Überraschend: Gesperrte Altstadt wird wieder für Autos freigegeben

Bielefeld. Die Straßensperrungen in der Altstadt sollen zum 1. März wieder aufgehoben werden. Oberbürgermeister Pit Clausen (SPD) schlägt vor, nach Ablauf des Verkehrsversuchs &bdquo;altstadt.raum“ am 28. Februar das Hufeisen für den Verkehr freizugeben. Hintergrund sind erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Eingriffe. Clausen rät dazu, vor einer neuen Entscheidung erst den Test mit zusätzlichen neuen Erhebungen auszuwerten. Die Bezirksvertretung Mitte wehrt sich gegen den Stopp. Bisher ging die Ratsmehrheit aus SPD, Grünen und Linken davon aus, dass die Altstadt-Testregeln übergangsweise weiterlaufen, bis eine endgültige Lösung gefunden ist. Ziel bleibe es, die Altstadt aufzuwerten, in dem der Autoverkehr reduziert und mehr Raum für Fußgänger, Radfahrer, Gastronomie und zum Verweilen geschaffen wird.Neue Maßnahmen sollen rechtssicher sein Die Verwaltung schlägt jetzt in einer kurzfristig aktualisierten Beschlussvorlage aber vor, ab 1. März den &bdquo;ursprünglichen verkehrlichen Zustand wieder einzurichten“. Anschließend werde sie das Projekt auswerten, die Öffentlichkeit über die Ergebnisse informieren und erneut mit der Stadtgesellschaft in den Dialog treten, um dann rechtssichere, verkehrsrechtliche Maßnahmen zu treffen, teilte das Presseamt mit. Neben der Auswertung vorhandener Daten sollen weitere Erhebungen durchgeführt werden, um coronabedingte Einflüsse auf die Testphase besser bewerten zu können. Zudem würden verkehrsrechtliche Anordnungen überarbeitet. &bdquo;Damit wir in Zukunft rechtssicher aufgestellt sind, ist es sinnvoll, das Projekt wie politisch beschlossen Ende Februar zu beenden. Wir werden nun die Forderungen des Verwaltungsgerichts umsetzen, so dass wir nach dem Versuch Maßnahmen, die sich als richtig und sinnvoll erwiesen haben, rechtssicher durchführen können“, betont der OB. Das Ziel, die Aufenthalts- und Lebensqualität in der Altstadt zu stärken, werde man weiter verfolgen.Verwaltungsgericht erklärt Sperrung für rechtswidrig Hintergrund für die überraschende Wende ist der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 24. September 2021, das die Abbindung der Klasingstraße für den Kfz-Verkehr in Höhe Obernstraße für rechtswidrig erklärte. Aus den Beschlussgründen ergebe sich, dass die Stadt Bielefeld für solche Einschnitte ein Konzept &bdquo;mit einer detaillierten Beschreibung von Ist- und Planzustand“ erstellen müsse, wenn der Verkehrsversuch mit verkehrslenkenden Regelungen wie Sperrungen weitergeführt werden solle, so die Stadt: &bdquo;Eine Fortführung der Testphase ist ohne ein solches Konzept nicht möglich.“ Bisher hat sie da nicht.Sie arbeite aber bereits an einem solchen Konzept, das Erfahrungen aus der Testphase aufnehme und vorliegende Konzepte für Rad- und Autoverkehr sowie strategische Planungen (für Mobilität, Nachhaltigkeit und Klimaanpassung) einbeziehe, heißt es in der Vorlage für den Rat. In der Bezirksvertretung Mitte am Abend gab es Kritik an der späten Vorlage. Außerdem verstehen die Politiker den Abbruch des &bdquo;altstadt.raum“-Tests nicht. &bdquo;Viele Teile stoßen auf große Zustimmung, etwa die Außengastronomie auf Ritterstraße und Süsterplatz,“ warf Bezirksbürgermeisterin Gudrun Hennke (Grüne) ein: &bdquo;Da ist es nicht einsichtig, dass Autos an den Tischen und Stühlen vorbeifahren sollen.“Verkehrsprobleme am Adenauerplatz Ab März sei das Wetter besser. Hennke: &bdquo;Warum soll die Außengastronomie wieder eingeschränkt werden.“ Deshalb stimmte die Bezirksvertretung bis auf CDU und FDP dafür, dass die Stadt prüft, welche Regelungen beibehalten werden könnten und diese dann &bdquo;für einen angemessenen Zeitraum verlängert“. Das gebe Zeit, eine Dauerlösung zu entwickeln. Die Empfehlung muss Dienstag der Stadtentwicklungsausschuss beraten.Selbst die sonst eher kritische CDU sieht nach dem Verkehrsversuch &bdquo;Licht und Schatten“, wie Andre Langeworth sagte. Ritterstraße und Süsterplatz seien &bdquo;ein Gewinn für die Altstadt und gut vorstellbar für die Zukunft“. Altstädter Kirchplatz, Hagenbruch- und Goldstraße sieht er eher gemischt. Nur der Waldhof sollte ganz geöffnet werden, auch am Morgen. Das lehnte die Mehrheit ab.Die Straßensperrungen waren während des seit Juli laufenden Tests stets umstritten. Viele freuten sich über die neuen Räume und Freiheiten in der Altstadt. Andere ärgerten sich über Umwege, Zeitverluste und unverständliche Schilder. Geschäftsleute befürchteten erhebliche Umsatzeinbußen.Aus ersten Auswertungen einer Online-Befragung zog die Verwaltung trotzdem eher ein positives Fazit. Panne aber: Am Mittwoch musste sie einräumen, dass die Daten eine Bürgerumfrage über zwei Infotafeln verschwunden sind. Alle Informationen zur Verkehrswende in Bielefeld auf unserer Themenseite

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