Dieser sanierte Bielefelder Bahnhof wird für Radfahrer zum Ärgernis

Bielefeld. Gearbeitet wird noch länger auf dem millionenschwer sanierten Brackweder Bahnhof, doch die lange Rampe hinunter zum Tunnel ist fertig. Es gibt neben ihr noch eine Treppe, beide Wege führen dorthin, wo es dann wieder hinauf zu den verschiedenen Gleisen geht. An der Qualität der Rampe gibt es jetzt Kritik. So sagt Ex-Polizeihauptkommissarin Ellen Haase, die sich seit Jahrzehnten für die Sicherheit von Radfahrern einsetzt: &bdquo;Die Kehre ist sehr eng, wer da als Radfahrer versucht, herumzukommen, fährt schnell vor die Wand." Präziser müsste es heißen: Stürzt auf die angrenzende Treppenanlage. Haase befürchtet, dass es schnell zu Kollisionen und Stürzen kommen wird. Zwei Meter bleiben dem Radfahrer nach der Abwärtsfahrt in der Kehre für das Wendemanöver. Problematisch scheint auch, dass hier taktile Steine (mit Rillen und Punkten für Sehbehinderte) das Fahren weiter erschweren. »Wie bitte? Radfahren? Hier?« Hat die Bahn das nicht bedacht? Bahnhofsmanager Martin Nowosad reagiert auf Anfrage völlig konsterniert: &bdquo;Wie bitte? Radfahren? Das ist dort verboten, da hängen doch die blauen Gehweg-Schilder, es ist doch eindeutig nur für Fußgänger." Und damit hat er Recht. Die Rampe ist klar als Gehweg ausgeschildert, auch von der anderen Seite aus ist der neue Bahnhofstunnel eindeutig so ausgeschildert. &bdquo;Wegen der Verletzungsgefahr", sagt Nowosad. Das wissen auch Haase und Daniel Mörchen vom Radentscheid. Dennoch sehen sie die Situation nicht so eindeutig. Haase: &bdquo;Ja, das Schild ist da, aber wenn da jemand unbedacht herunterfährt und glaubt, die Kurve zu kriegen und dann umfällt, ohne Helm, im Seniorenalter, dann rächt sich das Gewicht des Pedelecs und wirft den Radler mit großer Hebelwirkung zu Boden." "Eindeutig schieben" 25 Kilogramm wiegen die E-Bikes, wer bergab ein wenig die Kontrolle verliert, dem droht Schlimmes. Mit dem Kopf auf die Stufen zu stürzen, das kann tödlich enden. Haase: &bdquo;Wenn man dann vielleicht noch einige Minuten da unten liegt, bis man gefunden wird – bei einer schweren Verletzung hat man dann keine Chance." Sie weiß, wovon sie redet, hat sie doch genügend tote Radfahrer nach Verkehrsunfällen gesehen. Nowosad hält dem die klare Regelung entgegen: &bdquo;Da muss geschoben werden, das ist doch eindeutig. Radfahrer dürfen die Rampe mitnutzen, aber eben als Fußgänger." Und so trifft das Recht auf die Realität. Bei einem Besuch vor Ort gab es acht Radfahrer, die hier entlangkamen, alle radelten die Rampe herunter. Keiner stieg ab. Daniel Mörchen vom Radentscheid sieht einerseits, &bdquo;dass sich die Bahn ganz sicher an die Vorschriften gehalten hat und versicherungstechnisch auf der sicheren Seite ist". Aber: &bdquo;Es wird eben trotzdem geradelt, auch, weil hier sehr wenig los ist." Verschärfend komme hinzu, dass ja der Weg quer durch den Bahnhofstunnel sogar zur offiziellen Hauptroute des Bielefelder Radkonzeptes gehöre. Radlerpfeil zur Rampe Und tatsächlich: 20 Meter vor der Rampe ist noch der Radfahrer-Richtungspfeil gen Rampe zu sehen. Der Tunnel ist nun einmal eine der Hauptachsen zwischen Quelle und Brackwede. Und genau hinter dem Tunnel ist sogar einer der neuen Radfahrerknotenpunkte mit etlichen Radfahr-Routen und einer Hinweistafel angebracht. Die Nummer 29. Für Mörchen ist klar: &bdquo;Radfahrer werden da durch fahren, es ist nicht glücklich, eine Radfahrroute so zu unterbrechen und Radfahrer zu Fußgängern machen zu wollen." Zumal im Tunnel weit überwiegend kein Mensch unterwegs sei. Er bedauert, dass nicht einfach die Kehre ein paar Meter größer ausgefallen ist, dann wäre das Wenden einfacher und gefahrenfreier möglich gewesen. &bdquo;Aber dann wäre alles teurer – und deshalb läuft es eben so wie es jetzt gelaufen ist." »Hinweis hätte Warneffekt« Im Zwiespalt zwischen Recht und Realität gibt es viele Facetten, für Bahnhofsmanager Nowosad ist klar: &bdquo;Wir machen das nicht, um Menschen zu ärgern, sondern nur aus Sicherheitsgründen." Ellen Haase sieht das, sie sagt: &bdquo;Zumindest hätte ein Hinweis auf die Enge der Kehre einen wichtigen Warneffekt – und zu ihrer Sicherheit sollten Radfahrer einfach absteigen und schieben." Auch wenn es schwer fällt und gegen die Natur des Radelns auf einer Radfahrroute ist. Die Gesamtbaumaßnahme &bdquo;Brackweder Bahnhof", die laut Bahn mehr als 17 Millionen Euro kostet, soll planmäßig bis Ende des Jahres abgeschlossen sein.

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