Leidenschaftlicher Autofahrer plötzlich ohne Führerschein

Bielefeld. Kaum ein Aspekt der Verkehrswende wird wohl stärker diskutiert und kritisiert als Autoverzicht. Zwar können sich 74% der Bielefelder laut einer repräsentativen NW-Umfrage vorstellen, weniger Auto zu fahren, es gibt aber auch viele Zweifel und Sorgen bezüglich der Umsetzbarkeit. Guido Unterhalt kennt diese Zweifel: Der heute 49-Jährige war überzeugter und leidenschaftlicher Autofahrer, als er auf einmal ganz ohne eigenen Wagen auskommen musste. Fünf Jahre ohne Führerschein "Ich konnte mir das überhaupt nicht vorstellen", sagt Guido Unterhalt. Vor etwa acht Jahren musste er aus gesundheitlichen Gründen seinen Führerschein abgeben - und zwar für ganze fünf Jahre. Bis dahin war er nicht nur gerne und viel Auto, sondern auch Motorrad gefahren. Der 49-Jährige arbeite zwar als Verkaufsleiter in einem Fahrradgeschäft und sei deswegen schon allein beruflich ein Stück weit Fahrradaffin, sagt er, er sei aber immer ein reiner Schönwetterfahrer gewesen. Unterhalt sah sich vor eine großen Herausforderung gestellt. Er arbeitete damals schon in Bielefeld und auch seine Freundin wohnte dort, er lebte aber für einen Teil der fünf Jahre noch in Halle: "Wie regel ich die Arbeitswege?" Diese Sorge teilte er sich mit vielen anderen Bielefeldern, wenn sie an die Verkehrswende denken. Genauso wenn es etwa um Einkäufe oder teure Bus- und Bahntickets geht. "Es ist alles eine Frage der Organisation" Heute weiß Guido Unterhalt: "Es ist alles eine Frage der Organisation, egal ob Einkauf, Besuch der Eltern oder Urlaub." Als erstes musste er sich einmal informieren, welche Angebote, Verbindungen und Möglichkeiten es überhaupt gibt. Er hat sich dann ein Abo für den Öffentlichen Nahverkehr zugelegt. War aber auch viel zu Fuß und mit dem Fahrrad unterwegs. "Die beste Alternative sind Fahrrad und Pedelecs. Im Winter macht das aber auch irgendwann keinen Spaß mehr." Und nicht jeder ist in der körperlichen Lage, sich im Alltag auf das Fahrrad zu verlassen. Beim Einkaufen hat der 49-Jährige dann auf Wocheneinkäufe verzichtet und oft geschaut, ob nicht ein Laden auf dem Weg liegt. Zum Beispiel den Arbeitsweg und Umstiegszeiten hat er dann genutzt, um was zu Essen für den Abend und nächsten Tag zu besorgen. Von Freunden mitnehmen lassen, habe Unterhalt sich übrigens nur selten. "Man will dann ja auch niemandem zur Last fallen." Zweifel sind verständlich, Autoverzicht aber möglich Seit etwa drei Jahren hat Guido Unterhalt seinen Führerschein wieder und fährt auch wieder Auto. Allerdings weniger: In die Stadt zum Beispiel fährt er jetzt zum Beispiel mit dem ÖPNV. Die Zweifler der Verkehrswende kann er immer noch verstehen. Ohne Auto sei alles zeitaufwendiger und brauche mehr Planung. Und: " Der ÖPNV in Bielefeld ist viel zu teuer und die Straßenbahnen sind oft zugig und klapprig. Zugfahrten sind immer ein Erlebnis mit Verspätungen, Ausfällen und schwierigen Fahrgästen." Trotzdem ist sein Fazit nicht schlecht: "Ich bin überall hingekommen, wo ich hin musste oder wollte." Und das, obwohl er in der Zeit auch jeweils drei Monate in Mönchengladbach und Osnabrück gearbeitet habe. Tatsächlich habe er in den fünf Jahren sogar weniger Geld für seine Mobilität ausgegeben, da Abos deutlich günstiger sind als Einzeltickets und als Steuer, Versicherung, Sprit und Instandhaltung. Damit weiß Guido Unterhalt jetzt, dass das Leben ohne Auto zwar an einigen Stellen unbequemer ist als mit, aber definitiv möglich. Alle bisher erschienenen Inhalte zu unserer Themenreihe Verkehr lesen Sie hier.

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