Scharfer Vorwurf: "Bielefelder DRK-Chefs drängeln sich beim Impfen vor"

Bielefeld. Der Vorwurf wiegt schwer. Im Martha-Stapenhorst-Heim des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) soll beim Impftermin am 2. Januar unrechtmäßig eine größere Personenzahl geimpft worden sein. 21 externe Personen, darunter auch DRK-Funktionäre, die keinen regelmäßigen Kontakt zu den Heimbewohnern haben, sollen bei der Gelegenheit geplant mitversorgt worden sein. Angesichts des überall vorherrschenden Impfstoffmangels und der Tatsache, dass selbst Personal auf den Covid-19-Intensivstationen teils noch auf die Impfungen warten muss, wirft das Fragen auf. Das Martha-Stapenhorst-Heim an der Diesterwegstraße ist in Trägerschaft des DRK-Ortsvereins Zentrum, der wiederum dem Bielefelder Kreisverband angehört. Nach Informationen, die der NW vorliegen, sollen auch zwei Vorstandsmitglieder des Ortsvereins, der Beiratsvorsitzende samt Ehefrau, geimpft worden sein, sowie acht Ehrenamtliche, die Schnelltests durchführen, und drei Mitarbeiterinnen der mit den Impfungen beauftragten Arzt-Praxis. Der Heimmitarbeiter, der das nun publik macht, ärgert sich über diese seines Erachtens unrechtmäßige Verhalten und betont, dass eines der Vorstandsmitglieder sogar im Kreisvorstand und im DRK-Corona-Krisenstab sitze. &bdquo;Er wusste daher, dass er sich nicht hätte impfen lassen dürfen." 43 Bewohner und 31 Mitarbeitende hatten nach NW-Informationen ihre Impfbereitschaft erklärt, 100 Impfdosen sind von der kommissarische Heimleitung und die Impfärztin bestellt worden. DRK: Personenkreis rechtmäßig Das Martha-Stapenhorst-Heim glaubt jedoch, alles richtig gemacht zu haben. Impfungen seien für Bewohner und von Personen, die diese versorgen, in der Impfverordnung so vorgesehen. Dazu zählten neben den hauptamtlich Pflegenden auch &bdquo;infrastrukturell notwendige Mitarbeitende im Heim (Küche, Physiotherapie, Heimleitung, Geschäftsführer)", heißt es in einer Stellungnahme. !function(){"use strict";window.addEventListener("message",(function(a){if(void 0!==a.data["datawrapper-height"])for(var e in a.data["datawrapper-height"]){var t=document.getElementById("datawrapper-chart-"+e)||document.querySelector("iframe[src*='"+e+"']");t&&(t.style.height=a.data["datawrapper-height"][e]+"px")}}))}(); Auch die ehrenamtlichen Helfer aus dem DRK-Kreisverband seien rechtmäßig einbezogen, da sie regelmäßig die gesetzlich empfohlenen Schnelltests durchführten – und dies nicht nur im Heim an der Diesterwegstraße, sondern in Altenheimen im gesamten Stadtgebiet. Vorstands- und Beiratsmitglieder kämen regelmäßig ins Haus und hätten Kontakte zu vulnerablen Personen, heißt es weiter. Sie wirkten auch als Besuchs- und soziale Dienste für einzelne Heimbewohner. Schwerpunktmäßig sei dies um die Feiertage herum geschehen, sei aber auch weiterhin notwendig. Das Vorgehen sei im Übrigen mit Theodor Windhorst, Ärztlicher Leiter des Bielefelder Impfzentrums, abgesprochen worden, sagt Sibylle Hartwig, Ärztlicher Beirat des DRK-Ortsvereins. Dinge im Grenzbereich Theodor Windhorst erklärt, dass das Impfzentrum in den Bestellvorgang für die Heime nicht direkt eingebunden sei. Von vielen Seiten gebe es jedoch Nachfragen, da die einzuhaltenden Regularien &bdquo;nicht ganz witzig sind" und manchmal Fragen offenblieben oder Dinge im Grenzbereich lägen. Auf die Bestellliste des Martha-Stapenhorst-Heimes angesprochen, sagt Windhorst, dass sie wohl &bdquo;nicht ganz im Sinne der Verordnung gewesen sei". Eine Absprache dazu ist ihm nicht erinnerlich. Personen, die nur gelegentlich im Heim seien und Ehrenamtliche des DRK gehörten jedenfalls nicht zur Kategorie I. Keine Impfdosen vergeuden Der Leiter des Impfzentrums, den nach eigenen Worten viel größere Probleme plagen, als einige vielleicht falsch verabreichte Impfdosen, will auf keinen Fall eine Neiddebatte. Natürlich dürfe &bdquo;Willkür nicht Tür und Tor geöffnet werden", aber wichtig sei ihm auch, dass nicht eine einzige der wertvollen Impfdosen weggeschmissen werde. &bdquo;Es sind grundsätzlich Personen geimpft worden, die in der direkten oder indirekten Betreuung des Hauses eingebunden sind", unterstreicht Sibylle Hartwig im direkten Gespräch mit der NW. &bdquo;Ich glaube nicht, dass wir zu weit gegriffen haben." Auch hätten angesichts der Tatsache, dass ab Anfang des Jahres aus einer Ampulle nicht nur fünf, sondern sechs Impfdosen entnommen werden dürften, 19 zusätzliche Impfdosen zur Verfügung gestanden. !function(){"use strict";window.addEventListener("message",(function(a){if(void 0!==a.data["datawrapper-height"])for(var e in a.data["datawrapper-height"]){var t=document.getElementById("datawrapper-chart-"+e)||document.querySelector("iframe[src*='"+e+"']");t&&(t.style.height=a.data["datawrapper-height"][e]+"px")}}))}(); "Entspricht nicht meinem Wertebild" Der Informant der NW widerspricht der Darstellung. Der Kreisverbands-Funktionär habe keinen solchen Bezug zum Haus. Auch der Beiratsvorsitzende habe keine direkten Kontakte zu Bewohnern und sei nur selten im Haus. Das gelte im Prinzip für den gesamten Vorstand. Besuchsdienste seien derzeit auch nicht vorgesehen – &bdquo;wir haben schließlich Corona". Unklar sei ihm auch, wer die 19 zusätzlichen Dosen erhalten habe. Das jetzt so gehandelt worden sei, &bdquo;entspricht nicht meinem Wertebild". Bevor der Mitarbeiter seine Kritik öffentlich gemacht hat, hat er daher versucht, die Angelegenheit intern zu klären – bis hin zum Präsidenten des DRK-Kreisverbandes, Stephan Nau. Dieser erklärte jedoch nach Unterlagen, die der NW vorliegen, schriftlich, dass all seine Nachfragen zum Impfgeschehen im Martha-Stapenhorst-Heim vom Vorstand des Ortsvereins schlüssig beantwortet seien und er keinen Anlass zum Handeln sehe. Mehr Infografiken finden Sie bei Statista Nur punktuell Missbrauch Heike Achtermann, Sprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL), erklärt auf Nachfrage, dass es eindeutig geregelt sei. &bdquo;Leute, die nicht der Priorisierungsgruppe I angehören, dürfen nicht geimpft werden. Das darf nicht sein." Sollten bei einem Termin in größerer Zahl Impfdosen übrigbleiben, könne der im Auftrag der KV arbeitende Impfarzt durchaus Externe der Gruppe I impfen, oder sich bei der Koordinierungseinheit des Impfzentrums melden und anfragen, was mit den Dosen geschehen soll. Achtermann betont, dass der KVWL nur punktuell Fälle von kleinerem Missbrauch bekannt sind. &bdquo;Im Großen und Ganzen sind alle sehr pfleglich damit umgegangen." Alle Infos zur Corona-Krise in Bielefeld im Überblick

Meistgelesen