Bielefeld soll ein komplett neues Stadtviertel bekommen

Bielefeld. Für das rund 34 Hektar großen Areal der ehemalige Catterick-Kaserne an der Detmolder Straße hat die Stadt große Pläne. Sie will, dass dort weit über 1.000 neue Wohnungen, dazu Gewerbeflächen, Büros, Grünflächen und Kindergärten entstehen. Ende 2024 könnte es losgehen. Die Pläne für das alte Militärgelände sind schon in der Mache. Doch in den nächsten zwei Jahren wird dort noch die Bundespolizei Nachwuchskräfte für Einsätze auf Bahnhöfen und Flughäfen, an den Landesgrenzen oder gegen Schleuserkriminalität ausbilden. Polizeigewerkschaft will, dass Sicherheitskräfte bleiben Im September letzten Jahres hatte die Sicherheitsbehörde offiziell die neue Ausbildungsstätte in der Kaserne eröffnet und damit große Teile der Gebäude und des Areals, das dem Bund gehört, in Beschlag genommen. 445 Polizeianwärter, 140 Fachlehrer und 140 weitere Beschäftigte sind dort tätig. Mit der Stadt ist vereinbart, dass die Ausbildungsstätte nur bis 2024 betrieben wird. Doch jetzt hat sich die Gewerkschaft der Polizei (GdP) für den Standort starkgemacht. Ihr geht es besonders um die mehr als 100 zeitlich befristeten Beschäftigten. Die brauchten eine klare Perspektive vor Ort. Daher fordert die GdP eine &bdquo;Anschlussnutzung durch die Bundespolizei für bestehende und künftige Aufgaben über 2024 hinaus“. In Bielefeld kann sich besonders die CDU mit solchen Vorstellungen anfreunden. Bezirksbürgermeister Bernd Henrichsmeier hatte sich schon bei der Eröffnung dafür ausgesprochen, dass die Ausbildungsstätte dauerhaft bestehen bleibt. Es bliebe auch dann noch Platz für städtischen Wohnungsbau. Jetzt hat auch die neue CDU-Chefin Christiana Bauer erklärt: &bdquo;Wir müssen alles daransetzen, die Bundespolizei hier am Standort zu halten.“ Kein Bedarf in Sicht Dazu gibt es nun eine klare Absage von der Bundespolizei. Die erklärt auf Anfrage dieser Zeitung: &bdquo;Eine Bedarfsbegründung für die weitere Nutzung der großflächigen Liegenschaft Bielefeld über den September 2024 hinaus ergibt sich nach derzeitigen Planungen weder für den Ausbildungsbereich noch für sonstige Aufgaben der Bundespolizei.“ Der Nutzungszeitraum für die Bundespolizei-Ausbildungsstätte Bielefeld bestehe nur noch für zwei Jahre. Auch die weitere Verstärkung der Bundespolizei durch zusätzliche Planstellen in diesem Jahr sowie weitere Einstellungsmöglichkeiten in den nächsten Jahren führten &bdquo;aus aktueller Sicht“ nicht zu einem Ausbildungsbedarf in Bielefeld über September 2024 hinaus, teilt Bundespolizei-Sprecher Reto Jonkhans mit. Bauamt hat schon Pläne in der Schublade Die &bdquo;sonstigen bestehenden materiellen und personellen Ressourcen der Bundespolizeiakademie“ seien für die Nachwuchsausbildung auch ohne den Standort Bielefeld ab Ende 2024 &bdquo;derzeit ausreichend“. Damit wäre der Weg für die Stadt frei. Die will bis zum Abzug der Bundespolizei die Pläne für die künftige zivile Nutzung des Areals fertigstellen. Das Bauamt hat das Kasernengelände bereits untersuchen lassen. Ein sogenanntes Strukturkonzept zeigt, in welchen Bereichen des Geländes zwischen Detmolder Straße und Lipper Hellweg Wohnungen, Büros, Freizeiteinrichtungen, Gewerbe, Kindergärten sowie Grünflächen entstehen könnten. Wohnungen in ruhigeren Bereichen Für Wohnungen sind die Flächen im hinteren, von der Detmolder am weitesten entfernten Flächen vorgesehen. Nachdem Vorgaben der Bielefelder Baulandstrategie müsste ein großer Anteil davon zu bezahlbaren Wohnraum werden. Darüber hinaus sind Planungswettbewerbe in Vorbereitung. &bdquo;Dann sind die Pläne fertig, wenn die BuPo 2024 wie vorgesehen wieder abzieht. Wir verlieren keine weitere Zeit und könnten sofort mit der Umsetzung beginnen“, so Sven Dodenhoff vom Bauamt. Bund hat Millionen investiert Das Gelände müsste die Stadt aber dem Bund abkaufen. Der hat dort kräftig investiert und Gebäude (Büros, Unterkünfte, Hallen) herrichten sowie für drei Jahre vier gemietet Containeranlagen aufstellen lassen. In einer Halle wurde für Trainingszwecke ein Bahnsteig gebaut, an dem Zugwaggons aufgestellt wurden. Nach Angaben der Bundespolizei wurden für die gemieteten Container Kosten von 23 Millionen Euro veranschlagt. Für die Herrichtung der Gebäude, die renoviert, umgebaut und teils von Asbest befreit werden mussten, nannte die Bundespolizei zuletzt Kosten von 34 Millionen Euro. Insgesamt kommen so 57 Millionen Euro zusammen. Für die Polizeigewerkschaft sind diese Investitionen ein Grund für den Weiterbetrieb des Standorts. So würde etwa das sogenannte &bdquo;Puma-Gebäude“ 144 Einzelzimmer mit &bdquo;ansprechendem Hotelstandard“ bieten. Die Bundespolizei sagt dagegen, dass &bdquo;aufgrund der vorgesehenen temporären Nutzung 18 Gebäude mit einfachen Mitteln hergerichtet“ worden seien. Stadt muss tief in die Tasche greifen Wie viel die Stadt bezahlen muss, um das Gelände zu übernehmen, ist noch völlig offen. Für die ehemalige britische Wohnsiedlung an der Sperberstraße hatte es ein langwieriges Wertermittlungsverfahren gegeben, um den Kaufpreis zu bestimmen. Klar ist aber bereits, dass die Stadt unabhängig von der Kaufsumme zunächst tief in die Tasche greifen muss, um das Gelände zu entwickeln. Der &bdquo;Bericht zur vorbereitenden Untersuchung der Catterick-Barracks“ enthält Zahlen. Für Planung, Abriss von Gebäuden, Erschließung, für öffentliche Anlagen, den Bau eines Kindergartens und eines Stadtteilzentrums sowie für Entwicklungskosten werden dort 59,7 Millionen Euro veranschlagt – Stand August 2021. Der Grunderwerb ist dabei ausdrücklich nicht mit eingerechnet. Hohe Einnahmen werden erwartet Im Gegenzug darf die Stadt mit hohen Einnahmen rechnen. Die ergeben sich hauptsächlich aus dem Verkauf von Bauland für Wohnhäuser, Gewerbe und Nutzungen der unterschiedlichsten Art. 53,5 Millionen Euro, so der Bericht, werden dafür veranschlagt. Daraus ergäbe sich eine Finanzlücke von rund 6,2 Millionen Euro. Unter &bdquo;Berücksichtigung eines noch auszuhandelnden Kaufpreises“ würde sich daher nur durch &bdquo;weitere Optimierungen sowie durch den Einsatz von Fördermitteln eine wirtschaftlich tragfähige Entwicklung ergeben“, so der Untersuchungsbericht. Die Stadt hat für die ersten Planungen bereits einen kräftigen Landeszuschuss erhalten. Nun hofft sie auf weitere Gelder aus Düsseldorf und Berlin.

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