Lage eskaliert: Ukrainerin aus Bielefeld völlig entsetzt über Putins Worte

Bielefeld. Nadiya Romanova sitzt am Dienstag in ihrer Wohnung vor dem Fernseher und kann nicht fassen, was sie da hört aus dem Mund von Wladimir Putin, Russlands Präsident. Dass ein erneuter Angriff in der Ukraine noch abzuwenden ist, daran glaubt sie nicht mehr. &bdquo;Warum macht er das, warum jetzt?“ Die 35-Jährige erzählt, sie fühle eine große Hilflosigkeit. Mit ihrem Mann und den beiden kleinen Kindern muss Romanova obendrein wegen einer Corona-Infektion in ihrer Wohnung ausharren, während auf eine schlechte Nachricht die nächste folgt. Dann erreicht sie aus der Ukraine die dringliche Botschaft einer Freundin. Diese schreibt, einen Krieg in der Ukraine, den gebe es längst, obwohl das in der Welt nicht immer so wahrgenommen werde. &bdquo;Einige Ukrainer leben tagtäglich in der Realität des Krieges: Soldaten, Veteranen, ihre Familien, Vertriebene, Menschen, die noch Angehörige in den besetzten Gebieten haben, Freiwillige.“ Einen EU-Beitritt wünschten sich die meisten Ukrainer. Die Freundin bittet Romanova, ihre Botschaft weiterzugeben. Es gibt viel Wut, viel Ratlosigkeit in ihrem Land. Und vielleicht schlimmer: &bdquo;Bei meinen Eltern erlebe ich ein Gefühl der Resignation.“ Ihr Vater, eigentlich Chemiker, repariert jetzt Autos Romanovas Familie selbst lebt im Westen des Landes. Zuletzt hat sie ihre Eltern dort im Januar besucht. Der Krieg im Osten sei auch fernab der Front zu spüren, erzählt die Bielefelderin. &bdquo;Ich könnte in Kiew keine Arbeit finden, von der ich mir dort eine Wohnung leisten könnte.“ Als Wissenschaftlerin bekomme sie in der Ukraine höchstens so etwas wie einen 450-Euro-Job. Durch die jahrelangen russischen Repressionen hätten sich die Bedingungen in der Wissenschaft noch weiter verschlechtert.In Bielefeld kann Romanova im Bereich Biotechnologie an der Universität Bielefeld forschen. Ihr Vater, eigentlich Chemiker, hat seinen Beruf in der Ukraine dagegen aufgeben müssen. Er habe sich mit einer eigenen Autowerkstatt selbstständig gemacht. Autofahren, das müssen die Menschen auch in Krisenzeiten. Als 2014 die Krim annektiert wird, ein bewaffneter Konflikt ausbricht, habe sie es lange nicht glauben können, erinnert sich die 35-Jährige heute. Sie studierte damals bereits in Deutschland. &bdquo;Es war einfach unbegreiflich. Ich sagte mir, gut dass ich nicht mehr dort bin.“ Menschen in Militäruniform werden aufgereiht Große Angst machte ihr vor allem ein Gedanke: &bdquo;Dass mein Vater zwangseingezogen werden könnte, wie so viele jüngere Ukrainer.“ Als Romanova damals ihre Heimat besucht, sieht sie überall in den Straßen von Kiew Menschen in Militäruniform, die dort aufgereiht werden. &bdquo;Da ist mir das Ganze erst so richtig bewusstgeworden.“ Wie perfide die massive staatliche russische Propaganda seit Jahren die Gesellschaft zu entzweien versucht, zeige das Beispiel eines Bekannten, erzählt Romanova. Er floh 2018 aus der Ostukraine, fürchtete aber, im Westen des Landes wegen seiner russischen Muttersprache Probleme zu bekommen. &bdquo;Dabei spielt das keine Rolle. Die einen sprechen bei uns ukrainisch, die anderen russisch, das war schon immer so.“ Romanovas Muttersprache ist ebenfalls russisch, sie spricht aber auch ukrainisch. Die Hoffnung schwindet In der Wohnung in Nähe des Bürgerparks toben die der dreijährige Sohn und die sechsjährige Tochter im Hintergrund. Sie möchten gerne raus, die Sonne scheint. Sie verstehen noch nicht, was ihre Mutter voller Sorge an den Bildschirmen mitverfolgt.&bdquo;Sanktionen werden Putin nicht beeindrucken“, ist sich Romanova sicher. &bdquo;Er ist unberechenbar und lebt in seiner eigenen Realität.“ Vor einigen Monaten habe sie noch gedacht, es werde schon nicht zu einem weiteren Krieg kommen. Das ist seit Dienstag anders.

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