Bielefelder verzweifelt: Stadt weigert sich, ihm einen Pass auszustellen

Bielefeld. Ivo K. (31, Name geändert) ist Referendar an einer Bielefelder Schule. Er ist in Bielefeld geboren und aufgewachsen. 2021 entschied er sich, seine serbische Staatsbürgerschaft abzugeben und die deutsche anzunehmen. Als ihm von der Einbürgerungsbehörde signalisiert wurde, dass alle nötigen Unterlagen vorliegen, gab er seine serbische Staatsangehörigkeit ab. Das war im Mai 2021. Doch seitdem gibt es Probleme mit dem Amt. Er soll auch noch beweisen, dass er kein Bosnier ist. Seit acht Monaten ist er deshalb staatenlos. &bdquo;Ich habe nie in Bosnien gelebt, ich war dort auch noch nie“, sagt der angehende Beamte. Aber seit einem Wechsel unter den Sachbearbeitern in der Behörde soll er nun nachweisen, dass er nicht heimlich noch einen bosnischen Pass hat. Denn seine Mutter ist zwar Serbin, wurde aber in Kreevo geboren. Der Ort war damals noch jugoslawisch, seit 1992 gehört er zu Bosnien-Herzegowina. Skurril: Serbe soll beweisen, dass er kein Bosnier ist Weil Ivo K. nie in Bosnien gelebt hat oder dort gemeldet war, kann das Ministerium seinen Namen nicht im Register finden. Also organisiert der Bielefelder ein Papier aus Kreevo. Denn in Bosnien werden die Staatsangehörigenregister bei den Gemeinden des Geburtsortes geführt – wer nicht in Bosnien geboren wurde, wird im Geburts- oder Wohnort der Eltern nachregistriert. Die sogenannte Negativ-Bescheinigung aus Kreevo belegt, dass er dort nie im Einwohnerregister eingetragen war. Doch der Einbürgerungsbehörde reicht auch diese Bescheinigung nicht aus. &bdquo;Jetzt wollen die einen Nachweis aus einer zentralen Stelle. Aber den gibt es nicht.“Der angehende Lehrer fühlt sich schikaniert. Inzwischen ist er seit acht Monaten staatenlos. Ohne einen Pass kann er weder einen Coronatest machen, noch ein Führungszeugnis für seine Verbeamtung beantragen. Zur Hochzeit seiner deutschen Schwester, die Pfingsten in Serbien feiern wird, kommt er vielleicht auch nicht. Seine Schwester, sein acht Monate alter Sohn und seine Frau besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit. Doch Ivo K. steckt in der Sackgasse. &bdquo;Das ist bürokratische Diskriminierung“, schreibt der 31-Jährige in einem Hilferuf an Oberbürgermeister Pit Clausen. Mandant soll Bosnier werden, um dann auf die Staatsbürgerschaft zu verzichten Doch warum bleibt die Stadt bei dem 31-Jährigen und mehreren weiteren Serben, die in der gleichen Lage stecken, so hartnäckig? Die Behörden wollen eine möglicherweise heimliche Doppel-Staatsbürgerschaft ausschließen. Rechtsanwältin Daliborka Djukic-Schröder vertritt aktuell mehrere Einbürgerungswillige serbischer Herkunft. Sie alle stecken wie K. seit dem Wechsel des Sachbearbeiters im November in der Staatenlosigkeitsfalle. Sie alle haben Eltern, die in einem bosnischen Ort geboren wurden. Sie alle sollen nachweisen, dass sie keine Bosnier sind.Djukic-Schröder erklärt: &bdquo;Die Stadt möchte von meinen Mandanten, dass sie bosnische Staatsbürger werden, um dann diese Staatsbürgerschaft wieder abzugeben.“ Das würde den Verzicht auf die Staatsangehörigkeit belegen. &bdquo;Das ist doch absurd.“Der Stadt reicht eine Negativ-Bescheinigung nicht aus Die Anwältin telefoniert daraufhin mit dem zuständigen Ministerium in Sarajevo und mit mehreren deutschen Botschaften. Dort kennt man diese Forderung einiger deutscher Behörden. Laut der bosnischen Amtsverkündung 30/16 bestehe in solchen Fällen aber keine Pflicht, sich ins Staatsbürgerregister einzutragen. Ein Negativ-Bescheid reiche aus. Demnach liegen alle erforderlichen Dokumente vor. Das sieht die Stadt offenbar anders. Der ehemalige Serbe hätte wegen des Geburtsorts seiner Mutter, ein Anrecht Bosnier zu werden. Dass seine Mutter mit 16 Jahren Jugoslawien verließ, später die serbische Staatsangehörigkeit annahm und folglich nie einen bosnischen Pass besaß, ist offenbar irrelevant. Kostenpunkt: Bis zu 1.500 Euro Ein anderer Betroffener, der die gleiche Forderung erfüllen soll, sagt: &bdquo;Das Gesetz fragt nach einer Zumutbarkeit solcher Nachweise. Bevor ich diesen Weg gehe, klage ich lieber.“ Der Kostenpunkt für den Eintrag ins bosnische Staatsregister und den geforderten postwendenden Verzicht soll bei 1.400 bis 1.500 Euro liegen.Stadtsprecherin Kristina Beermann macht zum Einzelfall keine Angaben. Sie sagt aber: &bdquo;Voraussetzung für eine Einbürgerung ist die Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit. Diese hängt von den vorliegenden Urkunden und Pässen ab, richtet sich aber auch nach der Abstammung der Eltern. Gerade im Fall der ehemaligen Bundesrepublik Jugoslawien können mehrere Staatsangehörigkeiten in Betracht kommen.“ Und dann nennt sie als erforderliches Dokument eben die Negativ-Bescheinigung der Behörden, &bdquo;die abhängig vom Geburtsort der Eltern zuständig sind“. Doch diese liegen bereits der Stadt vor. &bdquo;Demnach müsste ich längst den deutschen Pass haben. Aber es passiert gar nichts“, sagt K. "Ich bin verzweifelt" Beermann ergänzt: Könne der Nachweis einer Negativbescheinigung &bdquo;nicht in zumutbarer Weise erlangt werden“, könne eine Einbürgerung unter Hinnahme einer Mehrstaatlichkeit geprüft werden. Doch darum geht es Ivo K. gar nicht. "Ich will doch einfach nur diesen einen Pass."

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