Historisches Fachwerkhaus im Bielefelder Norden: Liebhaber für Kleinod gesucht

Bielefeld. Das Projekt ist ehrgeizig. Am Ende soll neben mehreren Wohnprojekten, die auf einem rund 10.350 Quadratmeter großen Areal an der Loheide entstehen, auch ein Fachwerkhaus in neuem Glanz erstrahlen. Wie berichtet, haben die Bauträger Herzog und Kordtomeikel aus Gütersloh das Grundstück gekauft und planen mit der Volksbank-Tochter Geno eine Wohnnutzung. &bdquo;Vieles im Haus ist noch wunderschön erhalten“, schwärmt Werner Kordtomeikel. Weil es vermehrt Anfragen von Heimatvereinen und Nachbarn gegeben hatte, betont Immobilienberater Christian Steinpass (Geno), dass das historische Gebäude unter Denkmalschutz steht und demzufolge auch nicht abgerissen wird. Gesucht werde nun ein Käufer, der das Haus saniere und einer neuen Nutzung zuführe. &bdquo;Möglich wäre auch, darin Büros unterzubringen, eine so genannte stille gewerbliche Nutzung“, sagt Steinpass. Die Wohnfläche betrage rund 300 Quadratmeter. Das Grundstück sei etwa 2.650 Quadratmeter groß. Bunter Anstrich zeugt von einer ehemaligen Wohngemeinschaft Beim Betreten der Räume in dem laut Balkeninschrift 1825 errichteten Gebäude fallen vor allem die Details auf. Nachbarin Karin Upmeyer zu Altenschildesche weiß, dass zuletzt mehrere Familien in einer Art Wohngemeinschaft in dem Anwesen gelebt haben. Das belegt auch der bunte Anstrich der Wände. Seit einigen Jahren steht das historische Haus, zu dem ein Anbau von 1900 gehört, leer. Die Hotelbesitzer Gartemann hatten das Fachwerkhaus gekauft, um es als Erweiterung des Hotels zu nutzen. Dazu kam es dann nicht mehr. Ursula und Gerhard Vahle berichten in Ihrem Buch &bdquo;850 Jahre Vilsendorf“ darüber, dass die Stätte bereits 1705 von Wilm Wördeheck gegründet wurde. Der Name Welhöner taucht erstmals im 18. Jahrhundert auf. Der Zimmermeister Johann Hermann Welhöner heiratete 1749 Anna Ilsabein Frentrup. Mehrere Söhne traten in die Fußstapfen von Vater und Großvater und wurden ebenfalls Zimmerleute. Der Name Welhöner als Baumeister kann von 1731 bis 1831 mindestens 118 Mal nachgewiesen werden. Eine Besonderheit sind die geschnitzten Engel in den Schrägbalken der Torbögen. Der Historiker Joachim Wibbing berichtet, dass das erste Haus mit Welhöner-Engeln ab 1778 an der Hainteichstraße, Ecke Voltmannstraße, stand. Zimmermeister Welhöner hat die geschnitzten Engel "erfunden" Im Bauernhausmuseum läuft zurzeit eine Ausstellung zu den sogenannten Engelhöfen. Ilse Uffmann bringt jährlich einen Fotokalender mit Beispielen dieser kunstvollen Verzierungen heraus. Später wurde die Besonderheit von anderen Baumeistern übernommen und abgewandelt. Als er sein eigenes Haus auf der Loheide 1825 baute, verwendete Friedrich Wilhelm Welhöner keine Engel als Verzierung, sondern eine Rosette. Dessen Sohn Friedrich Wilhelm junior verkaufte den Besitz 1834 an Casper Henrich Tödheide für 2.000 Taler. Sohn Friedrich Tödheide ließ um 1900 einen für die Gegend vornehm aussehenden Anbau errichten. Besondere Zierde ist bis heute das Türmchen mit der Wetterfahne. Die Figuren sollen seine drei Töchter Cläre, Elli und Lussi darstellen. Nach dem Tod von Friedrich Tödheide bewohnte Lussi das Haus. Sie war mit dem Apotheker Egbert Vinke verheiratet und hatte einen Sohn. Die Nachkommen verkauften das Anwesen 1970 an die Familie Sassen, die die Gebäude renovierte. Stadtbildprägender Ankerpunkt Während der jüngsten Sitzung der Bezirksvertretung Jöllenbeck fragte eine Anwohnerin, warum die Öffentlichkeit im Vorfeld nicht über das Bauvorhaben informiert worden sei. Arne Steinriede vom Bauamt erklärte, dass für das insgesamt rund 10.350 Quadratmeter große Areal kein Bebauungsplan vorliege, weil es sich im Innenbereich befinde und in die Nachbarschaft einfüge. Somit bestehe Baurecht. Wenn ein Bauantrag gestellt werde, müsse die Verwaltung ihn genehmigen. Das denkmalgeschützte Haus stehe &bdquo;nicht zur Debatte“. Für Silke Plate ist das Fachwerkhaus ein &bdquo;Magnet im Quartier“, der &bdquo;wichtig für das Stadtbild“ ist. Die Vilsendorferin meint, dass Menschen &bdquo;stadtbildprägende Ankerpunkte“ brauchen, um sich mit ihrem Stadtteil zu identifizieren. &bdquo;Das ist ein Pfund, mit dem wir wuchern können“, sagt die Übersetzerin, die hofft, dass sich ein Liebhaber findet, der das Gebäude saniert. Alte Kachelöfen bilden einen Blickfang im fast 200 Jahre alten Hof, ebenso die individuell gestalteten Holztüren. Gut erkennbar ist, wo früher die Pferde und Kühe untergebracht waren. Nach der Sanierung soll der Charakter des Deelentores erhalten bleiben. Decken mit Stuckelementen Werner Kordtomeikel geht davon aus, dass die Einbauschränke und weiteren Elemente im Originalzustand bestehen. Im Anbau hat er einen Schrank entdeckt, der als Waffenschrank genutzt worden sein könnte. Die 3,50 Meter hohem Räume weisen Stuckelemente auf. Ein größerer Raum könnte als Empfangsraum gedient haben. Ursula und Gerhard Vahle haben herausgefunden, dass es damals für die Kinder aus der Nachbarschaft ein besonderes Vergnügen gewesen ist, von ihrem Spielgefährten Hubert Vinke in das &bdquo;vornehme“ Haus mit dem großen Garten eingeladen zu werden. Schon um 1920 habe es eine Gästetoilette mit Wasserspülung gegeben, während auf dem Lande sonst das &bdquo;Plumpsklo“ üblich gewesen sei.

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