Hier können die Bielefelder jetzt müllfrei Essen bestellen

Bielefeld. Ab 2023 müssen Gastronomen ihr Essen auch in Mehrwegverpackungen anbieten. Das bestimmt ein neues Gesetz, das Ende Mai mit Zustimmung des Bundesrats beschlossen wurde. Ziel des Gesetzes ist es, die negativen Auswirkungen von Kunststoffprodukten auf die Umwelt zu reduzieren, also auch den Verbrauch von Einwegverpackungen. Caren Beier, Betreiberin der Fleischerei Beier, die unter anderem regelmäßig auf Bielefelds Wochenmärkten anzutreffen ist, will nicht bis 2023 warten. Ab Montag gibt's Beier Mittagstisch gegen 10 Euro Pfand zum Mitnehmen in einer Box, die sogar Spülmaschinen und Mikrowellen übersteht. Recircle heißt das System der Stuttgarter Firma Elithro GmbH, von der Beier die Boxen bezieht und die Kooperationen mit Gastronomen in ganz Deutschland pflegt. &bdquo;Eine Kundin hat uns auf das Pfandsystem aufmerksam gemacht", sagt Beier. Der Vorteil: &bdquo;Die Boxen können bei allen teilnehmenden Gastronomen wieder abgegeben werden – je nachdem wo man gerade unterwegs ist." Mehr Infografiken finden Sie bei Statista 55.900 Tonnen Restmüll haben die Bielefelder laut Andrea Marten vom Umweltbetrieb im Jahr 2020 erzeugt. &bdquo;Die Tonnage der Wertstofftonne, in der Leichtverpackungen wie Joghurtbecher und stoffgleiche Nichtverpackungen – also beispielsweise Blumentöpfe oder Plastikgießkannen - gesammelt werden, betrug 2020 rund 13.150 Tonnen", sagt Marten. &bdquo;2019 waren es 12.626 Tonnen, also 4,1 Prozent weniger." Nachfrage beim Bielefeld-Becher stockt Einen Vorstoß, um der Flut an Verpackungsmüll entgegenzuwirken, wagte die Stadt im Oktober 2017: Mit der Einführung des Bielefeld-to-go-Bechers. Für 3,99 Euro kann der wiederverwendbare Kaffee-Becher in mittlerweile rund 70 Bäckereien, Cafés und Restaurants der Stadt und darüber hinaus erworben und befüllt werden. Rund 23.000 Stück wurden laut Marten seitdem ausgeliefert. Auch Beier hofft, mit der Zeit ihren Bestand an Mehrweg-Boxen aufzustocken. 50 Schalen aus dem Kunststoff PBT hat sie vorerst bei Recircle angefordert. &bdquo;Ich habe mir ein halbes Jahr Probezeit genommen, um zu sehen, wie die Boxen angenommen werden", sagt Beier. &bdquo;Ich hoffe sehr, dass noch andere Bielefelder Gastronomen auf den Zug aufsteigen werden." Für den Anfang setzt Beier vor allem auf ihre Stammkunden: &bdquo;Wer regelmäßig herkommt, kann seine Box am einfachsten wieder zurückgeben", so Beier. Auch das Papitos macht mit beim Pfandsystem &bdquo;Ab 8 bis 16 Wiederverwendungen" - je nach Material der Einwegverpackung, mit der verglichen wird - &bdquo;schneidet die Recircle-Box besser ab als Einweggeschirr", schreibt die Firma auf ihrer Internetseite. Ein vergleichbares Pfandsystem bietet neben Recircle auch die Münchener Firma Recup unter der Marke Rebowl an. Die "Re-Bowl" gibt es demnächst in dem mexikanischen Restaurant Papitos, das kürzlich in der Arndtstraße eröffnet hat - gegen ein Pfand von 5 Euro. &bdquo;Wir haben die Boxen letzte Woche bestellt", sagt Thanujan Sivananthan, Betreiber des Papitos, &bdquo;Rebowl hat gerade Lieferschwierigkeiten, die Schalen sollen aber in spätestens drei Wochen da sein." Doch wie gut wird Mehrweg-Geschirr für &bdquo;To-Go" und &bdquo;Take-Away" von den Verbrauchern angenommen? &bdquo;Aktuell werden die Bielefeld-Becher maximal in geringer Stückzahl abgenommen", so Marten vom Umweltbetrieb. Das muss allerdings nicht an den Verbrauchern liegen: &bdquo;Viele unserer Kooperationspartner befüllen aufgrund der verschärften Hygienevorschriften in der aktuellen Pandemiesituation keine Mehrwegbecher." Philip Heldt, Referent für Ressourcenschutz bei der Verbraucherzentrale NRW, hat zu diesen Vorsichtsmaßnahmen eine klare Haltung: &bdquo;Das ist Schwachsinn", sagt er. &bdquo;Corona verbreitet sich nicht über Verpackungen, die ich selbst mitbringe. Das Befüllen von mitgebrachtem Geschirr ist weiterhin erlaubt und möglich." "Eigenes Geschirr mitbringen oder gleich vor Ort essen" Dafür, dass - trotz Bielefeld-Becher, Recircle oder Rebowl – in Bielefeld weiterhin die Mülleimer überquellen, sieht Heldt den Gesetzgeber in der Verantwortung: "Die Politik hätte schon früher drastischere Schritte gehen können", sagt er. "Beispielsweise mit einer Steuer auf Einwegverpackungen wie in Tübingen. Man könnte Lebensmittel auch grundsätzlich nur noch in Mehrwegverpackungen zulassen." Mehr Infografiken finden Sie bei Statista Hinsichtlich der Ökobilanz von Mehrweg-Boxen macht Heldt eine einfache Rechnung auf: &bdquo;Die Boxen werden aus demselben Material produziert wie gängiges Einweggeschirr - nur in dicker." Sie seien somit länger haltbar und damit nachhaltiger als die Einwegvarianten. Aus gesundheitlicher Sicht gelte: &bdquo;Sowohl das von Recircle verwendete PBT als auch das von anderen Anbietern benutzte Polypropylen gelten als sicher, enthalten keine Weichmacher und sind recycelbar." Doch es gehe noch besser: &bdquo;Nachhaltiger als Pfandgeschirr, ist Geschirr, das die Verbraucher von zu Hause mitbringen", sagt Heldt. Auch sehr ökologisch: &bdquo;Wenn man sein Essen einfach vor Ort isst. Man verwendet das, was eh schon da ist." Übrigens: ebenfalls unschlagbar in puncto Nachhaltigkeit ist die Eiswaffel. &bdquo;Klar, denn die kann man einfach aufessen", sagt Heldt. &bdquo;Abgesehen davon wäre es aber auch in Eisdielen prinzipiell möglich, seine eigene Schale mitzubringen."

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