Prozess: Landwirt will Tennisverein nach 70 Jahren plötzlich loswerden

Bielefeld. Nach mehr als 70 Jahren soll die Tennisgemeinschaft Blau-Weiß Quelle ihre Anlage räumen. Der Verpächter des an der Grenze zu Steinhagen liegenden Geländes, die Familie Meyer zu Bentrup, hatte dem Sportclub im vergangenen Jahr überraschend gekündigt. Der Verein wehrt sich juristisch gegen den Rauswurf. Ein Gütetermin vor dem Landgericht endete nun jedoch, ohne dass sich die Parteien hätten einigen können. Somit wird das Gericht demnächst eine Entscheidung fällen. Die Kündigung kam völlig überraschend Seit 1949 spielt die Tennisgemeinschaft auf dem an der Obernheide gelegenen Gelände. Unter den mehr als 300 Mitgliedern befinden sich prominente Namen und sogar ehemalige Weltklassespieler. Zuletzt war 1972 ein Vertrag zwischen den Grundstückseignern und dem Verein aufgesetzt worden. Diesen verlängerten die Parteien am 20. Januar des vergangenen Jahrs unter Anhebung der Pachtzins um 1.000 Euro auf dann insgesamt 5.500 Euro um weitere 30 Jahre. Doch dann erhielt der Tennisverein, für die Verantwortlichen völlig überraschend, im September und November 2021 die Kündigung. Die Begründung: Der Verein sei nunmehr mit zwei Zahlungen in Verzug. Zwar entschuldigten sich die Verantwortlichen sofort dafür und überwiesen die ausstehenden Beträge umgehend, doch mochten die Eigentümer nicht von ihrer Sichtweise abrücken. Bislang habe der Verein immer zum Jahresende gezahlt, führte Mark Meyer zu Bentrup in der von zahlreichen Zuschauern besuchten Verhandlung vor der 6. Zivilkammer des Landgerichts aus. Doch habe er 2020 erstmals in den noch von seinem Vater aufgesetzten Altvertrag von 1972 geschaut. Und in diesem heiße es eindeutig, dass der Verein den Pachtzins in zwei Tranchen zum 1. Mai und 1. September eines Jahrs gezahlt werden müsse - und dies habe der Verein nicht eingehalten. "Ich bin in die Unterschrift reingaloppiert worden" Die zweite Kündigung erfolgte laut Meyer zu Bentrup, weil sich im Clubhaus seit 2019 eine kommerzielle Pizzeria befindet, von der er nichts gewusst habe. Auf die wohl eher rhetorische Frage von Richter Phil Gabler "Aber das Schild davor kannten Sie schon, oder?" antwortete Meyer zu Bentrup: "Ich war davon ausgegangen, dass das eine vereinsinterne Sache sei und Bewirtung nur für Vereinsmitglieder erfolgt." Auf den Hinweis des Richters, dass seit 40 Jahren mit einer Konzession Gastronomie im Clubhaus betrieben werde, sagte der Verpächter: "Davon weiß ich nichts. Auch da ging ich von vereinsinterner Gastronomie aus." Aus seiner Sicht hätte ihm die Überlassung der Räume an Dritte angezeigt werden müssen. Außerdem sei der vereinbarte Pachtzins dann nicht mehr angemessen, sondern zu niedrig angesetzt worden. Im Januar 2021 habe der Vorstand des Vereins dann Druck gemacht, den Vertrag zu verlängern, sagte Meyer zu Bentrup: "Ich sah dafür überhaupt keinen Anlass, da sich der alte Vertrag ohne Kündigung einer der Parteien ohnehin um jeweils drei weitere Jahre verlängerte." An einem Sonntag sei dann Vorstandsmitglied Marco Dingerdissen mit einem Vertragsentwurf zu einem Gespräch bei ihm gewesen. In den auch von Meyer zu Bentrup unterschriebenen Vertrag trugen die Parteien den neuen Pachtzins von 5.500 Euro ein. Stein des Anstoßes war für den Verpächter im Nachgang jedoch die Laufzeit bis 2050. Diesen Passus habe er, so Meyer zu Bentrup, schlichtweg übersehen. "Ich bin in die Unterschrift reingaloppiert worden. Ich war an dem Tag auch überhaupt nicht darauf vorbereitet, einen Vertrag zu unterschreiben. Ich fühle mich übers Ohr gehauen." Umbauarbeiten lohnen sich nur bei längerer Vertragslaufzeit Dieser Darstellung widersprach der Vereinsvorsitzende Marco Dingerdissen vehement: "Ich hatte immer gesagt, dass eine Verlängerung um 30 Jahre wünschenwert sei." Der Grund: Der Verein plane umfangreiche Umbauarbeiten, die auch mit Fördermitteln des Lands NRW finanziert werden sollen. Ein derart großes Projekt lohne sich jedoch nur bei einer Vertragslaufzeit von deutlich mehr als den von den Eigentümern maximal in Aussicht gestellten zehn Jahren: "So können wir doch überhaupt nicht planen." Vor Gericht einigten sich die Parteien schließlich darauf, sich nicht einig zu werden. Richter Gabler gab eine vorläufige Einschätzung an, in welche Richtung er tendieren könnte: "Von der Kündigung wegen Zahlungsverzugs halte ich nicht viel. Da hätte man dann vorher abmahnen müssen" Und auch die zweite Kündigung, die sich auf die Gastronomie im Clubhaus berufe, werde er wohl nicht so einfach durchwinken: "Die Pizzeria existiert dort seit zwei Jahren. Da könnte man auf die Idee kommen, dass dies eine stillschweigende Genehmigung des Verpächters sei." Doch sei dies nur seine Meinung, eine etwaige zweite Instanz - das Oberlandesgericht in Hamm - könne die Sache vollkommen anders sehen. Vor diesem Hintergrund riet Gabler den Parteien, sich aufgrund der für beide Seiten bestehenden Unsicherheit vielleicht doch noch vor der Urteilsverkündung zu einigen. Das Urteil wird für den 25. Mai erwartet.

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