Gruselig, kaputt, gefährlich: Das ist die bizarrste Straße Bielefelds

Bielefeld. In einem kleinen ehemaligen Neubaugebiet in Dalbke, zwischen dem Unternehmen Gildemeister, der Autobahn 2 und dem dahinter anschließenden Schloß Holter Ortsteil Sende, reihen sich schmucke Einfamilienhäuser nebeneinander. Auf der einen Seite mit 30er-Hausnummern, gegenüber 81, 85 oder 93. Auf den ersten Blick wirkt alles idyllisch, mit dem nahen Grün, der Menkebachaue und dem Spielplatz - besonders tagsüber und bei Sonnenschein. Ganz anders ist es, wenn es dunkel wird. Und hier wird es stockdunkel - denn dieses Stück des Sträßleins Am Menkebach hat keine Beleuchtung. Und auch keine Oberflächenentwässerung, kein Straßenschild, keinen Gehweg und teilweise nicht einmal dünnen Asphalt. Seit 26 Jahren nicht. Bernd Matthes hat als einer hier der ersten gebaut, 1996 war das, auf der 30er-Straßenseite. "Warum die Hausnummerierung derart seltsam ist, weiß ich nicht. Aber hier ist eben alles etwas anders." Nach und nach hat sich das Areal um ihn herum mit schön gepflegten Häusern gefüllt, rund 30 sind es inzwischen. Nur drei Bauplätze gibt es noch, seit Jahren, an einem abzweigenden Schotterweg nahe der Autobahn. Eine Bebauung scheint daher unwahrscheinlich. Die rund 300 Meter lange Fahrbahn vor Bernd Matthes' Haus besteht zwar nicht mehr ganz aus Schotter. Viel mehr ist es allerdings nicht. "Damals wurden die Haus-Sammelanschlüsse gelegt", erinnert er sich. Dann habe man in der Mitte Asphalt drübergegossen - "und das war es dann". Bis heute. Kinder gehen im Dunklen zur Bushaltestelle Die letzten Straßenlaternen stehen, ebenfalls bis heute, am ausgebauten Ende der Fahrbahn, dem Brakenbrink auf der einen und Am Menkebach auf der anderen Seite. Das Verbindungsstück, an dem das Haus des heute 63-Jährigen (er ist inzwischen Rentner) steht, ist dagegen seit einem Vierteljahrhundert unbeleuchtet. "Die Kinder müssen im Winter im Dunklen über den Spielplatz zur Bushalteststelle an der Gildemeisterstraße oder bis zur Schlinghofstraße", erzählt er.Bei Starkregen ist Land unterDie Hauseinfahrten liegen alle rund 20,30 Zentimeter höher wegen des noch ausstehenden Straßenaus- und aufbaus. Zum Glück. Denn bei nasser Witterung wird es auf der Fahrbahn richtig ungemütlich."Dann kommen Sie hier nur noch mit Gummistiefeln durch", sagt der Dalbker. "Und bei Starkregen ist hier Land unter." Nur das geschotterte Stück hat inzwischen einen Entwässerungsgulli. "Weil es dort abschüssig ist und immer alles absoff."Radfahrer schnell und ohne Licht unterwegs Zu Fuß auf oder an der Fahrbahn unterwegs zu sein ist wegen des Staubs und der vielen Löcher schon bei trockenem Wetter nicht angenehm, auch wenn die alljährlich von der Stadt mit ein wenig Teer wieder geschlossen werden. "Drei Leute mit Schüppen, das ist fast komisch", meint der 63-Jährige mit einem Anflug von Galgenhumor. "Und die größeren Löcher sehen sie nicht." Die Reparatur halte eh meist nur drei Wochen, dann sei alles wieder aufgeplatzt. Nach Einbruch der Dunkelheit wird es dann mitunter richtig gefährlich. Wegen der Autofahrer, auch wenn die meisten sehr langsam und vorsichtig fahren. Mehr noch aber wegen der (meist jungen) Radfahrer, die mit hohem Tempo und oft ohne Licht über Asphalt und Schotter schlittern. "Die fahren mit richtig Karacho um die Kurve." Unzählige Male bei der Stadt angerufen Bernd Matthes hat unzählige Male bei der Stadt angerufen und den Sachbearbeitern die Situation geschildert. Geändert habe sich nie etwas. "Die haben mir geraten, mich an die Politik oder an die Presse zu wenden." Es habe Vorstöße gegeben, den Spielplatz zu beleuchten oder den kleinen Fußweg in Verlängerung des Schotterstücks. Alles vergeblich. "Es ist halt ein bisschen eigenartig hier", meint Lothar Kordes philosophisch, der schräg gegenüber von Bernd Matthes wohnt, in einem der 80er-Hausnummern. "Dalbke halt." Auslaufendes Öl vom Regen weggewaschen Für Matthes ist das alles eher ein Schildbürgerstreich. Er erinnert sich, dass hier vor einigen Wochen ein Müllfahrzeug Öl verloren habe. "Die ganze Straße war voll." Er habe die Feuerwehr angerufen, dann sei ein Spezialfahrzeug gekommen und habe Bindemittel gestreut. "Aber nur auf dem ausgebauten Stück, kurz vor unserer Baustraße haben sie aufgehört." Der Regen habe das Öl ein paar Tage später weggewaschen.6.000 Euro Anliegerbetrag pro NaseBei einem Ausbau, so hat er von der Stadtverwaltung erfahren, würden etwa 6.000 Euro Anliegerbeiträge pro Nase fällig. Da scheuten sich natürlich viele, besonders ältere Anwohner, die nicht so viel Geld hätten, sagt er. Nun aber, da der NRW-Landtag das Aus für diese Art der Bürgerfinanzierung beschlossen hat, hofft der Rentner, dass es doch noch zu einer gemeinsamen Anwohner-Initiative kommen könnte. "Denn das ist ja sonst kein schönes Wohnen hier."Was die Stadt sagtDie Stadt Bielefeld teilte zwischenzeitlich auf Anfrage mit, dass die Straßen Am Menkebach und Am Brakenbrink derzeit nicht "in einem Straßenausbauprogramm" enthalten seien. "Auch mittelfristig ist ein Ausbau eher unwahrscheinlich, das liegt unter anderem an dem hohen Investitionsstau bezüglich des gesamten Straßennetzes." Das Amt für Verkehr erarbeitete aber derzeit ein Straßen- und Wegekonzept, in dem Straßen mit einem hohen Sanierungsbedarf priorisiert aufgelistet werden." Ob das kleine Baustraßenstück Am Menkebach dazugehört, ist allerdings ungewiss.

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