Bielefelder gehen mit selbstgebautem Wohnmobil fünf Jahre auf Weltreise

Bielefeld. Wann, wenn nicht jetzt. Sohn Dominik steht mit 23 Jahren selbst seinen Mann, die eigenen Eltern sind noch fit, der Mut und das nötige Quäntchen Verrücktheit sind da. Darum haben Daniela und Dennis Vinz ihre Zelte in Bielefeld abgebrochen und sind am Mittwoch auf ihre Weltreise gestartet. Mindestens fünf Jahre wollen sie rund um den Globus unterwegs sein. Mit &bdquo;Snorre“, ihrem riesigen selbstgebauten Expeditionsmobil. Dieses wird für die Bielefelder nicht nur Lebensraum sein, sondern regelmäßig zum rollenden Klassenzimmer werden, aus dem gesendet wird. Für ihren Lebenstraum hat das reiseerfahrene Paar vor etwa 15 Monaten seine beiden großen Mobilheime verkauft, in denen es fünf Jahre als Dauercamper gelebt hat, ist in eine kleine Mietwohnung gezogen und hat sich stattdessen für 20.000 Euro einen 27 Jahre alten Feuerwehr-Rüstwagen gekauft, der allerdings erst 19.500 Kilometer drauf hatte. Dann haben sich die beiden, die im Leben noch kein Fahrzeug selbst ausgebaut haben, an die Planung gemacht: 1.824 Stunden oder umgerechnet 78 Tage lang. Der Um- und Ausbau selbst hat dann &bdquo;nur“ eineinhalb Jahre gedauert: in 1.372 Stunden – neben der normalen Arbeit. Untergekommen ist &bdquo;Snorre“, der ja ein bisschen mehr Platz in der Garage braucht (3,92 Meter hoch, 2,47 Meter breit, 11,5 Tonnen Gewicht), in einer Halle von Henrich Grautoff im Business-Park Bielefeld-Süd an der Gildemeisterstraße. Dominik Vinz, der als Elektriker nebenan bei Gildemeister im Einsatz ist, hatte mitbekommen, dass in der &bdquo;Blauen Halle“ zum rechten Zeitpunkt richtig viel Platz war und noch dazu ein Schwerlastkran zur Verfügung stand. Anfangs sei er skeptisch gewesen, räumt Grautoff ein. Aber das sei schnell gewichen, als er gesehen habe, Daniela und Dennis Vinz meinen es ernst. Er findet es &bdquo;spektakulär“, was die beiden in seiner Halle auf die Beine gestellt haben. Bis zu vier Wochen mit &bdquo;Snorre“ autark Das allradgetriebene Expeditionsmobil ist, auch mit Hilfe von Sponsoren, so ausgestattet, dass es drei bis vier Wochen vollkommen autark ist: Solaranlage auf dem Dach, Notstromaggregat, Seilwinde, Lastenaufzug, 350 Liter Frischwasser- , 700 Liter Dieseltank, Klimaanlage, Waschmaschine, Kühl- und Gefrierschrank, Gaskocher, Backofen, Outdoorküche. Die Wasseraufbereitung inklusive UV-Licht-Anlage macht sogar aus Brackwasser sauberes Trinkwasser. Die Fenster sind bis 6.000 Höhenmeter tauglich, der Motor ebenfalls mit Höhenkit versehen, damit ihm nicht die Luft ausgeht. Zwei riesige Ersatzräder mit je einem Meter Durchmesser am Heck, dazu E-Bikes samt Gepäckanhänger für die kleinen Fahrten ums Eck, wenn &bdquo;Snorre“ mal nicht durch irgendwelche Altstadtgassen passt. (Wer mehr wissen will, Familie Vinz hat den kompletten Umbau, der 70.000 Euro gekostet hat, dokumentiert – auf youtube zu finden und www.offroadminds.com.) &bdquo;Offroadminds“ haben die beiden ihr Projekt genannt. Abseits ausgetretener Pfade wollen die 44-jährige Büroangestellte und der 49-jährige Elektriker reisen. Dort wollen sie schauen, was sie für sich selbst und für andere erfahren können, wie es Dennis Vinz ausdrückt. Bilder, Erlebnisse, Reiseberichte, Rezepte wollen sie mit allen Interessierten teilen. Vor allem Kinder und Jugendliche wollen die Offroad-Nomaden mitnehmen, ihnen die Welt ins Klassenzimmer bringen. Dafür reist auch ein Braunbär die ganze Zeit mit. Bär Toni haben Daniela und Dennis Vinz am Freitag in der Münchener Grundschule Bauhausplatz abgeholt. Die Schülerinnen und Schüler werden der Reise in Tonis Blog folgen, und regelmäßig wird es Online-Schalten ins Expeditionsmobil geben. Erdkunde, Sozialkunde, Naturwissenschaften – Unterrichtsstunden der anderen Art. Online-Unterricht aus dem Expeditionsmobil Zustande gekommen ist das Projekt dadurch, erzählt Daniela Vinz, dass sie Kontakt zu Uta Hauck-Thum aufgenommen hat. Sie ist Professorin an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, Fachfrau für die Erweiterung von Lehr- und Lernräumen, vor allem auf Basis des Digitalen. Mittlerweile haben bereits sieben weiter Schulen Interesse an &bdquo;Offroadminds“ bekundet, und es dürfen gerne mehr werden. Nach der Abschiedstour bei der Familie quer durch Deutschland, gibt es noch einen kleinen Umbau-Erholungsurlaub in Portugal, dann ist Marokko die erste offizielle Station der Weltreise. Daniela und Dennis Vinz wollen den afrikanischen Kontinent entlang der Küsten gegen den Uhrzeigersinn bereisen. &bdquo;Quer durchs Land ist derzeit nicht so gut“, sagt die 44-Jährige. Im Anschluss soll es über Saudi-Arabien und Dubai dann per Schiff nach Indien, Nepal und Tibet in die Mongolei gehen. Die Bielefelder sind für ihre Reise sogar offiziell mit je zwei Reisepässen ausgestattet, damit sie im Bedarfsfall tatsächlich jede Grenze überschreiten können, ohne durch Passeinträge einander feindlich gesinnter Länder ausgebremst zu werden. Ukraine-Krieg hat die Pläne durchkreuzt Gerne würden die beiden auch Sibirien bereisen, aber die politische Lage steht dem nach dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine entgegen. Der Krieg habe auch die ursprüngliche Reiseroute geändert, die zunächst nach Norden via Finnland nach St.Petersburg führen sollte, schildert Dennis Vinz. Aber jetzt sind die beiden Abenteuer erst einmal froh, dass es nach so langer Planungs- und Bauphase tatsächlich losgeht. Enden soll der Trip dann irgendwann einmal in Kanada. &bdquo;Snorre“ soll dort auf dem eigenen Grundstück stehen. Die Einwanderungserlaubnis haben die beiden Globetrotter bereits beantragt.

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