Lebensgefährliche Chaos-Fahrt in Bielefeld hinterlässt bleibende Schäden

Bielefeld. Man mag sich gar nicht ausmalen, was alles hätte passieren können. Wie durch ein Wunder endete die Alkoholfahrt eines stockbetrunkenen Bielefelders zumindest ohne Schwerstverletzte oder gar Tote. Der 29-jährige Mann war im Juli 2019 mit seinem Auto vollkommen zugedröhnt über die Autobahn gerast, hatte parkende Autos beschädigt, ein vor ihm fahrendes Auto gerammt und war auf einen Polizeiwagen zugefahren. Im Februar dieses Jahrs verurteilte ihn das Amtsgericht zu zweieinhalb Jahren Gefängnis und ordnete darüber hinaus seine Unterbringung im Entzug an. Der Angeklagte legte Berufung gegen das Urteil ein. Nun muss sich das Landgericht in nächster Instanz mit den Vorfällen jenes Juliabends befassen. Die Begleiter fürchteten um ihr Leben Sollten die Feststellungen des Amtsgericht zutreffen, so war Oswald S. (Name geändert) am Abend des 27. Julis 2019 mit einem VW Polo auf einen an der Milser Straße gelegenen Parkplatz gefahren. Dort stiegen mehrere Personen zu ihm ins Auto, die offenbar Interesse am Kauf von Teilen der Innenausstattung des Fahrzeugs hatten. Diesen war zuvor schon der torkelnde Gang des Manns aufgefallen - doch ungeachtet der Proteste der übrigen Insassen fuhr Oswald S. plötzlich los. Gefährliches Manöver: Autobahnraser entkommt der Polizei Mit einem lebensgefährlichem Fahrstil raste S. unter anderem auf die Autobahn, wo er derart dicht auf andere Autos auffuhr, dass seine Begleiter ernsthaft um ihr Leben fürchteten. Einem der Männer gelang es zumindest zeitweilig, S. dazu zu bringen, ihm das Steuer zu überlassen. Obgleich der Mitfahrer über keinen Führerschein verfügte, erschien ihm dies immer noch als die bessere, weil sicherere Variante. Als die Mitfahrer den Polo auf dem Parkplatz an der Milser Straße wieder verließen, waren sie froh, mit dem Leben davongekommen zu sein. Im Anschluss drehte Oswald S. jedoch noch alleine ein paar Runden - oder das, was er dafür hielt - auf dem Parkplatz. Dabei touchierte er gleich mehrere dort abgestellte Fahrzeuge. An einem VW Tiguan entstand so ein Schaden von rund 10.000 Euro. Gleich mehrfach rammte der Angeklagte ein vorausfahrendes Auto Im Anschluss verließ S. den Parkplatz. Um 19.39 Uhr überholte er auf der Elverdisser Straße einen anderen Polo. Dessen Insassen fielen jedoch der Fahrstil des nun Vorausfahrenden sowie die Schäden an dessen Auto auf. Die Zeugen verständigten die Polizei und folgten dem Betrunkenen. Als S. dies bemerkte, ließ er den anderen Polo zunächst passieren und nahm nun seinerseits die Verfolgung auf. Verfolgungsjagd: Bielefelder Raser hängen Polizei ab Mit seinen Fingern zeigte er den Zeugen eine Geste des Schießens. Mehrfach rammte er das vor und neben ihm fahrende Auto, bis er schließlich nach dem letzten Aufprall an der Stauferstraße von der Verfolgung absah und das Weite suchte. Die Insassen des derart angegangenen Autos erlitten durch die Kollisionen Kopf-, Rücken- und Nackenschmerzen, einer der Zeugen befindet sich seither in psychologischer Behandlung. Als ihm schließlich auf der Göppinger Straße ein Polizeiauto entgegenkam, hielt S. nicht etwa an, sondern stattdessen geradewegs auf die Beamten zu. In letzter Sekunde entkamen diese durch das Herumreißen des Steuers einem Frontalzusammenstoß. Lediglich die Außenspiegel der Fahrzeuge berührten sich. Die Polizisten nahmen die Verfolgung auf. Im Bereich der Endhaltestelle ließ S. das Auto stehen und flüchtete sich in die Büsche. Als die Polizei mit einem Diensthund nahte, verließ er jedoch sein Versteck und wurde festgenommen. Eine anschließende Blutprobe ergab, dass der 29-Jährige mit 2,43 Promille sowie Cannabis im Blut unterwegs gewesen und somit definitiv absolut fahruntüchtig war. Richter sieht wenig Chancen für eine Bewährungsstrafe Im Februar dieses Jahrs verurteilte das Amtsgericht den zigfach vorbestraften S. zu zweieinhalb Jahren Gefängnis. Dieser legte Berufung ein, nunmehr muss sich das Landgericht mit dem Fall befassen. Das Ziel seines Mandanten, so sagte Verteidiger Christoph Prasse nun in der Verhandlung vor der XI. kleinen Strafkammer, sei eine Bewährungsstrafe. Der Vorsitzende Richter Thorsten Gerdes wies darauf hin, dass, sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, alleine schon aufgrund der Vorstrafen sowie weiterer offener Verfahren wenig für eine abermalige Bewährungschance spreche: "Da wird es schwierig zu sagen, da können wir alle Augen zudrücken." Der Prozess wird am 4. November fortgesetzt.

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