Windkraftunternehmer setzt IHK Ostwestfalen unter Druck

Bielefeld. Der Paderborner Windkraftunternehmer Johannes Lackmann und die von ihm mitbegründete Westfalenwind-Gruppe setzen die Industrie- und Handelskammer (IHK) Ostwestfalen unter Druck. Das Unternehmen hat beim Verwaltungsgericht Minden einen Antrag für ein Eilverfahren gegen die Bielefelder IHK gestellt. Wie Gerichtssprecherin Teresa Grabitz bestätigte, soll die Kammer in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren verpflichtet werden, aus dem Dachverband DIHK auszutreten (Az. 10 L 1046/20). Die Begründung für die Austrittsforderung seien &bdquo;die jahrelangen Verstöße" des DIHK &bdquo;gegen gesetzliche Bestimmungen zur Öffentlichkeitsarbeit", erklärte der gegen das gegenwärtige Kammersystem kämpfende &bdquo;Bundesverband für freie Kammern" (BFFK) in Kassel, der vor allem die geltende Pflichtmitgliedschaft kritisiert. Andere sogenannte &bdquo;Kammer-Rebellen" haben demnach ähnliche Anträge gegen ihre Kammern in München, Stuttgart, Köln und Kassel gestellt. Kläger verweisen auf Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Bei ihrem juristischen Vorgehen berufen sich die Kläger auf den höchstrichterlichen Erfolg eines anderen Windkraftunternehmers – nämlich Thomas Siepelmeyer in Münster – der sich in einem 13-jährigen Rechtsstreit durchsetzte. Im Oktober 2020 erreichte er vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ein Urteil, nach dem die IHK in Münster nun tatsächlich aus dem DIHK (Deutscher Industrie- und Handelskammertag) austreten musste (BVerwG 8 C 23.19 vom 14. Oktober 2020). Mehrfach war zuvor gerichtlich festgestellt worden, dass der Dachverband und seine Repräsentanten sich allgemeinpolitisch (etwa zum Existenzrecht Israels oder zur Menschenrechtslage im Iran) äußerten, obwohl sie laut Gesetz nur zu wirtschaftlichen Themen Stellung beziehen dürfen. Dies verletzte den klagenden Unternehmer, der ja nicht freiwillig Mitglied einer Kammer ist, nach Artikel 2 in seinen Grundrechten, so die Position der Richter. "Wir wollen uns nicht bevormunden lassen" Der Kläger brachte es gegenüber dieser Zeitung auf eine schlichte Formel: &bdquo;Als DIHK-Präsident ist Eric Schweitzer kein Privatmann – in dieser Funktion muss er zu politischen Themen seinen Mund halten." Er selbst und Millionen andere Zwangsmitglieder wollten sich nicht bevormunden lassen, sagte Thomas Siepelmeyer. BFFK-Geschäftsführer Kai Boeddinghaus beklagt auch Äußerungen, die den Interessen einzelner Mitglieder oder ganzer Branchen widersprächen. Zum Beispiel habe der DIHK sich ohne Mandat seiner Mitglieder gegen die jetzt eingeführte CO2-Bepreisung ausgesprochen. Und obwohl der DIHK nach dem Leipziger Urteil im Oktober versprochen habe, vorerst auf Pressearbeit zu verzichten, habe es seither zahlreiche Mitteilungen gegeben. Einige der bemängelten Äußerungen seien zudem bis heute auf der DIHK-Internetseite zu finden. Daher werde eine &bdquo;akute Wiederholungsgefahr" gesehen. Ablehnung des EU-Klimapaketes durch DIHK wird kritisiert Johannes Lackmann betonte, sein Vorgehen habe eine jahrelange Vorgeschichte. Schon in den 90er Jahren habe es ihn geärgert, dass die Bielefelder IHK sich gegen die Berufung einer grünen Regierungspräsidentin in Detmold ausgesprochen habe – damals ging es um die 2010 verstorbene Christa Vennegerts, die die Bezirksregierung von 1995 bis 2001 führte. Auch er beklagt, dass der DIHK sich gegen das Klimapaket der EU gestemmt habe: &bdquo;Die machen, was sie wollen", sagte Lackmann, der selbst Mitglied der Vollversammlung der IHK Ostwestfalen ist. Inzwischen hätten sich 77 Unternehmen im Kammerbezirk für den DIHK-Austritt ausgesprochen, so Lackmann. Die IHK Bielefeld (113.000 Mitglieder) habe nun bis Mitte kommender Woche Zeit für eine Stellungnahme, sagte Gerichtssprecherin Grabitz. Die Kammer bestätigte, dass sie über das Verfahren informiert wurde, äußerte sich aber noch nicht zu den Details.

Meistgelesen