Dank dieser Bielefelderin (18) wissen viele endlich, wen sie wählen sollen

Bielefeld. Sie ist gerade 18 geworden, liest die Wahlprogramme der Parteien zur Entspannung – und begnügt sich beim Interview mit den Bielefelder Kandidaten nicht mit Floskeln: Mit ihrem Podcast &bdquo;PoliticsTalk" auf Spotify will Anne Siebelhoff nicht nur Erstwählern bei der Entscheidungsfindung helfen. Konzept oder leere Versprechen? Wie konkret wollen sie die Inhalte der Wahlprogramme umsetzen? Und welche Konsequenzen hätte die Umsetzung für verschiedene Gruppen? Die Abiturientin hat kritisch nachgefragt – und für ihre Podcast-Folgen bereits viel positive Rückmeldung bekommen. Statt nur zu meckern oder genervt abzuwinken alle zur Wahl zu bewegen, das ist Annes Mission. &bdquo;Kann wirklich verstehen, wenn sich die Leute nicht die ellenlangen Wahlprogramme durchlesen" &bdquo;Ich kann wirklich verstehen, wenn sich die Leute nicht die ellenlangen Wahlprogramme durchlesen", sagt sie. Ihr mache das halt einfach Spaß. Wenn man etwas vorgelegt bekommt, das man sich beim Bus- oder Bahnfahren, Joggen oder wo auch immer einfach zusammengefasst anhören kann, sei das vielleicht einladender. Die Menschen, die Bielefeld in Berlin vertreten wollen, vorzustellen, war ihr wichtig. Was macht ihre Persönlichkeit aus? Wer sind sie? Welche politischen Ideen und Vorstellungen vertreten sie? Grade das Abi in der Tasche, nahm sie Kontakt zu den Parteien auf, verabredete sich mit Wiebke Esdar (SPD), Angelika Westerwelle (CDU), Britta Haßelmann (Grüne), Jan Maik Schlifter (FDP) und Friedrich Straetmanns (Linke) zu Interviews. Zu hören sind jetzt sieben Folgen über Spotify: Zwei kürzere Erklärstücke und fünf 30- bis 60-minütige Interviews. Wen wähle ich wie? Wie funktioniert das mit den zwei Stimmen genau? Wen wähle ich wie? Wie läuft die Briefwahl ab? Was verbirgt sich hinter Begriffen, die in den Interviews immer wieder vorkommen, wie Rot-Rot-Grün, Überhangs- oder Ausgleichsmandate. Warum ist die Bundestagswahl so wichtig? Und wie ist Politik überhaupt offiziell definiert? &bdquo;Politik heute ist vor allem eines: dynamisch und komplex – und geprägt von den wichtigen Themen wie Klimawandel, Migration, Gleichberechtigung, internationale Beziehungen, Globalisierung und der Coronakrise, die die Gesellschaft immer weiter gespalten hat", sagt Anne, die ihr Abitur an der Marienschule gemacht hat, eigentlich dann gern zum Bundesfreiwilligendienst an eine Schule in Chile gehen wollte und coronabedingt jetzt erstmal Plan B verfolgt: Politikwissenschaft und Philosophie an der Uni Bielefeld zu studieren. Inwiefern muss Wirtschaft in die Klimakrise einbezogen werden? Was bedeutet es für junge Menschen, wenn das Rentenalter abgesenkt wird? Wie soll der Islamismus ohne Bundeswehreinsätze begrenzt, wie Menschen evakuiert werden? Annes Fragen zeigen, dass sie sich intensiv mit den Wahlprogrammen auseinandergesetzt hat. Aber sie begnügt sich nicht mit den Standardantworten. &bdquo;Ich wollte vor allem wissen, wie genau die Bielefelder Kandidaten die Forderungen konkret umsetzen wollen", sagt sie. Interessant sei, dass die Parteien eben längst nicht nur für die Themen, mit den sie standardmäßig verbunden werden und die sie auf ihren Wahlplakaten in den Vordergrund stellen, stehen. Anne gendert, nicht nur im Podcast, sondern immer. &bdquo;Nicht, weil es das wichtigste Thema ist und gerade so gehypt wird, sondern weil Gesellschaft auch durch Sprache geprägt wird und ich so viele Menschen wie möglich in meine Sprache mit einbeziehen möchte", sagt sie. &bdquo;Es ist unsere Macht, zu entscheiden, wie man mit den wichtigen Fragen unserer Zeit umgeht" &bdquo;Perfekt, das hat mir jetzt echt fehlt", so die Reaktionen von Podcast-Hörern, berichtet Anne. Endlich wüssten sie jetzt, wen sie wählen sollen. Ohne sich durch die ellenlangen Parteiprogramme quälen zu müssen. &bdquo;Das freut mich natürlich sehr." Sie könne sich vorstellen, sich selbst zukünftig auch politisch zu engagieren. Die Arbeit für den Podcast habe sie ein Stück weitergebracht in den Überlegungen, bei welcher Partei. Von der zukünftigen Regierung wünscht sich Anne, das in Sachen Klimaschutz wirklich etwas passiert, sie sich für Generationen- und globale Gerechtigkeit einsetzt, für die Freiheit jedes Einzelnen auf ein individuelles Leben. "Und es hinbekommt, dass alle Bürgerinnen und Bürger zufriedener sind, damit sich die Gesellschaft nicht weiter spaltet und die Demokratie erhalten bleibt", ergänzt Anne, die als Neunt- und Zehntklässlerin einige Monate in Finnland und Kanada gelebt hat. &bdquo;Es ist unsere Macht, zu entscheiden, wer Politik macht, welche, wo Deutschland in vier Jahren steht und wie man mit den wichtigen Fragen unserer Zeit umgeht", ergänzt sie. Deshalb appelliert sie an alle: Geht am Sonntag wählen.

Meistgelesen