Sie sind die Verlierer der Verkehrswende - und das sagen sie dazu

Bielefeld. Die Bielefelder wurden befragt - und sie haben geantwortet. Zur Verkehrswende. Dass diese für Autofahrer die negativsten Konsequenzen erwarten lässt, verwundert nicht. Gleichauf aber liegt für die 505 Befragten der repräsentativen Umfrage für die NW die Bürgergruppe der &bdquo;Handwerker und Auslieferer“. Dass sich für sie etwas verbessert, das glauben nur 2 Prozent – und damit sogar noch weniger als für die Autofahrer (3 Prozent). Dass sich etwas verschlechtert, das erwarten 72 Prozent. Unterm Strich ergab die Befragung: Jeder Fünfte glaubt, dass es für Handwerker gleich bleibt, drei von vier Bielefeldern aber erwarten, dass es schlechter wird. Damit wäre das Handwerk großer Verlierer der Verkehrswende – neben Autofahrern. Und der Bürgergruppe &bdquo;alte Leute“. Ihr prognostizieren 65 Prozent eine Verschlechterung – und nur 4 Prozent eine Verbesserung. Alle sind sich einig Interessant wird es beim Blick auf Details. Bei den befragten Altersgruppen – 16 bis 29 Jahre (jüngere), 30 bis 59 (mittlere) und 60plus (ältere) – wird deutlich, dass es nur kleine Unterschiede gibt. Alle sind sich einig, dass Handwerker und Auslieferer stark betroffen sein werden. Jedoch zeigt sich bei den Befragten eine Art Alters-Gelassenheit: Je älter der Befragte, desto weniger hoch wird das Verkehrswende-Risiko für die Handwerker gesehen. Also: Gibt es bei der Gruppe &bdquo;jüngere“ niemanden, der für Verbesserung votierte und 77 Prozent für Verschlechterung, sind es bei der Gruppe &bdquo;ältere“ immerhin 2 zu 69 Prozent. Eher erwartbar ist dagegen, dass es mit Blick auf &bdquo;alte Leute“ bei der Befragungsgruppe &bdquo;ältere“ einen höheren Teil kritisch gestimmter Menschen gibt. Jedoch gibt es auch hier einige wenige, die positive Auswirkungen erwarten. Die Verschiebungen sind jedoch recht klein, jeweils um 2 Prozent. "Unsensibler Umgang mit Älteren" Wolfgang Aubke vom Seniorenrat stellt &bdquo;teilweise einen unsensiblen Umgang mit älteren Menschen fest“. Der Ärger sei groß. Dabei kritisierten Ältere nicht das für 2030 angestrebte Ziel: Je ein Viertel aller Wege mit ÖPNV, Rad, Auto und zu Fuß? &bdquo;Da stehen wir dahinter“, betont Aubke. Aber erst müsse der ÖPNV preislich und zeitlich attraktiver werden, bevor starke Einschränkungen für Autos und damit auch Taxis erfolgten. Aubke: &bdquo;Es muss praktikabel sein, für alle.“ Harsch ist seine Kritik an den Grünen: &bdquo;Teilweise erleben wir bei ihnen eine brutale Rigorosität, die wir so nicht akzeptieren können.“ Spiegelbild der Herangehensweise an die Verkehrswende sei die Waldhofsperrung. Für ältere und nicht so flexible Menschen sei sie und die mit ihr verbundenen Umleitungen eine &bdquo;echte Herausforderung“. Handwerk: "Überstürzte Politik" Auch die Handwerkskammer als Organ der anderen erwarteten Verlierergruppe positioniert sich eindeutig. Sprecher Andreas Kröling: &bdquo;Aus Sicht des Handwerks ist diese Verkehrspolitik überstürzt und gefährdet die wohnortnahe Versorgung der Innenstadt mit handwerklichen Dienstleistungen.“ Gefordert werde, besser eingebunden zu werden – und dass &bdquo;die Verhältnismäßigkeit gewahrt wird“. Es könne nicht nur um Einschränkungen, Tempo-Limits und den Rückbau von Fahrspuren geben – Handwerker bräuchten in der City &bdquo;Lade-und Arbeitszonen sowie Handwerkerparkausweise“. Ihre Geschäfte müssten erreichbar bleiben. Kröling betont, dass Handwerker kein gesteigertes Interesse am Autofahren hätten: &bdquo;Sie verdienen ihr Geld auf der Baustelle oder in der Werkstatt und nicht im Auto.“ Das Auto sei nur Mittel zum Zweck, Servicefahrzeuge müssten mitgedacht werden. Die politischen Lager Ähnlich, aber nicht identisch, ticken die politischen Lager. Zwar gilt auch hier, dass die Trends von CDU über SPD bis zu Grünen eindeutig sind, aber der Blick auf &bdquo;Handwerker und Lieferanten“ überrascht doch. So sehen Anhänger der Grünen für diese Gruppe keine Verbesserungen – und erwarten zu 75 Prozent Verschlechterungen. CDU-nahe Befragte erwarten das zu 68 Prozent – hier gibt es aber auch 3 Prozent, die Verbesserungen prognostizieren. Die SPD sortiert sich dazwischen ein. Bei den erwarteten Folgen für die Bürgergruppe &bdquo;alte Leute“ hingegen lassen sich eher naheliegende Aussagen treffen. Von SPD über CDU bis zu den Grünen halten alle hier Verschlechterungen für am Wahrscheinlichsten, die Grünen mit ihrer jüngeren Wählerstruktur jedoch &bdquo;nur“ zu 57 Prozent, die wählermäßig ältere SPD zu 61 Prozent und die CDU zu 70 Prozent. Positive Auswirkungen der Verkehrswende auf &bdquo;alte Leute“ sehen sie alle nur geringfügig: SPD (1 Prozent), CDU (3 Prozent), Grüne (6 Prozent). "Niemals negativer" Und so konstatieren die Meinungsforscher von &bdquo;Mente Factum“ um ex-Emnid-Chef Klaus-Peter Schöppner: &bdquo;Die Verkehrswende richtet sich offenbar gegen alle Bevölkerungsgruppen.“ Unabhängig von der politischen Nähe – und auch &bdquo;unabhängig vom Alter“. Fazit der Analysten: &bdquo;Niemals wurden nach Institutserfahrung politische Vorhaben negativer bewertet als die der Bielefelder Verkehrswende.“ Ein Widerspruch? Oder ist es doch eher die Angst vor Veränderung, die sich hier niederschlägt? Das scheint denkbar. So werden die einzelnen abgefragten Projekte und Ideen – Jahnplatzumbau, mehr Radwege (zu Lasten des Auto-Verkehrs), Verkehrsversuch &bdquo;altstadtraum“ – spürbar anders bewertet – hier halten sich die negativen Einschätzungen in etwa die Waage mit den positiven.

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