"Achtung bei Kopfschmerzattacken": Bielefelder Impfärzte zu Astrazeneca-Reaktionen

Bielefeld. Ohne Frage, Hans-Werner Kottkamp kann sehr gut verstehen, dass kürzlich mit Astrazeneca Geimpfte beunruhigt sind, wenn jetzt Kopfschmerzen auftreten. Doch er rät dringend, nicht unnötig Panik zu verbreiten. "Kopfschmerzen gehören zu den Impfreaktionen dazu, auch bei anderen Wirkstoffen", sagt Kottkamp, Chefarzt der Notaufnahmen des Evangelischen Klinikums Bethel (EvKB), der selbst auch als Impfarzt in Bethel tätig ist. Zur Besonnenheit ruft auch Christoph Stellbrink auf. Der stellvertretende Ärztliche Direktor des Klinikums Bielefeld ist als Chef der Kardiologie und Internistischen Intensivmedizin auch für die Behandlung von Covid-19-Patienten zuständig. "Alle sollten in Ruhe abwarten, wie das Paul-Ehrlich-Institut entscheidet." Und wenn die Impfungen mit Astrazeneca weiter empfohlen werden, sollte man sich auch wieder damit impfen lassen, rät der Mediziner nachdrücklich. Kein Run auf die Notaufnahmen Zu vermehrten Fällen aufgrund von starken Reaktionen nach Impfungen mit Astrazeneca sei es in den beiden Notfallaufnahmen des EvKB nicht gekommen, erklärt Kottkamp auf Nachfrage. "Wir haben da bisher lediglich eine Patientin vor einigen Tagen aufgenommen." Auch nach der Impfung mit dem Biontech-Vakzin hätten einige Kollegen, Pfleger und Ärzte, grippeähnliche Impfreaktionen gezeigt - wie bekannt, zumeist nach der zweiten Impfung. "Wir haben zudem auch hier beobachtet, dass jüngere Menschen die Impfungen insgesamt schlechter wegstecken als ältere", ergänzt der Facharzt. Zum Thema: Was bedeutet der Astrazeneca-Stopp für die Impfungen in OWL? Im Klinikum Bielefeld sind in die Notaufnahme ebenfalls nur wenige Menschen mit vermeintlichen Nebenwirkungen gekommen - und diese Impflinge hatten zuvor Biontech erhalten. Bei den Mitarbeitenden seien nach Astrazeneca-Gaben gar keine Meldungen über Nebenwirkungen beim Arbeitsmedizinischen Dienst angekommen, schildert Christoph Stellbrink. Er betont, dass es auch nach Grippe-Impfungen oft für ein bis zwei Tage zu Nebenwirkungen kommen kann, als Reaktion auf die gewünschte Immunantwort des Körpers. Sorgen machen müssen man sich bei Begleiterscheinungen nur, sagt Hans-Werner Kottkamp, wenn über mehrere Tage Kopfschmerzattacken auftreten würden. "Dann ist es ratsam, beim Arzt oder notfalls sonst auch im Krankenhaus vorstellig zu werden", sagt der Facharzt. Das Paul-Ehrlich-Institut hatte empfohlen, sich in Behandlung zu begeben, wenn man sich mehr als vier Tage nach der Impfung zunehmend unwohl fühlt. Neben den starken und anhaltenden Kopfschmerzen werden auch punktförmige Hautblutungen als beachtenswertes Symptom genannt. Fallzahl noch im normalen Bereich Die extreme Verunsicherung ist entstanden, weil bei mehr als 1,6 Millionen Impfungen mit Astrazeneca in Deutschland bei sieben Personen Fälle von extrem seltenen Sinusvenen-Thrombosen beobachtet worden sind. Drei davon sind tödlich verlaufen. Laut Stellbrink bewegt sich diese Fallzahl noch im Rahmen der jährlich spontan vorkommenden Blutgerinnsel im Gehirn. "Dennoch müssen wir das Ganze ernst nehmen und genau beobachten", sagt Kottkamp, auch wenn er die jetzige Verunsicherung ebenfalls für nicht richtig hält. "Interessanterweise haben die Menschen mehr Angst vor der Impfung als vor einer Infektion", sagt Kollege Stellbrink. Dabei sei es viel wahrscheinlicher, an Corona zu erkranken, als eine Thrombose im Gehirn zu bekommen. Die Relation von 7 zu 1,6 Millionen im Gegensatz zu rund 70.000 Corona-Toten bei 2,6 Millionen Infektionen sei doch deutlich. Eine weitere Verzögerung der Impfungen bedeuteten wahrscheinlich wieder mehr Infektionen und mehr Todesfälle. "Raus aus Teufelskreis der Unzufriedenheit" Die Ergebnisse des Paul-Ehrlich-Instituts und der Europäischen Arzneimittelkommission würden zeitnah, bis Ende der Woche, erwartet. Kottkamp: "Wir sind mitten in der dritten Welle, brauchen jetzt dringend eine durchgreifende Impfstrategie." Er hoffe, der Weg dafür werde schnell geebnet. "Damit wir alle endlich dem Teufelskreis der Unzufriedenheit herauskommen und die Leichtigkeit des Seins wieder zurückkehren kann."

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