Unternehmer platzt der Kragen: „Plätze in Bielefeld sind eine Katastrophe“

Bielefeld. Wilken Kisker hat sich als Ort für das Kaffeegespräch den Süsterplatz ausgesucht. Er mag diesen Ort, trinkt hier gerne mittags einen Kaffee und genießt die Atmosphäre. Zu Beginn des Gespräches macht er ein ernstes Gesicht und kneift die Augen zusammen. &bdquo;Um es gleich vorwegzunehmen“, sagt er: &bdquo;Wir haben in Bielefeld seit 50 Jahren keinen Politiker mehr, der ein Konzept zur Stadtgestaltung hatte oder hat.“ Die Planlosigkeit dieser Stadt sei der Kern des Problems. Schon lange wundere er sich über die &bdquo;unglaubliche Mittelmäßigkeit unseres politischen Personals.“ Seine für die Bielefelder Politik wenig schmeichelhafte These wird Kisker im Laufe des Gesprächs noch ausführen. Zunächst ist wichtig zu wissen, dass der Mann mit dem Einstecktuch in der Brusttasche sich viele Gedanken über die städtebauliche Situation in Bielefeld macht. Kisker, dessen Familie und die Firma AW Kisker gehören zu den ältesten Anliegern des Süsterplatzes. In der Ritterstraße 19 befindet sich der Firmensitz. Ab 1844 lebte hier sein Urgroßvater August Wilken Kisker. Die Familie habe in den 90er Jahren maßgeblich zur Aufwertung des Platzes beigetragen. Vor sei er eher ein Parkplatz gewesen. Kisker verwaltet mehrere 100 Wohnungen Kisker gehört zur fünften Generation eines Familienunternehmens, das auf eine wechselvolle Geschichte zurückblickt. 1837 vom Urgroßvater als Leineweberei gegründet, ist es inzwischen ein Immobilienunternehmen, das mehrere 100 Wohnungen verwaltet. Wilken Kisker legt Wert auf Ästhetik. Er investierte in Gebäude in der Altstadt und in Milse, wo er mit dem denkmalgeschützten Wasserturm und einem fünf Hektar großen Werksgelände einen Gewerbepark aufbaute. In der Altstadt hat er das Gebäude Mauerstraße 8/Obertorwall saniert. Das Haus, in dem sich die dänische Designer-Möbelkette BoConzept befindet, hat Kisker aufwendig saniert und die expressionistische Front in einem Terracotta-Ton putzen lassen. "Die meisten Plätze haben in Bielefeld das Wort Platz nicht verdient" Vor 20 Jahren hat er die Gastronomie (heute &bdquo;3Eck“) im auffälligen Eckgebäude am Süsterplatz eingerichtet und die markante Fassade wieder hergestellt. &bdquo;Das hat die Aufenthaltsqualität enorm gesteigert“, sagt er. &bdquo;Dieser Platz funktioniert jetzt gut.“ Ganz im Gegenteil zu vielen anderen Orten der Stadt, wie er findet. Die meisten Plätze in Bielefeld hätten den Namen Platz nicht einmal verdient. &bdquo;Architektonisch ist das Meiste eine Katastrophe.“ Ein Beispiel sei der Schillerplatz, der früher ein wunderbarer Platz vor dem alten Rathaus gewesen sei und wo heute die Stadtbahn aus dem Boden komme. Die Verkehrsführung ist ein großes Defizit Ein großes Defizit sei die Verkehrsführung. Das bringt ihn zum Verkehrsversuch in der Altstadt. An dem Projekt, das 2019 startete, lässt er kein gutes Haar. Vor allem die &bdquo;undurchdachte Verbannung“ des Autos aus dem Altstadt-Hufeisen kritisiert er scharf. &bdquo;Hier wohnen so viele Menschen. Die müssen hier durchfahren dürfen.“ Es ginge nicht darum, vor dem Autoverkehr ein Kniefall zu machen. Noch seien aber viele Menschen auf das Auto angewiesen, vor allem diejenigen, die etwas zu transportieren hätten. Abgesehen davon müssten die Parkhäuser sowieso erreichbar bleiben. Ihm sei klar, dass nicht jeder mit dem Auto in die Altstadt fahren müsse. Auch nicht diejenigen, die dort arbeiten. Deshalb schlägt er vor, den Autoverkehr zu reduzieren, zu verlangsamen und zu verteuern. Er könne sich zum Beispiel eine Altstadtmaut gut vorstellen. Reduzierung der Parkplätze sinnvoll Auch die Reduzierung der Parkplätze am Straßenrand sei sinnvoll, um dafür Grünflächen zu schaffen. &bdquo;Ich habe der Stadt sogar vorgeschlagen, hier am Süsterplatz statt der Parkplätze ein großes Beet anzulegen und selber zu pflegen. Wir könnten auch Bänke hinstellen.“ Eine Antwort von der Stadt habe er aber bis heute nicht bekommen. Er mahnt, dass nach Ablauf der Testphase des Altstadtprojektes der zweite Anlauf besser gelingen müsse. Dafür sei eine bessere Kommunikation gegenüber den Anwohnern wichtig. Beim letzten Mal hätten Sie aus der Zeitung erfahren, was vor ihrer Haustür passiert. &bdquo;So nimmt man keine Leute mit.“ Überhaupt müsse die Politik mal in die Bevölkerung reinhorchen, was gewollt sei. Dafür brauche es Politiker, die die verschiedenen Interessen bündeln. Einmal alles auf Stopp setzen, um dann gemeinsam Lösungen zu finden. &bdquo;Das findet aktuell überhaupt nicht statt.“ Konservative und Sozialdemokraten blockieren sich In Bielefeld würde stattdessen alles im Stolpern entwickelt. &bdquo;Die Konservativen und die Sozialdemokraten blockieren sich seit Jahrzehnten im Stadtrat gegenseitig. Und an Ästhetik verschwende überhaupt niemand einen Gedanken bei der Entwicklung der Stadt. Die Altstadt ist für ihn ein gemütliches Wohnzimmer. &bdquo;Da, wo ich es gestalten kann, mache ich das.“ Aber das reiche eben längst nicht aus.

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