Neue Dirigentin am Theater

Bielefeld. Sie ist bestimmt mit einigen Wassern gewaschen: &bdquo;Nordlicht“ Anne Hinrichsen, Enkelin eines Reinbeker Kapitäns (mit diesem Nachnamen kaum anders vorstellbar) und ausgebildete Pianistin. Doch am Theater Bielefeld, wo sie seit August die Position der Kapellmeisterin und zugleich Studienleiterin innehat, wurde sie zweifellos zum Einstand ins kalte Wasser geworfen: Die studierte Pianistin wurde direkt mit der musikalischen Leitung der ersten Opernpremiere nach der Corona-Pause betraut. &bdquo;Dunkel ist die Nacht, Rigoletto“ erzählt die Geschichte des tragischen Hofnarren neu und innovativ anders. Texte von Victor Hugo und William Shakespeare in einer Bearbeitung von Nadja Loschky und Anne Christine Oppermann ergänzen die Musik Guiseppe Verdis. Zugleich sorgen die musikalische Bearbeitung und Neukompositionen von Michael Wilhelmi dafür, dass die tragische Geschichte in modernem Gewand erstrahlt. Am kommenden Samstag, 3. Oktober, wird die Produktion vor rund 200 Zuschauern uraufgeführt. Frühe Leidenschaft für Orchesterliteratur &bdquo;Beide Positionen habe ich mir vielleicht in etwas erhöhtem Tempo erarbeiten müssen“, beantwortet die 38-Jährige die Frage, wie sie die ersten Wochen am Theater bilanziert. Allerdings habe ihr das Bielefelder Haus mit seinem &bdquo;extrem lockeren, freundlichen und kollegialen Team“ den Start leichtgemacht. Direkt am Theater hatte die Norddeutsche bisher eher selten gearbeitet. So wechselte Hinrichsen nun also direkt von der Züricher Hochschule der Künste, wo sie seit 2007 als Korrepetitorin und Dozentin des Precollege im Fach Blattspiel/Korrepetition angestellt war, ans Bielefelder Haus. Orchester sitzt coronabedingt tief im Graben Trotz der bisherigen Schwerpunkte im Bereich Klavier und Unterrichten, hatte eine Chorleiter-Rolle für einen katholischen Kirchenchor in der Schweiz schon früh ihr Interesse am Dirigieren geweckt. Dies sei auch in ihrer ganz frühen Laufbahn in Lübeck der Fall gewesen, wo sie zunächst ein Klavierstudium absolviert hatte. Nach Engagements als Orchesterpianistin bei namhaften Klangkörpern (NDR Sinfonieorchester Hamburg, Luzerner Festival Orchester, Philharmonia Zürich, Berner Sinfonieorchester) baute sie ihre Leidenschaft für die Orchesterliteratur weiter aus. In Zürich sattelte sie mit einem Studium der Orchesterleitung drauf. Diesen Weg verfolge sie seither &bdquo;mit größter Begeisterung und Hingabe“. In Bielefeld versteht sie sich in ihrer Doppelfunktion als &bdquo;Bindeglied“ zwischen Orchesterleitung und Ensemble. Der &bdquo;Rigoletto“ wird coronabedingt in kleinerer Besetzung aufgeführt, allerdings mit Akkordeon und Tänzer als zusätzliche Glanzpunkte. Das Orchester wird tief im Graben platziert, mit großen Abständen der Musiker untereinander. &bdquo;Das ist eine ganz ungewöhnliche Situation, zumal ich selbst weiter oben im Orchestergraben stehe“, so Hinrichsen. Doch der Klangkörper habe sich fantastisch diesen neuen Bedingungen angepasst und erreiche beinahe den Effekt, den Verdi mit großer Besetzung vorsah. &bdquo;Es ist toll zu sehen, wie das funktioniert“, zeigt sich die Dirigentin begeistert. "Alle freuen sich, wieder Kunst machen zu können" Wunderbar seien auch die Neukompositionen Wilhelmis, der mit großer Behutsamkeit mit Verdis Werk umgegangen sei. &bdquo;An keiner Stelle hat man das Gefühl, dass Verdi nicht respektiert würde,“, so Hinrichsen, die die Abläufe am Theater in Coronazeiten lobt. &bdquo;Der Coronaproblematik wird Rechnung getragen, aber sie ist nicht dauerpräsent. Alle freuen sich, nun wieder Kunst machen zu können.“ Demgegenüber werde es ihr richtig &bdquo;weh ums Herz“, wenn sie die prekärere Lage an so traditionsreichen Opernhäusern wie der New Yorker &bdquo;Met“ betrachte. In Bielefeld fühlt sich die neue Dirigentin schon fast zu Hause, als Joggerin freut sie sich auf die Weiten des Teuto. Zum meditativen Ausgleich zählt sie das Nähen und für den Schwung den Salsatanz zu ihren Hobbys. Für die Uraufführung am Samstag gibt es noch wenige Restkarten, www.theater-bielefeld.de.

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