Bluttat in Brackwede: 31-Jähriger mit sieben Schüssen niedergestreckt - Verdächtiger gefasst

Bielefeld. Die grausame Tat, bei der am Mittwochabend ein 31-jähriger Mann in Brackwede in der Nähe der Brackweder Bartholomäuskirche mit sieben Schüssen niedergestreckt und getötet worden ist, sorgt für Fassungslosigkeit. Die Polizei hat allerdings bereits wenige Stunden nach der Tat erste Hinweise auf einen Tatverdächtigen: Am Donnerstagabend veröffentlichten die Ermittler gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft Bielefeld das Foto eines dringend gesuchten Mannes aus Bielefeld, mittlerweile hat sich der Täter gestellt. Nach Ermittlungen der "Mordkommission Haupt" galt der auf dem Foto zu sehende 28-jährige Sinan K. als möglicher Täter. Daraufhin bat die Polizei die Bevölkerung um Mithilfe - und warnte gleichzeitig vor riskanten Alleingängen bei der Ergreifung des Verdächtigen: "Sinan K. könnte weiterhin bewaffnet sein", heißt es in der Mitteilung. Das Opfer ist Betreiber einer Teestube "Daher verständigen Sie bitte bei Sichtung des Tatverdächtigen sofort die Polizei unter der 110 und konfrontieren Sie den 28-Jährigen nicht direkt." Auch die Identität der Opfers ist inzwischen geklärt. Nach einer Mitteilung der Staatsanwaltschaft war der 31-Jährige ebenfalls bereits polizeibekannt. Laut NW-Recherchen soll das Opfer Betreiber einer Teestube / eines Clubs in direkter Nähe zum Tatort gewesen sein, in dem sich überwiegend Männer türkischer Herkunft aufhalten sollen. Der Treffpunkt soll bereits im Visier der Polizei gewesen sein. SEK-Einsatz in der Wohnung des Tatvrdächtigen Am Donnerstagvormittag wollte die Polizei noch nichts Genaueres zur Ermittlung des Täters sagen. Zu diesem Zeitpunkt hieß es, dass die Ermittlungen "in die richtige Richtung gehen" könnte. Am Donnerstagnachmittag veröffentlichte dann die Polizei das Fahndungsfoto eines 28-jährigen Bielefelders. Die Mordkommission "Haupt" unter Leitung von Kriminalhauptkommissar Norbert Freier hatte die Suche nach dem Täter und die Hintergründe übernommen. Ein SEK-Team durchsuchte die Wohnung des Beschuldigten, doch der 28-Jährige war bereits verschwunden. Nach Informationen der Lokalredaktion wurde auch das Fahrzeug des Tatverdächtigen - ein BMW X3 - von der Kripo beschlagnahmt, abgeschleppt und von der Kriminaltechnischen Untersuchung auf wichtige Spuren untersucht. Das Opfer wurde am Nachmittag obduziert. Die rechtsmedizinische Untersuchung bestätigte, dass der 31-Jährige aufgrund seiner Schussverletzungen gestorben war, hieß es am Freitag in einer Mitteilung von Staatsanwaltschaft und Polizei. Was ist passiert? Es ist Mittwochabend, 21.48 Uhr, als in Höhe der Bushaltestelle Brackweder Kirche am Taxiplatz Schüsse durch die Nacht peitschen. Eine Busfahrerin von MoBiel hat mit ihrem Bus der Linie 94 gerade die Haltestelle an der Hauptstraße/Ecke Berliner Straße erreicht und hat die Bustür geöffnet. "Ich hörte sieben Schüsse und dachte zunächst, es sei ein vorgezogenes Silvesterfeuerwerk. Doch dann sah ich einen Mann aus dem Dunkeln torkeln. Er setzte sich auf eine Bank und brach dort zusammen", erzählt die 59-Jährige. Die Fahrerin sprang sofort aus dem Bus, um dem Mann beizustehen. Um ihn herum hatte sich schon eine Menschengruppe von rund 30 Personen versammelt. "Sie gestikulierten wild und standen um den lebensgefährlich verletzten Mann herum. Ich bin in die Menge gestürmt und habe die Personen aufgefordert, sofort zu verschwinden, was sie glücklicherweise auch taten. Dann habe ich Erste Hilfe geleistet. Kurze Zeit später traf ein Rettungswagen ein und transportierte den blutenden Mann in ein Krankenhaus", erzählt die Busfahrerin. Durch ihre Rettungstat verpasste sie einen Funkspruch ihrer MoBiel-Leitstelle. Die war inzwischen von der Bielefelder Polizei gebeten worden, Busfahrer im Bereich von Brackwede über die Schießerei zu informieren und eventuell verdächtige Personen oder Fahrzeuge zu melden. Spürhund findet Patronenhülsen Minuten später treffen erste Einsatzkräfte der Polizei vor Ort ein. Der Tatort, an dem die Schüsse gefallen sind und der lebensgefährlich verletzte Mann gefunden wurde, wird weiträumig abgesperrt. Das Umfeld wird nach Patronenhülsen abgesucht. Im Schein einer Taschenlampe ist auch eine Hundeführerin mit einem Spürhund zu entdecken. Kurze Zeit später schlägt der Vierbeiner gleich zwei Mal laut an. Der auf Sprengstoff, Munition und Schmauchspuren ausgebildete Vierbeiner ist fündig geworden. Der belgische Schäferhund "Steiger" hat zwei Patronenhülsen in der Dunkelheit entdeckt. Opfer stirbt im Krankenhaus Mit insgesamt sieben Schüssen soll der 31-jährige Mann niedergestreckt worden sein. Er hat viel Blut verloren und schwebt beim Abtransport ins Krankenhaus in Lebensgefahr. Doch alle ärztliche Kunst ist vergeblich. Das Schussopfer stirbt wenig später im Krankenhaus. Noch in der Nacht wird eine Mordkommission gegründet, die am Tatort ihre Arbeit aufnimmt. Ob es Zeugen der Tat gibt, ist noch nicht bekannt. Eine Überwachungskamera in dem Bus, der am Tatort stand, soll jetzt ausgelesen werden und bringt vielleicht mit ihren Bildern Erkenntnisse für die Ermittler. Zum Thema: Schüsse nach Corona-Räumung von Bielefelder Pizzeria Nach einer kurzen Pause setzt die Busfahrerin ihre Fahrt mit dem Bus fort. Die resolute Frau wird erst gegen 1 Uhr in der Nacht ihre Schicht beenden. Zu diesem Zeitpunkt machen sich weitere Ermittler der Mordkommission auf den Weg nach Brackwede und ermittelt nun wegen eines Tötungsdelikts. Auf eigenen Wunsch hat die beherzte Frau auch am Donnerstag wieder ihren Dienst aufgenommen, obwohl MoBiel ihr das Angebot unterbreitet hatte, sie freizustellen. Zudem bietet das Unternehmen all seinen Fahrerinnen und Fahrern nach solch belastenden Ereignissen psychologische Unterstützung an. Die Polizei will in Kürze mehr Informationen zum Tathergang geben. Vermutlich werden noch Zeugen gesucht, die die blutige Straftat, bei der ein Mann sein Leben verlor, am Mittwochabend beobachtet haben. Der Tatort Die Straftat ereignete sich in einer Gegend, die Brackwedern, Verwaltung und Polizei schon länger Sorgen bereitet. Dass in diesem Bereich zwischen Treppenplatz und Berliner Straße mit Drogen gehandelt wird, ist ein offenes Geheimnis. Verschiedenste Gruppierungen haben die Ecke zu ihrem Treffplatz erkoren. Die Anwohner klagen seit Jahren über Ruhestörungen, Vandalismus, Vermüllung, Wildpinklen, Pöbeleien, mangelnde Sicherheit. Es gibt diverse Straftaten. Zuletzt jagte ein Mann eine Familie mit vorgehaltenem Messer durch die benachbarte Treppenstraße. Doch auch Schüsse sind in Brackwede schon gefallen. Zielscheibe waren die Schaufenster eines Wettbüros, ebenfalls an der Treppenstraße. Doch für die Polizei und das Ordnungsamt ist der Ort insgesamt kein Gefahren-Hotspot. Mittlerweile sind Streetworker dort im Einsatz. Ansätze, den Bereich durch bauliche Veränderungen - auch durch mehr Beleuchtung - zu verbessern und zu entschärfen, konnten bislang nicht umgesetzt werden. Ratsherr Vincenzo Copertino wohnt in diesem Bereich, hat ganz in der Nähe des Tatortes den Zugang zu seiner Wohnung. Er hat von den letztlich tödlichen Schüssen nichts mitbekommen. Aber er bestätigt, dass die dunkle Ecke an der Berliner Straße um die Tiefgarage herum, kein Wohlfühlort sei. Er selbst ist bereits mehrfach bedroht worden, erst vor wenigen Monaten habe es erneut einen unangenehmen Zwischenfall gegeben. Stark frequentierter Männer-Club Direkt am Durchgang vom Treppenplatz Richtung Berliner Straße hat sich vor Jahren in einem ehemaligen Friseursalon besagte Teestube/Club angesiedelt. Zwischenzeitlich sei der Treffpunkt einmal zwangsweise geschlossen worden, weil angeblich illegales Glücksspiel dort stattgefunden haben soll, so Copertino. Der Eigentümer könne aber mittlerweile gewechselt haben. "Dort treffen sich ausschließlich Männer südosteuropäischen Typs", so Copertino. Sie würden ihre Freizeitaktivitäten auf das obere Parkdeck und die Straße vor dem Wohn- und Geschäftshaus ausweiten, dort in großen Gruppen stehen und die Köpfe zusammenstecken. "Wenn man aus der Tiefgarage die Treppe hochkommt, geht man manchmal wie durch ein Spalier", schildert Copertino. "Das ist äußerst unangenehm." Anwohner beklagten regelmäßig nächtliche Ruhestörungen, fänden die Situation unerträglich. Es rieche oftmals auffallend nach "Gras", Geschäfte würden teils relativ unverhohlen abgewickelt. Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels wurde die beteiligte Busfahrerin namentlich genannt und auch im Bild gezeigt. Auf Wunsch der Busfahrerin haben wir sowohl den Namen als auch das Foto entfernt.

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