Bielefeld

Brakerin Agwunedu im Final Four um den DHB-Pokal

Die gebürtige Bielefelderin Ndidi Agwunedu steht mit der HSG Blomberg-Lippe im Final Four um den DHB-Pokal. Sie spricht über den Corona-Alltag und hohe Ziele.

Die ehemalige Brakerin Ndidi Agwunedu hat sich bei der HSG Blomberg-Lippe zu einer gestandenen Bundesliga-Spielerin entwickelt. | © Oliver König

14.05.2021 | 14.05.2021, 16:45

Bielefeld/Blomberg. Es ist die 17. Spielminute im Spiel der HSG Blomberg-Lippe gegen den Buxtehuder SV. DHB-Pokal, Viertelfinale. Es geht um den Einzug ins Final Four. Die Blomberger Mittelspielerin Nele Franz geht ins Eins gegen Eins, spielt den Ball weiter nach links. Die abwehrende Rechtsaußen macht zwei Schritte zur Mitte, sofort folgt der Pass auf die freigespielte Linksaußen-Spielerin der HSG Blomberg-Lippe – Ndidi Agwunedu. Sie macht drei Schritte und springt ab.

Im Sprung beobachtet sie, wie sich die gegnerische Torhüterin bewegt. „An die Wurfarmschleife denken!" Ausholen, werfen. Der Ball zappelt rechts im oberen Winkel des Tores. Es ist Ndidi Agwunedus Lieblingsecke und das zweite Tor für die 21-jährige gebürtige Bielefelderin mit nigerianischen Wurzeln. Am Ende gewinnt die HSG 27:20 und erreicht das Final Four, die Endrunde der vier besten Pokal-Teams im deutschen Handball. Das gelang zuletzt 2016. Das Halbfinale steigt an diesem Samstag um 12 Uhr gegen die Handball-Luchse Buchholz 08-Rosengarten, das Finale am Sonntag um 17 Uhr (beide live bei Sport1)

2016 war das Jahr, in dem Agwunedu die Deutsche B-Jugend Meisterschaft gewann. 2017 und 2018 folgten zwei dritte Plätze mit der A-Jugend. Handball spielt Ndidi Agwunedu schon seit 2009, angefangen hat alles beim TuS Brake. „Ich hatte viele Klassenkameradinnen, die Handball spielten und die erzählten immer so viel davon. Meine Schwester und ich hatten viel Spaß an dem Sport, den wir schon in der offenen Ganztagsschule ausprobiert haben. Und so haben wir uns entschieden, einfach mal bei einem richtigen Handballteam mitzumachen."

"Vor der Saison das Ziel Final Four gesetzt"

2015 folgte der Wechsel in die Talentschmiede der HSG Blomberg-Lippe. An diesem Wochenende nimmt sie nun erstmals an einem Final Four bei den Senioren teil. „Wir haben uns vor der Saison als Mannschaft das Ziel gesetzt, das Final Four zu erreichen und waren nach dem Spiel dementsprechend froh, dieses Ziel erreicht zu haben," sagt Agwunedu. Ein großer Erfolg, den das Team dieses Jahr pandemiebedingt aber nicht gemeinsam mit den Fans in der Halle an der Ulmenallee in Blomberg feiern konnte. Papp-Aufsteller sollten die Loyalität und Unterstützung der Fans imitieren. Ohne Erfolg. Nach dem Spiel war es unnatürlich still in der Halle, wo normalerweise 800 Fans mit ihrer Mannschaft gefeiert hätten. Agwunedu sagt: „Am Anfang war es ziemlich ungewohnt vor einer leeren Tribüne zu spielen. Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt."

Gewöhnungsbedürftig waren auch die vielen zusätzlichen Auflagen der Handball Bundesliga Frauen (HBF), um in Corona-Zeiten am Spielbetrieb teilnehmen zu dürfen. Unter anderem wird vor jedem Liga- oder Pokalspiel ein PCR-Test von allen Spielerinnen sowie dem Trainer- und Betreuerstab an ein Labor geschickt und ausgewertet. Der Test darf dabei frühestens 75 Stunden vor dem Spiel durchgeführt werden.

Auch in spielfreien Wochen wird diese Testung fortgeführt. Darüber hinaus wird vor jeder Trainingseinheit, vor dem Einsteigen in den Bus und beim Betreten der Halle die Körpertemperatur jedes Einzelnen gemessen. Die Sporthallen dürfen nur durch einen vorher bestimmten Eingang betreten und müssen über einen anderen Ausgang wieder verlassen werden. Zudem werden in der Halbzeit-Pause des Spiels die Spielerinnenbänke desinfiziert. Bisher greifen diese sowie viele weitere Maßnahmen bei den Blombergerinnen und bislang wurde niemand positiv getestet.

Die U-20-WM wegen Corona verpasst

Dass so viel Aufwand dennoch nicht leistungshemmend sein muss, zeigen die Erfolge der Lipperinnen. Momentan steht die Mannschaft auf dem dritten Platz in der Frauen-Bundesliga. Inzwischen wurde von der Vereinsführung das Ziel ausgerufen, international zu spielen. Auch für Ndidi Agwunedu läuft die Saison sportlich sehr gut. Im Januar wurde der im Sommer auslaufende Vertrag der Sportsoldatin um ein weiteres Jahr verlängert. Momentan profitiert die junge Linksaußen-Spielerin von der langwierigen Verletzung einer Mitspielerin, Jenny Murer, mit der sie sich diese Position sonst geteilt hätte. Entsprechend mehr Spielzeit gewährt ihr Trainer Steffen Birkner deshalb.

Ihre guten Leistungen wurden auch schon vom Bundestrainer honoriert. So wurde Agwunedu zum letzten Regionallehrgang der DHB-Auswahl mit drei weiteren Mannschaftskameradinnen eingeladen. Ihre Zeit in der U-20-Nationalmannschaft endete hingegen unglücklich. im vergangenen Sommer sollte die U-20-Weltmeisterschaft über die Bühne gehen. So eine WM-Teilnahme ist das Highlight schlechthin, wenn man Jugendnationalspielerin ist. Aufgrund der Corona-Pandemie fiel das Turnier aus – und Agwunedu rutschte altersbedingt ohne richtigen Abschluss aus dem Kader der Jugendnationalmannschaft.

Aber Ndidi Agwunedu ist ehrgeizig. Oft übt sie nach einem Mannschaftstraining allein in der Halle an ihrem Torabschluss. „Ich nehme mir dann zehn Bälle und stelle mich an den Schnittpunkt von 6-Meter-Kreis und der Torauslinie. Aus diesem Winkel versuche ich dann das Tor zu treffen. Das trainiert die Bewegung des Armes, wenn man im Spiel an der Torhüterin vorbei in die lange Ecke werfen will. Diese Bewegung ist auch bekannt als Wurfarmschleife," erklärt Agwunedu.

»Ich arbeite hart an meiner Wurfvariabilität«

Durch Sprünge im Krafttraining, Sprints und vielen Wurfwiederholungen versucht Agwunedu ihre Fähigkeiten weiter auszubauen und sich technisch zu verbessern. Dabei hilft ihr regelmäßig die Trainingseinheit am Montag, in der die Mannschaft in Außen- und Rückraumspieler aufgeteilt wird. Beide Gruppen führen dann ein Wurftraining mit vielen Wiederholungen durch, begleitet vom Feedback des Trainers.

Ndidi Agwunedu weiß, dass sie sich verbessern muss, um ihre Ziele zu erreichen: „Ich arbeite hart an meiner Wurfvariabilität. Momentan bin ich noch nicht so weit, aber ein langfristiges Ziel ist es sicherlich, in der Nationalmannschaft zu spielen." Vielleicht sehen nicht nur die Braker bald Ndidi Agwunedu bei einer Frauen-Weltmeisterschaft bei ihrer perfekten Wurfarmschleife.