Förster sicher: "Die Wildschweine wurden auf die A2 gescheucht"

Bielefeld. Der schwere Wildunfall auf der A2 in der Nacht auf Dienstag, 12. Oktober, lässt die Autofahrer nicht los. Die Vorstellung, dass plötzlich eine ganze Rotte Wildschweine über die Autobahn laufen könnte, macht vielen Angst. Kein Wunder: Hatte doch genau diese Situation nicht nur vier Wildschweinen das Leben gekostet, sondern auch sieben Fahrzeuge beschädigt. Eine 26-jährige Lehrerin aus Bielefeld, die mit ihrem Ford Fiesta als erste in die Wildschweine prallte, verletzte sich sogar leicht. Lärmschutzwände als Fluchtverhinderung Für Stadtförster Herbert Linnemann ist es mehr als wahrscheinlich, dass die Wildschweine aufgescheucht wurden und in Panik geraten sind. Wie berichtet, hatte sich der erste Unfall zwischen einem Mercedes und einem einzelnen Wildschwein unten auf der Lageschen Straße ereignet. Offenbar gehörte auch dieses Tier, dass anschließend geflüchtet war, zu der Rotte, die wenig später auf die Autobahn irrte: &bdquo;Ich gehe davon aus, dass die Wildschweine von einem Auto oder streunenden Hunden aufgescheucht wurden. Aber auch eine nächtliche Maisernte ist als Ursache denkbar“, sagt Linnemann. Im letzteren Fall seien die Wildschweine womöglich von der Erntemaschine vom Feld auf die Straße getrieben worden. &bdquo;Inzwischen muss man aber auch bedenken, dass vielleicht ein Wolf die Tiere in Panik versetzt hat.“ Auf der Lageschen Straße haben dann Lärmschutzwände die Flucht seitlich von der Straße unmöglich gemacht. &bdquo;Eine Leitplanke ist für Wildschweine kein Hindernis. Aber offensichtlich befanden sie sich hier in einer Art Korridor. Die Auffahrt zur Autobahn war dann der erste Ausweg für die Tiere.“ 2020 starben in Bielefeld 241 Rehe - kein einziges Wildschwein Trotz all der Erklärungsversuche bleibt der Unfall für Bielefelder Verhältnisse eine große Seltenheit: &bdquo;2020 gab es im Stadtgebiet keinen einzigen Wildunfall mit Wildschweinen“, sagt der Experte. Er könne sich auch in den Jahren davor kaum an Wildunfälle auf der A2 am Bielefelder Berg erinnern. Dafür starben 2020 aber 241 Rehe bei Zusammenstößen mit Autos in Bielefeld. Das ist für eine Stadt eine ganze Menge.“ Doch die meisten der Unfälle ereignen sich auf Straßen in Wald- und Feldnähe. Der Autoclub ACE fordert die Autofahrer im Herbst zu besonderer Vorsicht auf: &bdquo;Wildtiere sind jetzt besonders aktiv und machen bei ihrer Futtersuche – meist im Schutz der Dunkelheit – auch vor viel befahrenen Straßen nicht Halt“, sagt ACE-Kreisvorsitzender Christoph Birnstein. &bdquo;Entgegen der verbreiteten Meinung bieten Wildwarnreflektoren oder am Straßenrand baumelnde CDs keinen Schutz“, warnt er. Er rät dringend, Warnschilder und indirekte Hinweise wie Hochsitze oder eben reflektierende Gegenstände am Straßenrand als Warnung zu beachten und jederzeit mit einer Vollbremsung zu rechnen. Auf die abschreckende Wirkung der Reflektoren zu vertrauen, ist hochgefährlich. Blaue Reflektoren schrecken das Wild ab Herbert Linnemann sagt, dass insbesondere blaue Reflektoren helfen. &bdquo;Denn das Blau ist für das Wild abschreckend. Aber sie können Unfälle nicht vollends verhindern.“ Die Wirkung von aufgehängten CDs, Plastikflaschen oder Stanniolpapier an Bäumen ist noch strittiger. Dahinter steckt die Absicht, bei Dunkelheit das Scheinwerferlicht vorbeifahrender Fahrzeuge in Richtung Wild zu reflektieren und es so von der Straße abzuhalten. &bdquo;Leider verfehlen die Reflexionen ihren Zweck“, sagt Birnstein. &bdquo;Studien legen nahe, dass Wildwarnreflektoren die Zahl der Wildunfälle nicht verringern können. Herbert Linnemann hofft deshalb, dass die Verantwortlichen die Autobahnen vor allem im Bereich der Wälder durch Zäune schützen. &bdquo;Die sind rechts und links schon wichtig.“ So sei es bekanntlich allein wegen der Schweinegrippe Ziel, den Wildschweinbestand nicht zu groß werden zu lassen. Auch durch die Jagd könnten Tiere auf der Flucht auf die Straßen rennen. Wie verhalte ich mich im Ernstfall richtig? Der ACE rät für den Ernstfall: Sobald am Straßenrand Tiere zu erkennen sind, runter vom Gas. Tempo reduzieren. Wird ein Wildtier im Licht der Scheinwerfer sichtbar: Sofort das Fernlicht ausschalten – die Tiere bleiben sonst im Lichtkegel stehen. Abblenden und kurzes Hupen führen in der Regel dazu, dass die Tiere weglaufen. Bei plötzlich auftauchendem Wild hilft nur: Lenkrad festhalten, keine Ausweichmanöver riskieren und stark abbremsen. Achtung: Es muss immer mit mehreren Tieren aus einem Rudel und auch mit Nachzüglern gerechnet werden. Zum Thema: Polizei warnt vor schlimmen Folgen: Derzeit viele Wildunfälle in Bielefeld Was nach einem Wildunfall zu tun ist

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