Sagenhafter Kaufpreis: Wahnsinns-Gebot für Abrisshaus in Bielefeld

Bielefeld. Mit einem sagenhaften Kaufpreis sprengte ein Bieter bei der Zwangsversteigerung Mitte der Woche in der Bielefelder Stadthalle die Relevanz der Bodenrichtwerte. Der liegt laut jüngster Taxierung durch den Bielefelder Gutachter-Ausschuss bei 570 Euro pro Quadratmeter für die beidseitige Bebauung direkt entlang der Detmolder Straße - vom Ende der Kreuzstraße bis zum Beginn der Teutoburger Straße. Kurz hinter der Baustelle "Tor zur Mitte" liegt auch das Objekt des Interesses, das am späten Dienstagmorgen in der Stadthalle unter den Hammer kam. Rechtspflegerin Anja Gellert begrüßte zur Zwangsversteigerung im kleinen Saal von der Bühne herab 25 potenzielle Käuferinnen und Käufer. Die Bieter-Kandidaten nahmen Platz an den Tischen, blätterten im Dossier, suchten vergeblich ein öffentliches WLAN für Ihre Smartphones, lauschten andächtig den einleitenden Worten der Fachfrau für amtliche Auktionen. Gellert stellte das Objekt vor: Das Einfamilienhaus mit Geschäftseinheit im Erdgeschoss stehe auf einem 431 Quadratmeter großem Grundstück, auf das im Grundbuch noch ein Wegerecht für den Nachbarn eingetragen sei, das auch über den Kauf hinaus Bestand habe. Zudem listete sie noch diverse Forderungen von Gläubigern auf, die auf der Immobilie lasteten. Die sollten aus dem erzielten Kaufpreis bedient werden. Ein Gutachter hatte den Wert der Immobilie auf rund 190.000 Euro geschätzt und den Abriss des Hauses empfohlen, in dessen Hof auch ein kleines Garagengebäude steht. Mit einem theoretischen Quadratmeterpreis von 441 Euro ging die Behörde in den Bieterwettbewerb. Die mussten sich zum Auftakt ausweisen, eine Sicherheit von 19.000 Euro hinterlegen und ein erstes schriftliches Gebot abgeben. Der Reigen begann bei 100.000 Euro, die Gebote stiegen moderat an - und explodierten plötzlich. Am Ende der ersten Runde lag die Ansage des zehnten und letzten offiziell zugelassenen Bieters bei 220.000 Euro und damit bereits 16 Prozent über dem Verkehrswert. Damit kletterte der Quadratmeterpreis schon mal auf 510 Euro. Und das war erst der Anfang. Quadratmeterpreis in die Höhe katapultiert Verlief das Verfahren bis zu dem Zeitpunkt in unaufgeregter Routine, so gewann es schlagartig an Dynamik, als sich die Kontrahenten per Zuruf von ihren Plätzen aus melden durften - und es entbrannte ein intensiver Zweikampf der Höchstgebote: 240.000 Euro lautete die Antwort, 250.000 kam als nächste Kampfansage. Das Duo schaukelte sich im Halbminutentakt hoch bis auf 310.000 Euro. Murmeln im Saal, von der Bühne meldete sich Anja Gellert zu Wort, wiederholte das jüngste Gebot, hob das Hämmerchen und ihre Stimme: "Zum Ersten" - doch weiter kam sie nicht, denn wie aus dem Nichts rief plötzlich eine dritte Partei: "320.000". Der Junior-Vertreter eines Familien-Konsortiums machte die Ansage fast aus der letzten Reihe. Bietende und Zuschauer drehten sich um, schwiegen, tippten auf Telefonen. Die neue Offerte katapultierte den Quadratmeterpreis auf sagenhafte 742 Euro - 30 Prozent über dem Bodenrichtwert. Wieder Murmeln im Saal: Wie werden die beiden Duellanten auf die Kampfansage reagieren, bietet noch einmal jemand mehr und schraubt die Preisspirale weiter in die Höhe? Rechtspflegerin Gellert wollte gerade wieder ihres Amtes walten und das Hämmerchen schwingen, da erklang abermals die mittlerweile vertraute Stimme durch den Saal: 330.000 Euro. Jetzt ging ein Raunen durch den Raum, sprang doch der Quadratmeterpreis gerade auf satte 766 Euro. Nördlich des Grundstücks liegt der Bodenrichtwert bei 620 Euro, südlich bei 700 Euro. Damit setzte der Bieter für den Moment eine neue Bestmarke für den Erwerb einer citynahen Bruchbude. Ein Plus von 34 Prozent zum gegenwärtigen Bodenrichtwert. Und so erklärte der Käufer seine Risikofreudigkeit: "Es zählt nur die Lage."

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