Überraschend gut ist das Essen in Bielefelds Kitas - doch es geht noch mehr

Bielefeld. Wie schön essen sein kann, zeigen uns oft Franzosen, Italiener, Spanier. Es wird frisch gekocht, mit Liebe zubereitet, gemeinsam und mit viel Zeit zusammen gegessen. Essen darf etwas kosten, schafft Gemeinschaft. Ganz nach dem Zitat: "Essen hält Leib und Seele zusammen." Weil der Ernährungsrat aber sieht, dass Essen bei uns immer mehr zur Randnotiz wird, setzt das Gremium mit seinen Ehrenämtlern auf die Kleinsten. In Kitas, so Bettina Willner (Verbraucherzentrale/Ernährungsrat), könne noch gut für gemeinsames, wertiges Essen geworben werden. Und so in die Familien abstrahlen, den Kindern etwas mitgeben fürs Leben. Seit Jahren wird in vielen Kitas daran gearbeitet, das Essen als besonderen Wert, als Bildungswert, zu verstehen. Nun wurde nachgefragt. 210 Kitas wurden angeschrieben, 65 antworteten. Vorgestellt wurden die Ergebnisse jetzt in einer Kita, die nicht zufällig ausgesucht wurde - der AWO-Kita in Vilsendorf. Frisch ausgezeichnet als "Kita auf Erfolgskurs" bei Verpflegung und Ernährungsbildung - als erste in Bielefeld. Hier kocht seit zehn Jahren Köchin Iris Knubel. Mit Leidenschaft. Hier wird gemeinsam gegessen, saisonal und biologisch wertvoll gekocht und gebacken. Immer frisch. Auch das Brot. Fußballsuppe und Piratenerbsen Hier werden Kinder spielerisch ans Essen herangeführt, an neue Gerüche, neue Geschmäcker, ans Kochen. Auch über kreative Namen fürs Essen, quasi als Türöffner. Hier gibt es die Fußballsuppe, eine Linsensuppe, dunkel, mit hell herumschwimmenden Linsen als Fußbälle. Und Piratenerbsen gibt's, die auch als Kanonenkugeln gelten, weil sie einfach immer wieder über den Tellerrand hinausschießen beim Aufpieken. Kita-Leiterin Michaela Tappe: "Beim Essen wird es schnell spannend - bei uns gibt es auch lilafarbene Möhren und wir bereiten sogar Grünkohlchips zu." Knubel: "Eltern fragen mich immer wieder mal nach Rezepten." Einmal die Woche gibt es Fleisch, einmal die Woche Fisch. So, wie es die Gesellschaft für Ernährung empfiehlt. Alles aus der Frischeküche. Ein Drittel der Kitas hat eine Frischeküche - die anderen beiden Drittel bekommen Tiefkühl-Essen oder das Essen vom Caterer angeliefert. Von diesen beiden letzten Dritteln wünscht sich die Mehrzahl ebenfalls eine Frischeküche. Doch es fehlt an folgendem: am häufigsten an Personal, es folgen die passende Küchenausstattung und fehlende Räume - und dann kommen Kosten, die nicht gestemmt werden könnten. Bio, regional, saisonal Unter dem Strich aber sind Kitas bereits heute ein Ort, an dem laut der Umfrage relativ gut gegessen wird. Noch gibt es im Schnitt etwas zu häufig Fleisch, aber zwei Drittel der Kitas bieten täglich Rohkost, Obst und Gemüse sowie drei Viertel aller Kitas ein- bis zweimal die Woche Hülsenfrüchte. Bio-Lebensmittel sowie saisonale und regionale Produkte sind kein Standard, aber verbreitet. Konkreter: Mehr als 50 Prozent anteiliges Essen in Bio-Qualität bieten gut die Hälfte aller Kitas, ähnlich hoch ist die Quote beim Stichwort "regional", etwas höher beim Stichwort "saisonal". Dass bio nicht immer deutlich teurer sein muss, betont Regine Thamm-Wind von der Stadt und aus dem Ernährungsrat. So könnten über Nudeln und Kartoffeln die Bio-Anteile angehoben werden. Bio-Fleisch hingegen verteure Bio-Gerichte massiv. In Zahlen: In Kitas mit mehr als 50 Prozent Bio-Anteil liegen die monatlichen Kosten im Schnitt bei 60 Euro, in Kitas unter 50 Prozent Bio-Anteil im Schnitt bei 51 Euro. Die Spannweite der monatlichen Kosten reicht übrigens von 35 bis 75 Euro, im Schnitt sind es 55 Euro. Vergleiche sind aber komplex, spielen auch Frühstücksangebote mit hinein sowie die Frage, wie das kochende Personal abgerechnet wird. Übrigens: Kulturelle Essensgewohnheiten werden in sechs von zehn Kitas berücksichtigt. "Noch Luft nach oben" Unter dem Strich, so Willner, habe die Umfrage ein gutes Ergebnis erbracht, aber auch eines, "das noch Luft nach oben hat". Thamm-Wind hebt qualitativ die AWO hervor, wünscht sich, dass die Kitas und die Träger sich mehr vernetzen, mehr voneinander lernen. Und die Kitas wünschen sich - mehr als alles andere - mehr Personal, um das Thema Essen weiter aufwerten zu können. Und die Eltern? Tappe: "Das Essen ist in fast jedem Aufnahmegespräch Thema." www.kita-schulverpflegung.nrw

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