Verdi-Streik: Ganz großes Verkehrschaos bleibt in Bielefeld aus

Bielefeld. Hier und da dauerte es länger – aber das ganz große Verkehrschaos aufgrund des erneuten Warnstreiks der Beschäftigten im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ist am Donnerstagmorgen ausgeblieben. Zwar waren einige Straßen deutlich voller als normal, doch der Verkehr kam keineswegs komplett zum Erliegen.Vor allem im Bielefelder Berufsverkehr am Morgen waren mancherorts die Auswirkungen des Streiks zu spüren. Zur Rushhour standen viele Einpendler auf den wichtigen Einfallsstraßen im Stau. So war in Richtung Innenstadt und Adenauerplatz Geduld gefragt. Dort ging es zeitweise nur noch per Stop-and-Go voran. Auf der Detmolder Straße staute sich ebenfalls der Verkehr länger als sonst üblich. Auch auf der Kreuzstraße und der Elsa-Brandström-Straße in der City standen die Autos und kamen nur langsam voran. Viel Geduld brauchten auch Pendler aus dem Norden der Stadt: Auf der Jöllenbecker und auch der Vilsendorfer Straße dauerte es am Morgen erheblich länger als sonst. Viele Autofahrer waren zwar genervt vom erhöhten Verkehrsaufkommen, trugen es aber mit Fassung. Die Bielefelder waren gut vorbereitet Andernorts waren die Bielefelder weniger von den Auswirkungen des Streiks betroffen. Dort zeigten sich die Bielefelder augenscheinlich gut auf den Streik vorbereitet. Trotz der massiven Beeinträchtigungen im Bus- und Stadtbahnverkehr kam es im Bereich der Martin-Niemöller-Gesamtschule in Schildesche auch vor Schulbeginn nicht zum erwarteten Verkehrschaos. Viele Familien hatten Fahrgemeinschaften gebildet und die Kinder gemeinsam zur Schule gebracht. So auch Daria Dul, die ihren Sohn Armando und dessen Kumpel Timon zur Schule brachte. &bdquo;Mein Sohn müsste normalerweise nicht zur Schule gebracht werden, aber Timon ist auf Bus und Bahn angewiesen", sagt die Mutter. Aber ihn einmal zu bringen, sei ja kein Problem.Die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hatte alle Beschäftigten im ÖPNV erneut zum ganztägigen Warnstreik aufgerufen (ab 4.30 bis Freitag, 1.30 Uhr). Auch die rund 800 Fahrer von MoBiel waren ebenfalls zur Teilnahme aufgerufen. Hintergrund des Streiks war die Weigerung der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber, mit der Gewerkschaft in Verhandlungen über einen einheitlichen Rahmentarifvertrag einzutreten. &bdquo;Damit wurden wir quasi zum Streik genötigt", sagt Christian Behrens. Der 42-Jährige ist seit knapp 20 Jahren als Straßenbahnfahrer tätig und protestiert an diesem Morgen vor dem MoBiel-Betriebshof in Sieker. &bdquo;Wir wollen eigentlich nicht streiken, sondern verhandeln." Seit März fordere man bereits die Verhandlung eines bundesweit einheitlichen Rahmentarifvertrages. &bdquo;Es geht uns dabei nicht primär um mehr Geld. Vielmehr wollen wir mit der Vereinheitlichung die tarifliche Kluft zwischen Ost und West beenden", so Behrens. Konkret gehe es dabei um zentrale Regelungen wie 30 Urlaubstage und Sonderzahlungen für den geleisteten Schichtdienst. Weitere Streiks nicht ausgeschlossen Für den Ärger mancher Leute aufgrund der Umstände gerade im Berufsverkehr zeigte Behrens Verständnis. &bdquo;Wir wollen unsere Gäste natürlich nicht verärgern. Ab und zu geht es aber auch darum, was uns wichtig ist." Dafür könne man durchaus das Verständnis der Leute erwarten, aber leider sei es so, dass die Solidarität bei vielen aufhöre, wenn es an die eigene Wohlfühlzone geht. Der Bahnfahrer beklagte zudem auch fehlenden Wertschätzung. &bdquo;Für viele Leute ist selbstverständlich, dass die Bahnen und Busse täglich unterwegs sind. Was wir leisten und welche Opfer wir bringen müssen, sehen die wenigsten." Man sei schließlich an Wochenenden und sämtlichen Feiertagen unterwegs. Hinzu käme auch zunehmend der fehlenden Respekt einiger Leute, der bis zu Beleidigungen oder Schlimmerem führe. &bdquo;Vor 20 Jahren war man als Bahnfahrer auch noch angesehen, jetzt wird man behandelt wie ein Hilfsjobber, sagte Behrens.Die Anliegen der Beschäftigten hält Behrens trotz der auch für den ÖPNV schwierigen Corona-Phase für legitim. &bdquo;Corona hat uns alle betroffen, aber wir müssen uns auch über die Zeit danach Gedanken machen." Immerhin solle der ÖPNV wichtiger Bestandteil der Verkehrswende sein. Dies gelinge mit den aktuell schlechten Rahmenbedingungen nicht. &bdquo;Wir finden schon jetzt kaum noch Nachwuchs, der den Job machen möchte", sagte Behrens. Deshalb sei es an der Zeit, endlich in Verhandlungen einzutreten. Sollte das nicht der Fall sein, könne und wolle er weitere Streiks nicht ausschließen.

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