Ein Bertelsmann stirbt auf der Jagd

Bielefeld. Wer mit offenen Augen die Wanderwege am Käseberg nutzt, dem dürfte er schon einmal aufgefallen sein: der große Findling mit Gravur, der in einen Baum hineingewachsen scheint. Und wer noch genauer schaut, wird in dem bemoosten Stein vielleicht sogar einen Kopf, ein Gesicht erkennen – mit geschlossenen Augen samt Schmiss, der übers linke Lid hinweggeht, Nase, gekräuselte Lippen und eine deutliche Magenfalte. Auf der Stirn die Inschrift, die das Gesicht zur Totenmaske werden lässt. Denn der Gedenkstein erinnert an einen tragischen Todesfall mitten im Wald. &bdquo;Arnold Bertelsmann, gestorben am 1. November 1902, am Herzschlag auf der Jagd" lautet die Inschrift in altdeutschen Buchstaben. Genauer gesagt hieß der Tote, der so jäh aus dem Leben herausgerissen wurde, Conrad Arnold Bertelsmann. Auf Anmeldung des Küsters Heinrich Kastrup wurde der Sterbefall zwei Tage später vom Standesamt Brackwede beurkundet. Doch was war geschehen und wer war dieser Bertelsmann? Der damals 67-Jährige war Leinen- und Damastfabrikant, Stadtverordneter in Bielefeld. Zum mittlerweile ausgestorbenen Gütersloher Zweig der &bdquo;Bertelsmänner" gehörte er nicht, das kann Kai Franke, Referent der Bertelsmann-Stiftung ausschließen – und er hat mittlerweile rund 1.400 Namen in der Familiendatenbank gespeichert, wie er der NW erklärt. Bliebe mit großer Wahrscheinlichkeit der Bielefelder Zweig der &bdquo;Bertelsmänner". Zum Thema:Liz Mohn macht ihren Sohn Christopher zum Familienoberhaupt und Chef der Bertelsmänner Conrad Arnold Bertelsmann wurde am 16. Juni 1835 in Arnsberg als Sohn von Pastor Carl Konrad Gustav und Emilie Bertelsmann (geb. von Laer) geboren und hatte fünf Geschwister. Nach der Schulausbildung wurde er Kaufmann, ließ sich in Bielefeld nieder und heiratete am 10. Mai 1867 Marie Delius, Tochter des Geheimen Kommerzienrats Hermann Delius, Ehrenbürger der Stadt Bielefeld. Die beiden hatten zwei Töchter. Ab 1890 war Conrad Arnold Mitglied des Stadtverordneten-Kollegiums und offensichtlich ein honoriges Mitglied der Bielefelder Gesellschaft. Sein Tod löste große Anteilnahme aus. An jenem 1. November 1902 traf ihn der Schlag genau um 11 Uhr, wie es im Standesamt vermerkt wurde. Der beim &bdquo;Pürschgang" zufällig anwesende Sanitätsrat Dr. Kranefuß habe nur noch den sofort eingetretenen Tod feststellen können, schreibt der Bielefelder Generalanzeiger. In einem Nachruf der Westfälischen Zeitung zwei Tage später ist nachzulesen, dass sich Bertelsmann, der &bdquo;trotz seiner 67 1/2 Jahre noch körperlich und geistig sehr rüstig und frisch" war, mit Freunden zur Jagd nach Brackwede aufgemacht hatte, &bdquo;um dem geliebten Waidwerk in den ihm so vertrauten Spiegel’schen Bergen nachzugehen". Schon zu Beginn der Jagd habe ihn der Schlaganfall getroffen und seinem arbeitsreichen Leben ein schnelles Ende gesetzt. &bdquo;Der Dahingeschiedene war Mitkämpfer der Feldzüge 1864, 1866 und 1870/71 und fand in den mehrfachen Ordensdekorationen die wohlverdiente Anerkennung seines Königs", schreibt die Westfälische Zeitung. Auch in Friedenszeiten habe er sich mit großer Liebe militärischen Studien gewidmet und &bdquo;noch mit viel Freude den letzten Korpsmanövern in hiesiger Gegend" beigewohnt. Ein honoriger Bielefelder Bertelsmann, der mit seiner Familie an der Wertherstraße 18a wohnte, war zudem Repräsentant der Altstädter Kirchengemeinde, Verbandsmitglied der Kleinkinderschule und der Baugesellschaft. Außerdem war er Mitglied des Verwaltungsrates der Ravensberger Spinnerei, Mechanischen Weberei und der Friedrich-Wilhelms-Bleiche, deren Gesellschaften er seit Jahrzehnten angehörte. Ferner war er zeitweise Geschäftsführer des Verbandes deutscher Leinen-Industrieller. Der Bielefelder Generalanzeiger schreibt, Conrad Arnold Bertelsmann habe sich &bdquo;seinerzeit sehr energisch und mit gutem Erfolge" mit anderen dafür eingesetzt, dass die Handlungsreisenden der Leinen- und Wäschekundschaft auch Privatkunden aufsuchen und an sie verkaufen dürfen. Ein einstiges Bielefelder Schmuckstück vergammelt

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