Tipp: So lecker sind die kulinarischen Stadtspaziergänge in Bielefeld

Bielefeld. Die Suche nach geeigneten Einkehrmöglichkeiten für die neue, die fünfte Route der beliebten &bdquo;Kulinarischen Spaziergänge“ von Bielefeld Marketing, blieb ohne Ergebnis. Im Viereck Neustädter Viertel zwischen Kreuzstraße, &bdquo;Park der Menschenrechte“, Am Bach und Siekerwall gibt es zwar einige gastronomische Angebote, sie sind aber zu klein, um eine stadtgeschichtlich interessierte Gruppe von etwa zwanzig Personen gleichzeitig verköstigen zu können. So blieb den Organisationsteam um Stadtführerin Gerlinde Salzmann nur die Option der &bdquo;Grenzüberschreitung“ von der Historischen Neustadt in die Altstadt; Checkpoint: Waldhof, aber dazu später. Die Entstehungsgeschichte dieser Historischen Neustadt steht im Zentrum der Ausführungen von Gerlinde Salzmann, flankiert von etwas lokaler Religionsgeschichte im Schatten der Neustädter Marienkirche, wo die Exkursion ihren Anfang nimmt. Am Kirchengemäuer ist eine Gedenktafel für Herrmann Hamelmann angebracht, seine Predigten in Bielefeld, Mitte des 16. Jahrhunderts, ebneten in ganz OWL dem Protestantismus den Weg. Ein paar Meter entfernt steht ein stattlicher Baum, die Friedenslinde, gepflanzt nach dem 30-jährigen Krieg, hundert Jahre nach Hamelmann. 12 Stadtführer Weitere hundert Jahre später, anno 1767, und die Reisegruppe ist nun in einem Hinterhof &bdquo;Am Gehrenberg“ angekommen, wurde ein Türsturz über dem barocken Ladeneingang eines jüdischen Händlers angebracht. Der Sturz hat überlebt, der Rest des Gebäudes wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Viele solcher versteckten Kleinode kommen zum Vorschein. Zurück zu den Bäumen und den Linden. Unter diesen wurden im Mittelalter den Gaunern der Prozess gemacht und nicht etwa im Landgericht. Erst seit 1878 tagen und (ver-)urteilen hier die Richter und Rechtsgelehrten. Ein weiterer Baum gerät im Vorbeigehen in den Fokus der Reisegruppe: die Platane &bdquo;Am Bach“ Ecke Niederwall hat auch schon beachtenswerte 300 Lenze auf dem Buckel. Wegen ihr musste die aktuelle Lutterfreilegung einen großen Bogen machen. Ein Steinwurf entfernt die &bdquo;Schmale Gasse“. Diese hieß früher Rosengasse und war – &bdquo;Rote Rosen soll man küssen“ – das Rotlichtviertel längst vergangener Tage. Unzählige Anekdoten, Bonmots und verbale Gadgets sprudeln während der vierstündigen Exkursion aus der erfahrenen Stadtführerin heraus, immer wieder bleibt sie stehen an Stellen, die zunächst unscheinbar anmuten, aber hinter vielen Hausfassaden steckt viel Geschichte. So kramt sie an der Breiten Straße &bdquo;Charlie“ aus der Tasche. Dieses, von Wandergesellen in die ganze Welt getragene Tuch hatte diesen Spitznamen, es wurde, als &bdquo;Büddel“ verschnürt. In diesem wurde das ganze Hab und Gut der Reise-Handwerker transportiert. Hüftsteaks in Schalotten-Ingwer-Butter Produziert worden ist es hier, im Berufsbekleidungsfachgeschäft von Moses Mosberg in der Neustadt. Historische Fakten an jeder Straßenecke und die Gruppe der Flaneure hört interessiert zu – Fakten, die selbst eingefleischte Bielefelder in Erstaunen versetzt. Und noch ein Baum taucht auf: die Beuys-Eiche, gepflanzt vor genau vierzig Jahren im &bdquo;Park der Menschenrechte“, zu erkennen an der Basalt-Stele neben dem Stamm. Wissensdurst macht hungrig. Zum Konzept der &bdquo;Kulinarischen Spaziergänge“ gehört sicher kein knurrender Magen. Im &bdquo;Peppers“ am Niederwall, dem &bdquo;Blockhouse“ in der Obernstraße und der &bdquo;Alex Brasserie“ an der Ecke Goldstraße (allesamt außerhalb der Historischen Neustadt – wie eigangs erwähnt), warten nicht nur reservierte Tische auf die Reisegruppe, auch gefüllte Tacos mit Avocado-Dip, Hüftsteaks in Schalotten-Ingwer-Butter und final Erdbeereis-Croissants in der sich eine sündige Vannille-Sauce verbirgt, sehnen die Gästeschar herbei. Ein Konzept, das vollends aufgeht: über 2.000 Wandersleut’ begleiten jährlich die zwölf Stadtführer bei ihren Exkursionen. Spaziergänge &bdquo;Entlang des leinenen Fadens“, &bdquo;Durch die Altstadt“, &bdquo;Vom Spinnrad zur Stadtmauer“, &bdquo;Rund um den Siggi“ und nun auch &bdquo;Durch das Neustädter Viertel“. Vierzehn Restaurants machen bei dem touristischen Juwel mit. 45 Euro kostet dieses kurzweilige Vergnügen für alle Sinne, buchbar unter www.bielefeld.jetzt/kulinarisch, bei der Tourist-Information im Neuen Rathaus oder unter Tel.: (0521) 516999. Auch private Gruppenreservierungen sind auf Anfrage möglich. Und wie kam die studierte Sprachwissenschaftlerin Gerlinde Salzmann auf die Idee, als Stadtführerin in Bielefeld anzuheuern? &bdquo;Das ist zwar dreißig Jahre her, aber ich erinnere mich gut: ich las damals das Stellenangebot auf der Kleinanzeigen-Seite bei der NW“. Salzmann fügt hinzu: &bdquo;Und ich lerne bei jedem Spaziergang was Neues dazu“.

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