Gefahren auf Schritt und Tritt: Diese Tücken lauern im Homeoffice

Bielefeld. Wer sein Kind auf der Fahrt zur Arbeit in der Kita abliefert, genießt dabei den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung – selbst wenn er dafür einen Umweg macht. Doch wer vom Homeoffice aus zur Kita und wieder zurück fährt, hat im Falle eines Unfalls keine Ansprüche. Das hat jüngst das Bundessozialgericht (BSG 2020 – B 2 U 19/18 R) entschieden. Für Betroffene kann der Unterschied zwischen regulärem Büro und Homeoffice erhebliche Folgen haben. Arbeitnehmer sind über ihre Arbeitgeber bei einer Berufsgenossenschaft oder einer Unfallkasse unter anderem gegen Arbeits- und Wegeunfälle versichert. Die Versicherungen kommen etwa für medizinische und berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation sowie für Lohnersatz, Entschädigungen oder Renten auf. Höhere Lohnfortzahlung Ihre Leistungen sind in vielen Fällen umfangreicher als die von Krankenkassen. &bdquo;Die Lohnfortzahlungen sind höher und es gibt mehr Geld für Heilbehandlungen", sagt Eckhart Siegmund, Leiter des arbeitsmedizinischen Zentrums Bielefeld. Gewährten die Kassen für Reha-Maßnahmen wirtschaftlich vertretbare Leistungen, würden Berufsgenossenschaften &bdquo;mit allen geeigneten Mitteln" für die Wiederherstellung der beruflichen Leistungsfähigkeit sorgen. &bdquo;Das wird etwa bei der Menge von Physiotherapiebehandlungen spürbar", so Siegmund. Tausende von Beschäftigten in der Stadt sitzen wegen Corona im Homeoffice. Was dort unter den Versicherungsschutz fällt, hängt meist vom Einzelfall und der Sichtweise von Gerichten ab. Arbeitswege auch im eigenen Haus Beispiel: Fällt eine Versicherte die Treppe hinunter und verletzt sich dabei, weil sie im Erdgeschoss die unterbrochene Internetverbindung überprüfen will, die sie für die dienstliche Kommunikation benötigt, wäre dieser Unfall versichert. Stürzt sie jedoch, weil sie eine private Paketsendung entgegennehmen will, wäre dies nicht versichert. Christine Ramsauer von der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG), die für rund zehn Millionen Beschäftigte vor allem mit Büro-Berufen zuständig ist, erklärt: &bdquo;Nach der ständigen und aktuellen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind im Homeoffice alle Tätigkeiten versichert, die mit der Handlungstendenz ausgeübt werden, dem Unternehmen zu dienen oder betriebliche Aufgaben zu erfüllen. Dies muss durch objektive Umstände des Einzelfalls bestätigt werden. Der Versicherungsschutz gilt ebenfalls für Wege innerhalb des häuslichen Bereichs, wenn sie aus betrieblichen Gründen zurückgelegt werden." Das sei etwa der Fall, wenn ein Beschäftigter von der Küche zu seinem häuslichen Arbeitsplatz gehe, um über seinen Computer zu einem fest vereinbarten Zeitpunkt eine Videokonferenz mit dem Chef zu führen. Gang zum Restaurant nicht abgesichert Ganz anders sieht es aus, wenn es sich nicht um betriebliche, sondern um sogenannte &bdquo;eigenwirtschaftliche Tätigkeiten" handelt. Dazu zählten auch Essen, Trinken oder der Gang zum WC. Hielten sich Arbeitnehmer zu Hause und nicht in einer Unternehmens- oder Betriebsstätte auf, müssten sie &bdquo;die von der privaten Wohnung und damit dem persönlichen Lebensbereich ausgehenden Risiken" selbst tragen, so die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft. Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts seien auch Wege aus dem Homeoffice und zurück, die erfolgten, um zum Essen in ein Restaurant zu gehen oder sich anders mit Nahrungsmitteln zu versorgen, ebenfalls nicht versichert, erklärt der Unfallversicherungsträger. Weniger Unfälle in der Krise Der Deutsche Gewerkschaftsbund kritisiert, dass das Homeoffice unfallversicherungsrechtlich nicht mit einer betrieblichen Tätigkeit gleichgestellt wird. Dabei stammten die für Arbeits- und Wege-Unfälle maßgeblichen Bestimmungen noch aus den &bdquo;siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts", als man Home-Office noch gar nicht kannte. Insgesamt scheint die Corona-Krise die Zahl der Arbeitsunfälle eher gesenkt zu haben. Bundesweit gingen die Fälle in der ersten Hälfte des Jahres gegenüber dem ersten Halbjahr 2019 um 15,2 Prozent zurück. Wege-Unfälle nahmen sogar um 20,2 Prozent ab. Das geht aus einer vorläufigen Statistik hervor, die der Spitzenband &bdquo;Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung" veröffentlicht hat. Insgesamt gab es in diesem Jahr bisher 440.000 solcher Unfälle. In OWL sanken die Zahlen schon vor der Corona-Krise: von rund 33.000 im Jahr 2017 auf rund 30.500 im Jahr 2019.

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