Ärger um Corona-Kontrollen des Bielefelder Ordnungsamtes

Bielefeld. Das Ordnungsamt wird von Teilen der Bielefelder Bevölkerung stark kritisiert. Den Mitarbeitern der Behörde, die die Einhaltung der Grundrechtseinschränkungen wegen Corona kontrollieren sollen, wird in Berichten vorgeworfen, übergriffig, herrisch oder gar hart handgreiflich aufgetreten zu sein. Ordnungsamtsleiter Friedhelm Feldmann nimmt seine Mitarbeiter in Schutz. Laut Feldmann gibt es einen theoretischen Plan für die Praxis: 1. Freundliche Ansprache; sollte darauf Einsicht folgen, ist der Fall erledigt. 2. Wird auf die Ansprache nicht adäquat reagiert, erfolgt die Ausweiskontrolle mit eventuell nachfolgender Geldforderung. 3. Wird die Ausweiskontrolle verweigert, kann der Bürger nach Ordnungsrecht festgehalten und sogar in Gewahrsam genommen werden. Fachanwalt Burkhard Zurheide bestätigt die Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens, auch des Zwangs zum Schluss. &bdquo;Es ist ein fataler Irrtum zu glauben, dass das Ordnungsamt das nicht darf", sagt er. Das Ordnungsamt dürfe Personen festhalten, Personalien kontrollieren und auch Pfefferspray einsetzen. Allerdings müsse stets die Verhältnismäßigkeit gewahrt sein. Gelingt das? "Ich habe geschrien und mich gewehrt" Darüber gibt es Streit. Fakt ist: Eskalationen zwischen Kontrolleuren und Bürgern sollen vermieden werden. Doch das ist schwierig in dieser einmaligen Lage, in der Grund- und Freiheitsrechte beschnitten sind und die Stimmung deshalb oftmals übermäßig gereizt ist. Der 19-jährige T. zeigt sich immer noch schockiert. Drei Mitarbeiter des Ordnungsamtes haben ihn laut seinem Bericht vor wenigen Tagen zu Boden gedrückt, dann habe es Schläge auf den Hinterkopf gegeben, ein Knie im Rücken, ein Knie im Nacken, Pfefferspray ins Gesicht. &bdquo;Ich war verzweifelt, ich habe geschrien, alles tat weh", berichtet T. Als Randfigur ins Zentrum gerückt Er fühlt sich zu Unrecht angegriffen; er sei zu der Zeit allein unterwegs gewesen, es war vor 22 Uhr. &bdquo;Die haben erst von mir abgelassen, als jemand sie sah und sie anschrie, sie sollten es lassen", sagt T. Der Fall ereignete sich laut T. am Vatertag auf dem Feld nahe der Fachhochschule, wo das Ordnungsamt versucht habe, einer Gruppe von jungen Erwachsenen habhaft zu werden. Die Partygänger hatten die städtischen Mitarbeiter stark angegangen. Dann liefen sie davon und das Ordnungsamt versuchte, wenigstens einige zu stoppen. T. zählte vermutlich zu diesen Personen, weil auch er zunächst vor ihnen weg gerannt sei. T. sagt aber, er sei dort nur eine Randfigur gewesen. Sein Erlebnis ist Beispiel dafür, wie schief es gehen kann und wie schwer es mitunter ist, den Überblick zu behalten – für Kontrolleure wie Bürger. Es gibt weitere Berichte der konfliktträchtigen Art. So sollen Ordnungsamtsmitarbeiter in ihrer Ansprache augenblicklich drohend aufgetreten sein, Menschen ohne ersichtlichen Grund eingekreist oder sofort am Arm festgehalten haben. Ordnungsamtsleiter Friedhelm Feldmann nimmt solche Hinweise über das Verhalten seiner Mitarbeiter nach eigenen Angaben stets ernst und prüft sie. Er sagt aber zugleich, dass die Kontrolleure ihrerseits einiges an Aggression zu ertragen hätten und dennoch in der Regel nach seiner Einschätzung angemessen agieren würden. &bdquo;Die Erledigung durch normale Ansprache dürfte der Regelfall sein", sagt er. Nach Feldmanns Schätzung würden 95 Prozent der Begegnungen ohne Konflikt gelöst werden können. Statistische Daten über Beschwerden beim Ordnungsamt über Ordnungsamtsmitarbeiter gibt es nicht, laut Schätzung des Amtsleiters gehen monatlich acht bis zehn davon bei der Behörde ein, also zwei bis drei pro Woche. &bdquo;Ich gehe jedem Fall nach, und wir sprechen intern über die Vorkommnisse", sagt Feldmann. Die Mitarbeiter würden darüber hinaus in Seminaren für deeskalierendes Auftreten qualifiziert und fortgebildet. Atmosphäre teils angespannt bis feindselig Es gibt Bürger, die über diese Aussagen ungläubig den Kopf schütteln. Spätestens seit dem Auftritt des Ordnungsamts im Februar, als Menschen die Frostperiode für das seltene Vergnügen des Schlittschuhlaufens nutzten und Ordnungsamtsmitarbeiter sie von den Eisflächen vertreiben wollten, ist die Atmosphäre mitunter angespannt bis feindselig. Das merken wohl auch die Kontrolleure. Sie würden angemacht mit Sprüchen wie &bdquo;Wer bis du eigentlich", wie Feldmann berichtet. Manche würden wegrennen, sobald sie die Amtspersonen sichten, im schlimmsten Fall werden sie körperlich bedroht wie zuletzt durch Flaschenwürfe. "Jede Beschwerde wird geprüft und intern besprochen" Die Vorwürfe der jeweiligen Seiten ähneln sich. &bdquo;Es ist eine Sache der Perspektive", sagt Feldmann. Dem würde der 19-jährige T. zustimmen. Er selbst reflektiert und sagt, dass er sehr emotional auf die Begegnung reagiert habe. &bdquo;Ich habe mich versucht zu wehren. Ich hatte Angst." Das alles sei auch nicht gut gewesen, räumt er selbstkritisch ein, allerdings sei er weder der Angreifer gewesen noch habe er einen Grund für die Gewalt geliefert. Hinterher rief er deswegen sogar die Polizei herbei. &bdquo;Ich war so erregt darüber, was passiert ist, dass ich es jemandem erzählen musste." Öffentliche Debatte gefordert Laut Anwalt Zurheide könnten solche Begegnungen im Streitfall vor Gericht geklärt werden. Die alles entscheidende Frage sei die Verhältnismäßigkeit. &bdquo;Die Kontrolleure dürfen jemanden festhalten und sogar Pfefferspray einsetzen, aber nur zur Gefahrenabwehr, und dafür muss ein Anlass vorliegen", erklärt er. Ordnungsamtsleiter Feldmann wünscht sich eine öffentliche Debatte über diesen gesellschaftlichen Konflikt, in erster Linie aber &bdquo;wechselseitigen Respekt im Umgang".Dem werden wohl alle vorbehaltlos zustimmen können. Zum Thema: Beängstigend: Bielefelder Park ist sogar der Security zu gefährlich So verlief die erste Ausgangssperre in der Stadt

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