Seltenes Phänomen am Bielefelder Himmel zu bestaunen

Bielefeld. Astronomen und begeisterten Sternguckern bietet die Weihnachtszeit 2020 ein seltenes Naturphänomen: Seit Wochen rücken die beiden Gasgiganten unseres Sonnensystems, Jupiter und Saturn, einander am Abendhimmel immer näher. Das Schauspiel, das in der Dämmerung sogar mit bloßem Auge kurzzeitig zu sehen ist (wenn das Wetter mitspielt), nennen Fachleute eine &bdquo;Große Konjunktion". Sie kommt nur etwa alle 20 Jahre vor, in der Weihnachtszeit sogar nur etwa alle 100 Jahre. Manche Quellen sprechen sogar von 400 bis 800 Jahren. Saturn and Jupiter. They haven’t been this close in 800 years. from r/interestingasfuckAm 21. Dezember, wenige Tage vor Heiligabend, werden die beiden Planeten optisch die größte Nähe zueinander haben und sich als zwei helle Sterne jenseits der Mondsichel am Abendhimmel präsentieren. Und weil eine Portion Mystik und Legendenbildung die Faszination vergrößern, diskutieren selbst Experten immer wieder über die Bedeutung einer solchen großen Konjunktion in der Zeit von Christi Geburt (4 bis 7 Jahre vor unserer Zeitrechnung). Könnte es sich um den im Matthäus-Evangelium berichteten strahlenden Stern von Bethlehem handeln, der die heiligen drei Könige zur Geburtsstätte Jesu geführt hat? Oder war es eine aufleuchtende Supernova (das Verlöschen eines Sterns)? Zwei Gestirne – sehr hell und schön neben der Mondsichel &bdquo;Grundsätzlich ist das wohl eher ein Kunstbegriff", sagt Björn Kähler einschränkend. Er ist ehrenamtlicher Leiter der Volkssternwarte Ubbedissen und leidenschaftlicher Hobby-Astronom. Ob es sich beim Stern von Bethlehem um einen Kometen (auch der Halley’sche Komet steht in Verdacht) oder eben um die Große Konjunktion handelt, sei nicht eindeutig belegbar. Auf jeden Fall aber sei das aktuelle Geschehen am Himmel selten, &bdquo;die beiden Gestirne zeigen sich sehr hell und schön in Relation zu der Mondsichel", schildert Kähler. Er könne sich nicht erinnern, in seiner Zeit als Sternenbeobachter zwei Planeten so nahe beieinander gesehen zu haben wie zurzeit, so der 42-jährige studierte Elektrotechniker. Durchs Teleskop in der Kuppel der Ubbedisser Volkssternwarte hätte man das Himmels-Schauspiel an Abenden mit guten Wetterbedingungen freilich prima beobachten können. Allein – der Raum, der sich auf dem Flachdach eines Altenheims befindet, ist laut Kähler seit einem Dreivierteljahr für die Öffentlichkeit geschlossen. Aus Rücksicht auf die Corona-Hygienevorgaben des Seniorenheims betreten auch die Vereinsmitglieder das Haus derzeit nicht. Aber auch mit einem guten Teleskop für den Hausgebrauch oder ein gutes Fernrohr könne man den einen oder anderen spannenden Blick erhaschen, sagt Kähler. &bdquo;Saturn zeigt im Fernglas sogar seine Ringe." Aber auch mit bloßem Auge – die Autorin hat es vor wenigen Tagen in der Dämmerung bei aufreißendem Himmel und pittoreskem Abendrot ausprobiert – fällt die enorme Helligkeit der beiden Lichtpunkte in der Nähe der Mondsichel sehr gut auf. Wenn Sie das Schauspiel heute ansehen wollen, dann schauen Sie nach Sonnenuntergang in Richtung Westen zum Himmel. Es geht um etwa 16.30 Uhr los und endet etwa um 18.30 Uhr. &bdquo;Diese Sterne haben immer noch 100 Millionen Kilometer Abstand voneinander, eine schier unvorstellbare Entfernung. Das Licht der Sonne, das sie anstrahlt ist immer noch mehrere Stunden unterwegs. Doch der Effekt ist dennoch eindrucksvoll. Sie werden an diesem Montag nur noch etwa ein Fünftel des Vollmonddurchmessers voneinander entfernt sein", so Björn Kähler, der die 1998 eröffnete und von Bruno Junker vom Naturwissenschaftlichen Verein aktiv angeschobene Volkssternwarte mit aufgebaut hat. Das Himmelsphänomen lässt sich so erklären: Aufgrund der unterschiedlichen Umlaufzeiten der Planeten wirkt es von der Erde betrachtet etwa alle 20 Jahre so, als würden die Planeten nah beieinander liegen. Tatsächlich befinden sie sich in Wahrheit nur auf einer gemeinsamen Sichtlinie und stehen hinter dem Asteroidengürtel noch immer sehr weit auseinander. Mehr Infografiken finden Sie bei Statista Am 21. Dezember ist der Saturn etwa doppelt so weit von der Erde entfernt wie Jupiter (zweitgrößter und -hellster Planet nach Venus) – nämlich rund 1,6 Milliarden Kilometer laut Deutschem Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Trotzdem stehen sich die beiden Planeten so nahe, dass sie wie ein einziger, besonders heller Stern wirken. Eine ähnlich enge &bdquo;Große Konjunktion", letztendlich ein &bdquo;Wettrennen" der beiden Planeten auf ihren jeweiligen Umlaufbahnen, wird erst wieder am 15. März 2080 stattfinden. Dann allerdings in der bereits hellen Morgendämmerung und damit unter schlechteren Beobachtungsbedingungen. Der deutsche Astronom Johannes Keppler hatte sich übrigens bereits Gedanken um die Große Konjunktion gemacht: Zu seinen Lebzeiten 1623 standen sich Jupiter und Saturn zuletzt so nahe wie in diesen Tagen. Keppler hielt zwischenzeitlich die Planetenkonjunktion der beiden Gasriesen für den Ursprung des Mythos um den Weihnachtsstern. Auch eine Supernova zu Zeiten der Geburt Christi hielt der berühmte Astronom nicht für ausgeschlossen. Doch viele Wissenschaftler weltweit, darunter auch jene der Vatikan-Sternwarte, vermuten hinter der Weihnachtsstern-Legende eher eine christliche Symbolik. Die Wahrheit über den Stern von Bethlehem, so der Vatikan-Astronom Guy Consolmagno jüngst in einem Interview, werde man wohl nie erfahren. In anstrengenden Coronazeiten sollte uns das von ein wenig vorweihnachtlicher Freude über die kosmische Begegnung von Jupiter und Saturn aber nicht abhalten. 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