Paukenschlag: Warum der Bielefelder Leinewebermarkt jetzt vor dem Aus steht

Bielefeld. Es könnte die letzte Großveranstaltung in der Bielefelder City gewesen sein: Fünf Tage lang lief der Leineweber, 360.000 bis 380.000 Besucher kamen in die Innenstadt. Ein Erfolg für Veranstalter Bielefeld Marketing. "Wäre der Sonntag nicht so verregnet gewesen, wäre es wahrscheinlich ein Rekord-Leineweber geworden", sagt Martin Knabenreich, Chef vom Veranstalter Bielefeld Marketing. Was die Besucher nicht mitbekamen: Hinter den Kulissen brodelt es gewaltig. Deshalb stehen Leineweber und auch alle anderen innerstädtischen Veranstaltungen wie Weinmarkt und Weihnachtsmarkt jetzt vor dem Aus. "Die Rahmenbedingungen sind so nicht mehr tragbar", sagt Knabenreich. Er und Katharina Schilberg sowie Malte Kienitz aus dem Veranstalter-Team sprechen gar von verbalen Angriffen von Gastronomen und Händlern im Vorfeld der Veranstaltung. Einzelhändler soll Feuerwehr-Einsatz behindert haben "Ein Einzelhändler hat sogar einen Feuerwehr-Einsatz behindert, weil eine Mülltonne zwei Minuten vor seinem Schaufenster platziert werden sollte", so Schilberg. Anwohner seien beleidigend und bedrohend aufgetreten, so dass Bielefeld Marketing nicht mit einem gutem Gewissen die Veranstaltung habe durchführen können. "Wir haben den Eindruck gewonnen, an dem Stadtfest bestehe keinerlei Interesse", so Knabenreich. Die Zündschnur sei bei vielen nach der Corona-Zeit extrem kurz. So habe ihn ein Schulleiter morgens auf dem Privathandy aus dem Bett geklingelt, weil ein Kabel falsch verlegt worden sei, erzählt er. "Wir fragen uns, ob die Altstadt überhaupt will, dass sie belebt wird." "Wir lieben Stadtfeste, aber wir haben die Schnauze voll" Die Tonalität habe sich im Vergleich zu 2019 massiv geändert. "Ich muss meine Mitarbeiter schützen", sagt Knabenreich. Die Reaktionen kämen von einzelnen, nicht von der Kaufmannschaft Altstadt, der Werbegemeinschaft City oder gar der DEHOGA, berichtet Knabenreich weiter. Ganz im Gegenteil. "Die stehen hinter uns, es geht hier nicht um Institutionen." Aber es gebe den ein oder anderen, so Knabenreich weiter, der sich an die tote Innenstadt in Coronazeiten gewöhnt habe. "Wir lieben Stadtfeste, aber wir haben die Schnauze voll." Auf Nachfrage von nw.de hat sich am frühen Sonntagabend auch Oberbürgermeister Pit Clausen (SDP) dazu geäußert. Er sei an mehreren Tagen selbst vor Ort gewesen. "Dabei hatte ich bei den Besucherinnen und Besuchern, aber auch bei den Schaustellerinnen und Schaustellern das Gefühl, dass sie sich auf den Leinwebermarkt gefreut haben", berichtet er. Die Menschen hätten nach der langen Corona-Pause wieder richtig Lust, sich bei Musik und Leckereien mit Freunden zu treffen, so Clausen weiter. "Dieses positive Bild wird durch die Schilderungen von Martin Knabenreich getrübt. Die Hinweise sind sehr ernst zu nehmen. Wir werden sie zum Thema in den zuständigen Gremien machen. Wir brauchen definitiv eine Diskussion über den richtigen Umgang miteinander.“ "Ein Fest, das die Leute anzieht" Auch die Bielefelder Kaufleute haben wenig Verständnis für die Kritik von Anwohnern & Co. Henner Zimmat, Vorsitzender der Kaufmannschaft Altstadt: "Bielefeld lebt, so wie lange nicht mehr. Das waren tolle Tage, gut organisiert. Das braucht Bielefeld als Oberzentrum. Wir nehmen den Leinewebermarkt mit Kusshand nach dem Verkehrsversuch. Bei mir ist keine Beschwerde eingegangen. Die, die Kritik üben, sollten wissen, dass sie davon profitieren, dass so viele Menschen in die Stadt kommen." Thomas Kunz, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes OWL: "Wir sind froh, dass der Leinewebermarkt wieder stattfindet. Er ist gut angekommen. Wenn einzelne Probleme hatten, kann ich das nicht nachvollziehen. Es ist ein Fest, das die Leute anzieht." Auch Johannes Göke von der Werbegemeinschaft City ist enttäuscht: "Es ist schade, dass ein paar Leute die Stimmung kaputt machen." Keine städtische Veranstaltung Der Leineweber ist keine städtische Veranstaltung. Veranstalter Bielefeld Marketing ist eine GmbH, Gesellschafter sind die Bielefelder Beteiligungs- und Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH (BBVG, 51 Prozent), der Verkehrsverein Bielefeld (20 Prozent), Pro Einzelhandel OWL GmbH (19 Prozent) und der Verband für das Gaststätten und Hotelgewerbe Ostwestfalen (10 Prozent).

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