So kurz hinter dem Schild: Hält Blitzer Guntram hier zu wenig Abstand?

Bielefeld. Kaum kommt das Tempolimit, schon blitzt es. Es war kaum Zeit, den Wagen genügend abzubremsen. Ist das zulässig oder ist das "reine Abzocke", wie ein NW-Leser fragt. Denn seit Samstag steht Bielefelds bekannter Blitzer-Anhänger &bdquo;Guntram" an der &bdquo;Tempo 30"-Strecke der Stapenhorststraße. &bdquo;Der Blitzer ist keine 50 Meter hinter dem Verkehrsschild aufgestellt", kritisiert der Leser. Seine Internet-Recherchen hätten ergeben, dass Blitzer mindestens 75 Meter vom Start des Tempolimits entfernt stehen dürfen, teilweise gelten sogar 200 Meter Mindestabstand. Doch die Internetrecherche des Lesers war nicht ganz vollständig, sagt Norman Rosenland, Leiter der Bußgeldstelle beim Ordnungsamt. Während andere Bundesländer tatsächlich einen Mindestabstand zwischen Schild und Blitzer definieren, gibt es diese Regelung in NRW seit Mai 2005 nicht mehr: &bdquo;Theoretisch dürften wir einen Meter hinter dem Schild messen. Wobei wir das natürlich nicht tun." Aber man könne erwarten, dass Autofahrer in einer Tempo-30-Zone innerhalb von 50 Metern ausreichend abbremsen können, so Rosenland. Update, 9. Juni: Außerdem gilt das Tempolimit auf der Stapenhorststraße tatsächlich bereits seit dem Franziskus-Hospitals - also schon über mehrere Hundert Meter. Darauf haben mehrere Leser die Redaktion hingewiesen. Dennoch kann das Schild etwa für Autofahrer, die von einer Seitenstraße auf die Stapenhorststraße eingebogen sind, durchaus das erste gewesen sein. Berlin fordert 75 Meter Abstand, Bayern 200 und der TÜV 150 Wie ist es in anderen Bundesländern? In Berlin gilt ein Mindestabstand zwischen dem Tempolimit-Schild und dem Blitzer von 75 Metern (bei Ortseingängen gilt 150 Meter). Hessen, Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern fordern 100 Meter Abstand. Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen, Niedersachsen, Sachsen und Schleswig-Holstein fordern 150 Meter. Bayern und Thüringen erlauben das Blitzen sogar erst 200 Meter hinter dem entscheidenden Schild. Ziel dieser Regelungen ist es, abrupte Bremsmanöver zu verhindern. Und NRW? &bdquo;Ein Verkehrszeichen entfaltet seine Wirkung grundsätzlich ab seinem Standort", heißt es in einer Antwort der damaligen Landesregierung auf eine entsprechende Anfrage der CDU im Landtag 2016. Und weiter: &bdquo;Fahrzeugführer haben ihre Geschwindigkeit stets so einzurichten, dass sie bereits beim Passieren eines die Geschwindigkeit begrenzenden Schildes die von diesem vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit einhalten können." Andernfalls entstehe durch eine Abstandsregel ein rechtsfreier Raum. Der TÜV Nord empfiehlt einen Abstand von 150 Metern. Eine Ausnahme gilt hingegen in fast allen Bundesländern: In kurzen Tempo-30-Zonen etwa vor Kitas und Schulen gelten auch andernorts keine Abstandsvorgaben. Die Stadt darf nur an Gefahrenstellen das Tempo messen Auch eine Selbstvorgabe für einen Mindestabstand gebe es beim Ordnungsamt der Stadt nicht, sagt Rosenland. Da aber die vorher festgelegten Messstellen der Stadt ohnehin in Absprache mit dem Amt für Verkehr und anderen Behörden abgestimmt werden müssen, passiere auch immer eine Prüfung des idealen Abstands zum Verkehrszeichen. Denn im Gegensatz zur Polizei, die sowohl rechtlich als auch örtlich bei Geschwindigkeitsmessungen deutlich flexibler sei, müsse die Kommune einen fest vorgegebenen Messstellen-Katalog erfüllen. Rosenland erklärt: &bdquo;Dort wo wir messen, muss eine Gefahrenstelle sein." Dazu gehörten Unfallschwerpunkte, Orte, an denen &bdquo;schwache Verkehrsteilnehmer geschützt werden sollen (Kitas, Schulen, Senioreneinrichtungen), aber auch Baustellen oder bekannte Raserstrecken. &bdquo;Erst wenn sich alle Stellen einig sind, dass an der Straße eine solche Gefahrenstelle vorliegt, dürfen wir dort messen." Bernhard ist bald repariert - kommt noch ein dritter Anhänger? Guntrams seit Februar in Reparatur befindlicher Bruder Bernhard steht nach der folgenreichen Spitzhacken-Attacke an der Osnabrücker Straße übrigens kurz vor seiner Rückkehr: &bdquo;Der Hersteller hat nun angekündigt, dass Bernhard in ein oder zwei Wochen abgeholt werden kann", berichtet Rosenland. Für die Reparatur hatte die Werkstatt monatelang auf Ersatzteile warten müssen. Als Ersatz für den schwerbeschädigten Blitzer hatte die Stadt bekanntlich noch bis Mitte Juli Leihblitzer Bernd gemietet. Durch das Fehlen des stadteigenen Blitzers war das Ordnungsamt beim Abarbeiten der geplanten Messungen in der Stadt ins Hintertreffen gekommen. Deshalb überlege man nun, so Rosenland, Ende des Jahres einen dritten Blitzer dieser Bauart auszuleihen und in Bielefeld einzusetzen.

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