Gelähmte Sportlerin: Britta Wend will stets raus aus der Komfortzone

Bielefeld. Britta Wend sitzt im Auto – mal wieder. Mit ihrem speziellen Automatikfahrzeug hat sie inzwischen gewaltige Kilometerzahlen abgerissen. Dabei mag sie die Fahrerei gar nicht so sehr. Aber was will man machen: Sie hat reichlich Gepäck zu befördern. Dazu später mehr. Im Februar, als Corona noch kein Thema war, sorgte Britta Wend für einen der emotionalsten Momente im Bielefelder Sport. Damals war sie noch Handballerin und seit einem Jahr querschnittsgelähmt. Bei einem Unfall während ihres Sportstudiums hatte sie sich einen Lendenwirbel gebrochen. Nach Operationen und Reha war klar, dass sie im Alltag auf den Rollstuhl angewiesen sein wird. Aber: Einige wenige Muskeln in ihren Beinen sind noch funktionsfähig. Mit deren Hilfe leistete die damals 23-Jährige Unglaubliches. Sie erzielte in einem regulären Handballspiel noch einmal ein Tor – per Siebenmeter. Zu dieser Geschichte muss man wissen, dass Hilfsmittel wie Krücken oder Rollstuhl auf dem Feld verboten sind. Britta Wend musste zum &bdquo;Punkt“ gehen. Sie kann sich auf den Beinen halten – mühsam. &bdquo;Schritte sehen bei mir aus, wie eine Mischung aus besoffen und kleinem Kind“, hatte sie es damals lachend beschrieben. Der Weg von der Bank zum gegnerischen Tor wurde ein Kampf – die Rückkehr nach dem erfolgreichen Heber ein Triumphzug. Ihr Team, das HT SF Senne II, Gegner TuS Brake und die ganze Halle feierten sie für ihre Energieleistung. Viele Tränen flossen. &bdquo;Für mich war das ein Abschluss, den ich unbedingt noch haben wollte.“ Auf jenen Samstag hatte sie hin trainiert. Einmal noch auf dem Feld stehen, das lag ihr am Herzen. Mit dem Handballspielen war es danach vorbei – das wusste sie. &bdquo;Für mich war das ein Abschluss, den ich unbedingt noch haben wollte“, erinnert sie sich. Ihre Sportkarriere war dagegen noch lange nicht beendet. Im Gegenteil: Schon als sie ihren letzten Wurf mit dem Handball absolvierte – es war das 8:8 in der 26. Spielminute –, hatte sie die nächste Herausforderung längst im Kopf. Britta Wend, die ihr Studium an der Sporthochschule Köln fortsetzen kann, startete in diesem Jahr als Rollstuhltennisspielerin durch. Wobei: Angesichts der zahlreichen Einschränkungen durch die Pandemie kann von einem vollen Schub keine Rede sein. Die Bielefelderin nutzte die Zeit dennoch. Als Turniere und sogar das Training verboten waren, machte sie Kraft- und Koordinationsübungen. &bdquo;Und ich habe ein bisschen mit meiner Schwester Judith gezockt“, sagt sie. Tennis hatte sie auch vor dem Unfall schon gespielt. &bdquo;Das muss ich nicht lernen. Aber Tennis aus dem Rollstuhl heraus, das ist neu für mich.“ Damit ist auch klar, was die mittlerweile 24-Jährige immer so mitzuschleppen hat: Zwei Rollstühle – den normalen und das Sportgefährt. &bdquo;Tennis nimmt im Moment relativ viel Zeit in meinem Leben in Anspruch.“ In Letzterem scheint sie sich schon sehr geschickt fortzubewegen, denn sie plant die ersten Turnierteilnahmen. Wie das laufen könnte, das erklärt sie im waschechten Sportlerdeutsch: &bdquo;Ich werde furchtbar auf die Fresse kriegen. Leider gibt es keine Trainingspartnerin auf meinem derzeitigen Niveau. Eine deutsche Spielerin ist deutlich besser“, beschreibt sie die Situation im Rollstuhltennis. Was sie nicht sagt – und nie sagen würde: Viele sind zu schwach, um effektiv mit ihr zu trainieren. Die Bielefelderin hat aber das Glück, dass ihre Uni-Dozenten zum Trainerteam der Nationalmannschaft gehören. &bdquo;Tennis, auch wenn wir nicht trainieren dürfen, nimmt im Moment relativ viel Zeit in meinem Leben in Anspruch.“ Wend will wuseln: &bdquo;Ich bin relativ anpassungsfähig und bin es nicht gewohnt, in meiner Komfortzone zu bleiben. Aber gerade ist man doch sehr eingeschränkt“, sagt die Powerfrau. Die Energie muss raus. Die Studentin plädiert auch leidenschaftlich dafür, integrative Turniere zu spielen – Rollstuhlfahrer gegen &bdquo;Fußgänger“. Man darf mutmaßen, dass so mancher Gegner zu sportlichem Fallobst werden würde. Dem Handball hat Britta Wend nicht ganz abgeschworen: Für das HT SF Senne koordiniert sie die Frauenteams. Trainerin (einer Männermannschaft) könnte sie sich auch noch vorstellen. Und auch sonst ist sie häufig in Bielefeld. &bdquo;Im Moment ist mein Kontaktkreis ja auf die Familie reduziert.“ Das findet sie schön, aber auf Dauer ist das nichts für die Frau, die zwar nicht gerne Auto fährt, aber doch irgendwie immer unterwegs sein muss.

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