Hammer Mühle: So kam es zum Abriss der Traditionsgaststätte

Bielefeld. Noch vor dem Sonnenaufgang im Schutze der Dunkelheit um 6.54 Uhr rückt ein Abrissbagger zur Mühlenstraße 54 an, dort, wo seit fast 120 Jahren die &bdquo;Hammer Mühle" steht. Eine Traditionsgaststätte und die letzte erhaltene Luttermühle Bielefelds macht ihre letzten Atemzüge. Eine gute Stunde später liegt die Fassade des beliebten Quartier-Treffs im Osten der Stadt als riesiger Schutthaufen am Straßenrand. Schnell versteckt die Abriss-Kolonne den Bagger im Hinterhof und verschwindet. Fakten wurden geschaffen in einem Disput zwischen Natur- und Denkmalschützern, Stammgästen der Kneipe, Aktivisten, die eine Online-Petition (über 3.000 Unterzeichner) auf den Weg brachten, Bezirksvertretern, Ratsmitgliedern und natürlich den Investoren und Bauherren, der &bdquo;Tizian Hammer Mühle GmbH". Die Nachricht verbreitet sich wie ein Lauffeuer, dutzende Anwohner eilen herbei, viele haben Tränen in den Augen. Die siebenjährige Laki, die mit ihrem Vater Markus vorbeischaut nimmt ihren Daddy an die Hand und sagt: &bdquo;Die arme Hammer Mühle." Die beiden saßen oft in der Gaststätte auf ein Glas Apfelschorle. Ganz so empathisch ist nicht jede Aussage der &bdquo;Bauzaungäste". &bdquo;Das grenzt schon an Zynismus", stellt Anwohner Andreas Voss fest oder &bdquo;Hier wurden Tatsachen geschaffen aus der Tiefe des Raumes, das hat schon kriminelle Züge", bemerkt Marita Krüger, Bezirksvertreterin der Linken. Auch sie wohnt in der Nähe. &bdquo;Wenn so etwas am Siggi passiert wäre, gäbe es einen riesen Aufschrei, aber hier?" Die Fassungslosigkeit einiger Passanten richtet sich auch gegen die Wirte, das Ehepaar Niewerth. Diese hätten wohl noch bis vor wenigen Tagen Essensbestellungen für Gänsebraten und Reservierungen für Weihnachtsfeiern angenommen und gestern hing ein Schild vor der Eingangstür mit dem Hinweis: &bdquo;Wegen Wasserschaden geschlossen". Auf Facebook veröffentlichten sie: &bdquo;Sehr gerne hätten wir uns von euch persönlich verabschiedet. Aufgrund der bestehenden Umstände ist uns dieses leider nicht mehr möglich". Welche Umstände? Es war bis zuletzt ein Spiel gegen die Zeit: Der Stadtentwicklungsausschuss sowie die Bezirksvertretung Mitte hatten Ende September beschlossen, das Gebäude unter vorläufigen Denkmalschutz zu stellen.Wenige Stunden bevor der Bagger anrückte endete die Frist zur Anhörung des Bauherrn. Die Hammer Mühle wäre von heute an bis auf Weiteres denkmalgeschützt. Angeblich soll das entsprechende Schriftstück der Tizian-Hammer Mühle GmbH nicht zugestellt worden sein können, da diese kurzfristig ihren Firmensitz von der Paulusstraße ins niedersächsische Melle verlegt habe. Wie die Zeit rannte, erkennt der Zaungast auch daran, dass im Obergeschoss des freigelegten Gebäudes noch Stühle stehen und Kaffeemaschinen – sieht aus wie: schnell weg hier! Das wirft Fragen auf: gab es einen Abbruch-Antrag? Haben die Stadtwerke die Versorgungsleitungen stillgelegt? Ein Abbruch ist zwar nicht genehmigungs- wohl aber anzeigepflichtig. Wie sieht es mit der Verkehrssicherheit des &bdquo;restlichen" Gebäudeteils aus? War alles gar von langer Hand vorbereitet? Sogar Mutmaßungen im Zusammenhang mit einem Brandanschlag auf die Hammer Mühle Ende letzter Woche machten die Runde. Sicher ist: einen Antrag auf Sperrung der Straße während der Abbrucharbeiten lag dem Amt nicht vor. In einer ersten Stellungnahme zeigt sich die Ratsfraktion der Grünen empört: &bdquo;Wir sind schockiert über die Nachricht des Abrisses. Nun müssen wir schnell ins Gespräch kommen – mit all den Menschen, die sich so unermüdlich für den Erhalt der Hammer Mühle eingesetzt haben, und die zu Recht stinkwütend sind", kommentiert die Fraktionsvorsitzende Christina Osei. Unterdessen wurde bekannt, dass die Tage einer weiteren Gaststätte im Bielefelder Osten wohl gezählt seien, auch dort gibt, beziehungsweise gab es leckere Schnitzel auf dem Teller: das Restaurant Hollmann an der Otto-Brenner-Straße soll einem Neubau weichen. Fortsetzung folgt!

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