verursache, so das Bauamt. Handwerksbetriebe, Materiallager oder kleine Produktionsfirmen, veranschaulicht Mark Oliver Hartwig, der zum Stab des Wirtschafts- und Stadtentwicklungsdezernats gehört - jedoch keine Logistik, kein Einzelhandel und keine großen Industrieniederlassungen. Bielefeld will Teil des Geländes kaufen Seit einiger Zeit laufen Kaufverhandlungen zwischen der städtischen Beteiligungs- und Vermögensverwaltung (BBVG), Schneider Electric und weiteren Eigentümern, berichtet der Bauamtsleiter weiter. Versucht werde, den Vorgaben der Baulandstrategie entsprechend, 50 Prozent der Baufläche im Zwischenerwerb für die Stadt zu sichern. Klimaschutz, Artenschutz, Kosten Wenn Bezirkspolitik und Stadtentwicklungsausschuss grünes Licht geben, kann das komplexe Planungsverfahren starten. Zu klären ist eine Menge im Vorfeld: angefangen mit dem künftigen Umgang mit der Grundwasser-Altlast und den Kosten dafür bis zu Klima- und Artenschutz. Die Baumschutzsatzung ist zu berücksichtigen, Be- und Entwässerung, Verkehr und Lärm sind zu untersuchen. Schließlich muss ein konkretes Nutzungskonzept erarbeitet und die finanzielle Belastung für die Stadt ermittelt werden. Dazu kommen Öffentlichkeitsbeteiligung, politische Begleitung des Verfahrens (allein die Bezirksvertretung Senne wird sich mindestens vier Mal damit beschäftigen), Abwägung und Auswertungen. Am Ende steht der Ratsbeschluss. Bis das soweit ist, könnten nach Schätzung Bielefelds noch "mindestens zwei Jahre" ins Land gehen.

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