Bielefelder finden Klosterplatz trist und traurig - aber was tun?

Bielefeld. Die Gesprächskultur habe überall gelitten nach Corona und dem Ukraine-Krieg, nach Inflation und aufkeimenden Zukunftsängsten der Bevölkerung, so die Vorsitzende des Bielefelder Verkehrsvereins, Ursula Pasch. Also entwickelte der Verein ein neues Konzept, das die Menschen in der Stadt, die Entscheider, Planer, Politiker und Veranstalter wieder zusammenbringt, um Strategien zu entwickeln, um neue Ideen zu erörtern, um Stadtentwicklung, Stadtmarketing und Tourismus neu zu vernetzen. &bdquo;Bielefelder Stadtgespräche“ heißt dieses Konzept, das im Theater am Alten Markt seine Premiere feierte, 100 Bielefelder folgten dem Ruf Paschs. Im Fokus dieses ersten Stadtgesprächs standen die innerstädtischen Plätze Kesselbrink, Jahnplatz, Alter Markt und vor allem: der Klosterplatz. Schon vor der Veranstaltung wurde im Foyer des TAM miteinander gesprochen. Es wurde kolportiert, man habe, etwa beim Kesselbrink, vergessen, die Bevölkerung in die Planung mit einzubeziehen. Marketing-Fachmann weist auf Wettbewerb unter den Städten hin Genau das meinte Ursula Pasch. Um einen ungetrübten und unvoreingenommenen Blick von außen gewähren zu könne, lud der Verkehrsverein als Impulsgeber den Diplom-Betriebswirt und Gründer der Hamburger &bdquo;Stadtmanufaktur“, Thorsten Kausch, ein. &bdquo;Die Stadt als Bühne“ betitelte er seinen Vortrag und mahnte darin gleich zu Beginn, den Stadtraum anders zu denken, die Identität der Innenstädte sichtbarer zu gestalten. Klingt theoretisch, meint aber etwas ganz Handfestes: &bdquo;Die Städte stehen untereinander im Wettbewerb. Die Lebensqualität im urbanen Raum sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor“. Davon sei der Zuzug etwa von Fachkräften abhängig, denn die seien das neue Gold. Die Aufenthaltsqualität von Innenstadtplätzen gelten als eine Art Visitenkarte für die Stadt. So sei eine, wie Kausch es formuliert &bdquo;nachhaltige und authentische Inszenierung der Plätze sehr wichtig“. Die Kraft des Platzes – die Besucher, die Anwohner, die Gastronomen – sind der Motor für die weitere Entwicklung des Platzes – und die Stadtbevölkerung ist der Multiplikator, diese &bdquo;Kraft“ nach außen zu tragen, quasi als Werbebotschafter für ihre Stadt. Das Stadtmarketing agiere hier lediglich als Kurator. Die strategische Idee, die dahintersteckt ist die Beantwortung der Frage: &bdquo;Wohin will das Marketing mit der Stadt?“ Man muss Plätze "nicht auf Teufel komm' raus bespielen" Kauschs Blick von außen zeigt eine ganz neue Sichtweise auf: &bdquo;Eine Bühne kann auch keine Bühne sein“. Er meint damit, dass ein städtischer Platz &bdquo;nicht auf Teufel komm’ raus“ bespielt werden müsse. Beispiel Innsbruck: Der dortige Domplatz wird bewusst nicht als Aufenthalts- und Erholungsraum genutzt und schon gar nicht als Event-Fläche. Da passe nicht zu diesem Platz. Er bleibt also leer und einsam und diene nur als Ort um Ruhe zu finden – absichtlich. Denn nur das werde dem Charakter dieses Platzes gerecht. Womit wir irgendwie beim Klosterplatz wären. Auch er ist leer und einsam. Bei einem virtuellen Voting über QR-Codes verständigten sich die 100 (Fach-)Besucher des ersten Stadtgesprächs im TAM darauf, sich diesen Platz besonders anzuschauen. Sie wurden darum gebeten, Adjektive zu benennen, die diesen Platz (&bdquo;Das katholische Herz der Stadt“ – Sven Dodenhoff, Stadtentwickler beim Bauamt der Stadt Bielefeld) charakterisieren: leer, historisch, langweilig, schattig, zentral, grau, traurig, gemütlich kamen als Beschreibungen zum Vorschein. Klosterplatz "hat enormes Potenzial" Schnell zu erkennen: beim Klosterplatz ist entwicklungstechnisch noch sehr viel Luft nach oben. Ein weiteres Voting sollte als Wunschkonzert daherkommen: Wie kann die Funktion des Platzes, also die Nutzung verbessert werden? Antworten: Handel, Konzerte, Feste, Spielplatz, Erholung. Kausch regte an, mehr Begegnung über Märkte und gastronomischen Engagement dort zuzulassen. Er bestätigt damit die Aussage von Ursula Pasch: &bdquo;Dieser Platz hat enormes Potenzial“. Veto aus dem Zuschauerraum: tagsüber ist der Platz der Schulhof der Klosterschule und manchmal Parkplatz für Mitglieder der Kirchengemeinde. Ein Beispiel für die unterschiedlichen Interessenlagen bei der Nutzung von Innenstadtplätzen. &bdquo;Jeder Platz hat seinen eigenen Charme“ stellt die Hauptgeschäftsführerin der Dehoga Ostwestfalen, Regine Tönsing, fest. Und mancher Platz hat sich noch gar nicht entschieden, was er will. Das klingt nach einer Art Eigenleben der Plätze, dann wird hier wohl der Kurator (siehe oben) helfen müssen. Aber, so der Impulsgebers Kausch: &bdquo;Innenstadt-Leben funktioniert nicht in Verwaltungstunneln“, die Interessenlagen seien zu unterschiedlich. Urbanes Leben funktioniert (nur) mit Gesprächen, mit Stadtgesprächen. Fortsetzung folgt; künftig will der Bielefelder Verkehrsverein zweimal im Jahr zum Gedankenaustausch laden.

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