Ab 1. Oktober gilt die neue Regelung Bielefeld streitet um die Baumschutzsatzung

Bielefeld. Die neue Baumschutzsatzung tritt am 1. Oktober in Kraft. Dann dürfen Laubbäume ab einem Umfang von 60 Zentimetern und Nadelhölzer ab 100 Zentimeter Umfang nur noch auf Antrag gefällt werden. 20 Jahre lang hatte es keine entsprechende Regelung gegeben. Jetzt ist sie von der rot-grün-roten Mehrheit im Rat beschlossen worden. Was spricht dafür, was spricht dagegen? Darüber streiten der frühere Bielefelder Umweltdezernent Martin Enderle (Pro) und die CDU-Ratsfrau Carla Steinkröger (Contra). Der Antrag muss neben dem Nachweisen der Notwendigkeit einen Lageplan und &bdquo;nachvollziehbare Angaben“ zu Art, Höhe, Stammumfang und Kronendurchmesser der Bäume enthalten. Im Einzelfall darf die Stadt den Maßstab des Lageplanes bestimmen oder die Vorlage zusätzlicher Unterlagen fordern. Gibts Zweifel, darf das Umweltamt sogar ein Sachverständigengutachten verlangen. Erst wenn alle Unterlagen vorliegen, wird innerhalb eines Monats entschieden. Je nach Bearbeitungszeit ist eine Gebühr fällig, und eine Neuanpflanzung ist auch verpflichtend.Der &bdquo;Jung-Baum“, der nachgepflanzt wird, muss bereits einen Stammumfang von 20 Zentimetern haben. Kann die Neuanpflanzung nicht im eigenen Garten geschehen, übernimmt das die Stadt. Der Antragsteller muss dafür wiederum 600 Euro zahlen. Mit Blick auf das Inkrafttreten der Baumschutzsatzung zum 1. Oktober 2022 hat das Umweltamt eine neue Internetseite zum Baumschutz und zur Baumschutzsatzung mit umfangreichen Informationen online gestellt. Dort gibt es auch eine Liste mit den wichtigsten Fragen und Antworten. Die Seite ist ab sofort unter diesem Link abrufbar: www.bielefeld.de/baumschutzsatzung. Pro Martin Enderle &bdquo;Der Baumbestand darf nicht weniger werden“ Die Baumschutzsatzung gilt nur im Innenbereich, also innerhalb von zusammenhängend bebauten Ortsteilen, und dort, wo es gültige Bebauungspläne gibt. Sie hat einen einzigen Grund: Die Satzung soll dafür sorgen, dass der Baumbestand in Bielefeld nicht weniger wird. Wenn man sich die letzten Sommer anschaut, muss man sagen, dass es in den Städten eine enorme Wandlung gegeben hat. Es wird immer heißer, und gerade ältere Menschen werden darunter leiden. Eine Stadt kann mehr Grün pflanzen, mehr Grünflächen ausweisen und mehr Wasser in die Stadt bringen. Das allein reicht aber nicht. Man erreicht nur über die Baumschutzsatzung, dass für einen Baum, der gefällt wird, auch wirklich ein neuer gepflanzt wird. Warum das so umstritten ist, ist mir eigentlich unerklärlich. Die Stadt hat eine Hundesteuersatzung, macht jedes Jahr zig Bebauungsplansatzungen. Das ist ihr ureigenstes Recht. Warum soll das nicht auch für den Baumschutz möglich sein? Kein Mensch weiß, wie sich der Bestand der Bäume in der Vergangenheit tatsächlich entwickelt hat. Die vorgeschriebenen Ersatzpflanzungen sind die große Leistung der Baumschutzsatzung. Wer einen Baum fällt, muss für einen Ersatz sorgen. Wenn er den nicht auf seinem Grundstück schaffen kann, muss er eine Ersatzzahlung beibringen und die Stadt übernimmt das. Es fällt mir schwer Argumente dagegen zu finden, dass man vitale Bäume dauerhaft unter Schutz stellt.. Bäume sorgen im Sommer für deutliche Temperaturunterschiede. Nur ein Beispiel: Zwischen der Platanenallee am Finanzamt Innenstadt und der Spindelstraße auf der anderen Seite können das bis zu neun Grad sein. Die Baumschutzsatzung ist ein wichtiger Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz. Contra Carla Steinkröger &bdquo;Es muss auch ohne Zwang gehen“ Es wird suggeriert, dass ohne eine solche Satzung ohne Not Bäume gefällt würden. Das stimmt einfach nicht. Bielefeld hat seit 2002 nachweislich 500 Hektar an Baumflächen hinzugewonnen. Wir sind eine der baumreichsten Großstädte Deutschlands. Was spricht dagegen, der Bielefelder Bevölkerung, die durch die Trockenheit, die Hitze oder den Borkenkäferbefall, sehr sensibilisiert worden ist, was Bäume anbelangt, zu vertrauen? Es muss auch ohne den Zwang einer Baumschutzsatzung gehen. Es mag das Recht einer Stadt sein, eine solche Satzung zu beschließen. Aber es wird immer gesagt, dass Bürgerbeteiligung wichtig ist. Dazu gehört aber auch, dass man den Bürgern vertraut. Für die Baumschutzsatzung sollen auch noch drei zusätzliche Stellen im Umweltamt geschaffen werden. Diese Leute sollen die Bürger beraten, sie sollen die Anträge prüfen und sollen die Bäume vor Ort kontrollieren. Das ist einfach zuviel Bürokratismus. Der Einzelfall soll dann innerhalb von vier Wochen bewältigt werden. Das wird kaum zu schaffen sein. Das Einzige, woran ich mich störe, sind die Investoren, die für ihre Projekte erst einmal prophylaktisch Bäume fällen. Da kann man im Baurecht vielleicht vorgreifen und das verhindern. Das sollte aber nicht beim Baum in einem Privatgarten gelten. Ein Beratungsangebot gab es auch schon in der jetzt auslaufenden Baumerhaltungssatzung. Das hat auf freiwilliger Basis funktioniert. Ich gehe davon aus, dass keiner ohne Not einen Baum in seinem Garten fällt. Die Menschen sind sehr sensibel geworden in dieser Frage. Was ich aber befürchte, ist, dass nun noch viele recht junge Bäume, die noch gar nicht die Umfanggrenzen erreicht haben, gefällt werden. So werden viele versuchen, sich der Regelung zu entziehen.

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